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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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fire?
    Die Papiertaschentücher, die ich auf dem abgetretenen Teppich
verteilt hatte, brannten wie kleine Lagerfeuer. Ich stellte mir vor,
dass ich von hoch oben auf Shermans Truppen hinabsah, die Atlanta
belagerten und darauf warteten, die ganze Stadt in Brand zu stecken.
Die Stadt würde natürlich das Bett sein. Ich machte
mich an die Arbeit, riss die Matratze auf und war von der eigenen
Schlauheit ziemlich beeindruckt.
    Ich habe die eine Hälfte, Rob die andere. Du brauchst sie
nur zusammenzufügen… All die kleinen Hinweise greifen
ineinander – und plötzlich stehen wir vor dem großen
Wurf.
    Der Türknauf drehte sich. Ich trat einen Schritt von meiner
Arbeitsstelle zurück, neugierig, was die Geräusche zu
bedeuten hatten. Ich trug nur Jockey-Shorts und meine Uhr, bereit
für Lissa, falls sie Lust auf eine weitere Runde haben
sollte.
    Ein unterdrücktes Fluchen, eine leise, tiefe Stimme, kaum
hörbar. Kratzen an der Tür. Na schön – das war
der Typ, der kam, um mich zu töten. Falls Lissa gelogen und
meinen Tod anderweitig arrangiert hatte, anstatt mich in einem Feuer
sterben zu lassen, dann war das in Ordnung. Weniger grausam, wenn ich
es mir genauer überlegte.
    Die Tür flog mit einem so heftigen Krachen auf, dass der alte
Heizkörper dahinter klapperte und ein paar Schrauben verlor. Ein
riesiger Schatten ragte in der Türöffnung auf, mindestens
ein Meter fünfundachtzig groß und massig. Auf dem fast
kahlen Schädel spiegelte sich das Licht der
Straßenlaterne.
    »Hal Cousins?«
    »Das bin ich«, sagte ich und wandte mich ihm zu, um ein
besseres Ziel zu bieten.
    »Sie sehen tatsächlich aus wie er.« Die Schultern
der Silhouette sanken herab. Ich hörte, wie er erleichtert
ausatmete. »Sie sind nicht gerade in einem präsentablen
Zustand.«
    »Wieso? Ich bin angemessen bekleidet.«
    »Wir holen Ihren Arsch hier raus, verstehen Sie?«
    »Ohne mich, es sei denn, Lissa will es.«
    »Lissa kann sich’s sonst wo hinstecken.«
    Es war unter meiner Würde, näher darauf einzugehen.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich und ließ mich
verführerisch auf das Bett zurücksinken. Alles war so
sexy.
    Der große Bursche trat die kleinen Lagerfeuer auf dem
Teppich aus, zerrte mich aus dem Bett und stellte mich auf die Beine.
»Sie stinken«, bemerkte er.
    »Ich rieche nach Tee und Sandelholz, finden Sie nicht
auch?«
    »Verdammt, nein. Sie stinken wie
Wasserbüffelscheiße.«
    Er drehte mich an den Schultern herum, schob mich ins Badezimmer
und zog die Tür der Duschkabine auf. Ich stieg lächelnd
hinein. Ohne die Tür zu schließen, drehte er das Wasser
auf – ein kalter Guss, der rasch heiß wurde – und
schnappte sich eine Hand voll Spielzeugfläschchen mit Shampoo
von der Ablage. Danach steckte er die Hand in einen nassen
Waschhandschuh, seifte mich vom Kopf bis zu den Füßen ein
und schrubbte mich an ziemlich intimen Stellen, was ich genoss.
    Meine Haut fühlte sich an, als sei sie verbrüht. Er
drehte das Wasser ab, was die alten Leitungen mit einem Knacken
quittierten, und zog mich aus der Kabine. Unter seinem prüfenden
Blick drehte ich mich geziert.
    »Wo sind Ihre Sachen?«, fragte er. Ich hatte nichts bei
mir gehabt, nicht einmal Robs Aufzeichnungen. Sie befanden sich
möglicherweise in Lissas Wagen, hier im Hotelzimmer waren sie
jedenfalls nicht. Oder hatten wir sie in dem Bürohaus
zurückgelassen und sie waren verbrannt?
    Ich konnte mich nicht mehr erinnern.
    »Die Aufzeichnungen«, sagte ich mit plötzlicher
Sorge.
    »Ziehen Sie Ihre Klamotten an«, befahl er.
    »Ich bin nass.«
    »Tun Sie, was ich Ihnen sage.«
    Ich zog mich an, zerrte Ärmel und Hosenbeine über die
nasse Haut und zupfte verführerisch an den Falten. Während
ich noch mein Hemd zuknöpfte, warf er mich über seine
Schulter und schleppte mich unsanft durch die schmale Tür auf
den Parkplatz hinaus.
    Im Licht der Straßenlaternen leuchtete der Parkplatz in
einem unwirklichen Orange. Die Straße und die Häuser
ringsum lagen still da und warteten. »Ziemlich unheimlich
hier«, sagte ich und hob den Kopf, um am Rücken des
massigen Typs vorbeisehen zu können.
    Der Wagen war ein Mercedes der S-Klasse, sehr schnittig, in einem
dunklen Rot lackiert, das fast schwarz wirkte.
    Er stellte mich auf dem Asphalt neben dem Wagen auf die
Füße. Jemand stieß die Fahrertür auf und stieg
aus, um zu helfen.
    Es war Banning.
    »Rudy!«, sagte ich.
    »Das«, sagte Banning ohne eine Spur von Humor, »ist
ein ausgesprochen belämmertes

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