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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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sie suchen!«
    »Natürlich«, stimmt O'Keefe zu.
    Abgesehen von allen Fragen hinsichtlich Loyalität oder Ethik will O'Keefe brennend gern herausfinden, was Shaver Striper über seine Pläne erzählt hat. Irgend etwas wird sie Striper auf jeden Fall erzählt haben, wahrscheinlich alles. Striper hat Erfahrung mit Verhören, nimmt O'Keefe an, und in ihrer gegenwärtigen geistigen Verfassung wird sie wahrscheinlich äußerst brutal vorgehen, so ähnlich wie ein Tier. Die einzige Frage ist, ob Striper Shaver am Leben läßt. O'Keefe hat in dieser Hinsicht seine Zweifel.
    Er zieht sein SecLink aus der Westentasche. Das kleine Gerät sieht unscheinbar aus, zweckmäßig, und hat ungefähr die Größe einer Zigarettenschachtel. Man drückt auf einen Knopf, und das Gerät warnt einen, wenn eine Person, zum Beispiel Shaver, in seine Nähe kommt. Man drückt auf einen anderen Knopf, und es zeigt mit annähernd der Präzision eines KomSatelliten an, wo sich jemand, zum Beispiel Shaver, gerade aufhält.
    Whistle sieht ihn scharf an. »Was, zum Teufel, ist das?«
    »Ich habe die Vorsichtsmaßnahme ergriffen, Shaver eine Wanze zu verpassen, bevor sie hierherkam«, erläutert O'Keefe. »Nur für den Fall, daß eine Situation wie die eintritt, in der wir uns jetzt befinden.«
    »Wann hast du ihr die Wanze verpaßt?«
    »Erinnerst du dich noch an unsere Unterhaltung mit dem Asahi-Bier?«
    »Du hast die Wanze in ihr Bier fallen lassen?«
    »Ein sehr kleines und hochentwickeltes Gerät, das extra für einen vorübergehenden Aufenthalt in den Gedärmen konzipiert wurde.«
    »Du traust keiner von uns beiden.«
    O'Keefe verkneift sich ein trockenes Lächeln. In seiner Welt verdient man sich Vertrauen im Laufe vieler Jahre, und er arbeitet nicht einmal annähernd so lange mit Shaver und Whistle zusammen. Seiner Ansicht nach sind sie noch in der Probezeit. »Ehemalige Gang mitglieder sind nicht gerade für ihre Loyalität bekannt, und du mußt zugeben, daß deine Freundin nicht zu der Sorte gehört, die vor einem kleinen Verrat zurückschreckt, wenn sich damit ein leichter Profit machen läßt.«
    »Du kennst sie nicht«, sagt Whistle unnachgiebig. »Sie ist nicht so grausam, wie du glaubst.«
    »Ich glaube, daß sie so schwer verchromt ist, wie das überhaupt nur möglich ist, und Chrom fordert einen Preis, der über bloße Nuyen hinausgeht.«
    O'Keefe weiß definitiv, daß Shaver über eine ganze Reihe implantierter Waffen, über Ersatzmuskelgewebe mit erhöhter Leistungsfähigkeit, über aufgepeppte Reflexe und andere kybernetische Verstärkungen verfügt. Sie ist so dicht davor, der Mega-Bottichjob-Krieger zu werden, wie man es nur sein kann, ohne die allerletzten Regungen metamenschlicher Gefühle zu verlieren. Sie balanciert auf dem rasiermesserscharfen Drahtseil zwischen geistiger Gesundheit und Wahnsinn. Das macht sie extrem gefährlich, da potentiell instabil. Vorsichtsmaßnahmen sind daher unentbehrlich.
    »Was hast du in meinen Drink getan?«
    »Glaubst du, ich würde einer Magierin eine Wanze verpassen? Du mußt mich für verrückt halten.«
    »Wenn ich über einen Wahrheitszauber verfügte...«
    »Er würde mir recht geben.« O'Keefe überprüft den SecLink. »Shaver ist in Reichweite. Sollen wir gehen?«
    Sie nehmen O'Keefes Isuzu Metrovan und fahren zur südöstlichen Spitze der Bronx, unter den Cross Bronx Expressway und fast bis Locust Point. O'Keefes SecLink führt sie durch Straßen, die von alten Ziegelhäusern gesäumt werden, und dann durch ein Industriegebiet mit vielen großen Ziegel- und Betongebäuden. Schließlich gelangen sie zu einem Lagerhaus. Das Schild an der Einfahrt besagt: Edgewater Transporte. Das Lagerhaus ist dunkel, weder drinnen noch draußen brennen Lichter. O'Keefe fährt daran vorbei und parkt einen Block weiter am Randstein. Ein vorbeifahrender Laster läßt sein Signalhorn blöken.
    »Erkunde das Gebäude.«
    Whistle nickt. »Beweg mich nicht.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Magier, die die Astralebene durchstreifen, sind ziemlich verwundbar. Offenbar haben sie kein immanentes Gefühl dafür, wo sich ihr Körper befindet. Wenn der Körper bewegt wird, könnte es passieren, daß sie ihn nicht wiederfinden, was gleichbedeutend mit dem Tod wäre. Mit einem allmählichen Abgleiten in das Niemandsland des Astralen. Whistles Körper sackt zusammen, aber nur für ein paar Augenblicke. Als sich ihre Augen öffnen, flucht sie und kreischt beinahe: »Sie vergewaltigen sie!«
    »Wer?«
    »Zwei Trolle!«

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