Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
ficken und
gefickt werden. Ich weiß nicht, was sie dir sagen werden. Glaube mir. Aber ich schlage dir vor, dass du genau zuhörst.
Es ist vielleicht dein einziger Ausweg aus diesem Schlamassel. Das
gilt auch für Sie, Dr. Cousins. Übrigens sehen Sie
beschissen aus.«
    Der Wagen bog um die Ecke, auf eine breite Straße hinter dem
Gebäude. Norton stieg aus und öffnete meine Tür. Er
hielt ebenfalls eine Pistole in der Hand, auch eine SIG-Sauer. Stuart
machte Robs Tür auf.
    Schmutzige Rinnsale fielen wie ein dünner Vorhang von der
oberen Brüstung des grauen Betonkastens. Eine breite, mit
Graffiti übersäte Stahltür – Augäpfel,
Krallenhände mit zersplitterten Fingernägeln, Dornenkronen
auf blutüberströmten Schädeln waren darauf verewigt
– öffnete sich für uns.
    »Ich dachte, es sei stillgelegt«, sagte Rob. Ich konnte
sehen, wie ihn das letzte Fünkchen Mut verließ. »Wir
wollten einbrechen und ein paar Proben besorgen.«
    »Sagt bloß nicht, wir hätten euch nicht
gewarnt«, knurrte Stuart.
    Zwei ernst und erschöpft wirkende junge Männer mit
kurzem Haar und zerknitterten Straßenanzügen, in denen sie
offenbar seit Stunden geschwitzt hatten, traten aus dem Schatten
hinter der Tür und blieben abwartend in Rührt-euch-Stellung
stehen.
    Die Ausdünstungen des Gebäudes rochen trocken, warm und
sauber.
    Die jungen Agenten grüßten Stuart und Norton.
Während Stuart dem zur Linken etwas zuflüsterte, ging
Norton geradewegs weiter.
    »Kommen Sie«, rief er über die Schulter.
    Rob betrat die Anthrax-Zentrale. Ich folgte ihm und sah mich nach
Dingen um, hinter die ich mich ducken konnte, die ich
herabreißen oder mit denen ich Verwirrung stiften konnte. Es
gab nicht viel. Wir gingen über einen Betonboden. Die
Betonwände waren grau und rot gestrichen, im Hintergrund befand
sich eine Laderampe. Große, mit trübem Wasser
gefüllte Glastanks standen aufgereiht entlang der Rampe. Es
hätte auch der Zulieferungsbereich für ein großes
Aquarium irgendeiner Großstadt sein können, allerdings
schienen die Tanks keine Fische zu enthalten. Es zeichneten sich nur
Schatten ab, die wie Korallenbänke aussahen, und Rohrleitungen,
die an der Oberseite hinein und heraus führten.
    Zwei junge Burschen und zwei Mädchen in Drillich-Overalls,
alle noch keine zwanzig, biegsam wie Seelöwen und wachsam wie
eine Meute Terrier, tauchten aus den Schatten zwischen zwei Tanks
auf. Sie setzten sich an den Rand der Rampe, als warteten sie auf den
Beginn eines Rockkonzerts.
    »Wir warten hier, bis die Verwalterin kommt«, sagte
Norton.
    »Selbst für alle Sündenpfuhle von Singapur
würde ich ohne Begleitung keinen Schritt weitergehen«,
erklärte Stuart und zwinkerte mir zu, als seien wir noch immer
die besten Kumpels.
    Aus den Augenwinkeln sah ich eine graue, schmächtige Gestalt
aus dem Dunkel zwischen den Tanks auftauchen. Sie bewegte sich mit
schnellen, schlurfenden Schritten über die Rampe. Ich reckte den
Hals. Zuerst dachte ich, es sei ein alter Mann mit schmalem, von
Runzeln zerfurchtem Schädel, großen Augen und
zusammengesunkenem Knochengerüst, der an den Aquarien vorbei
über die Rampe ging. Aber etwas an der Art, wie sich die Gestalt
bewegte – ein Wiegen der Schultern bei jedem Schritt –,
machte mich unsicher, welchen Geschlechts sie war.
    Rob beobachtete jede Bewegung mit gebannter Aufmerksamkeit.
    »Da ist sie«, sagte Stuart.
    »Das ist die Verwalterin?«, fragte ich.
    Stuart nickte. Sein Adamsapfel hüpfte hektisch auf und ab. Er
schien nicht besonders glücklich, sie zu sehen.
    Die Verwalterin trug ein knöchellanges schwarzes Kleid und
eine Leinenmütze, wie man sie Neugeborenen aufsetzt. Die jungen
Leute standen auf und traten zurück, als das Gespenst
vorüberschwebte. Sie nickte allen zu, tätschelte einem
schlanken, etwa sechzehn oder siebzehn Jahre alten Jungen den Kopf
und verzog ihre Lippen dabei so, dass sie einen Anflug von Zuneigung
verrieten.
    Mit einem schnellen Wirbel ihrer winzigen Füße glitt
sie die stählernen Stufen hinunter.
    Stuart und Norton wichen zurück, während sie vorbeiging,
so als könnten sie sich etwas einfangen, das ihnen die Seele
rauben würde. Sie beachtete die beiden gar nicht.
    Die Verwalterin umkreiste Rob und mich und inspizierte uns, den
Kopf leicht nach links, dann nach rechts geneigt, mit einem
nachsichtigen Blick aus ihren grauen Augen. Sie roch wie
abgestandener Wein.
    »Rob Cousins«, sagte sie mit einer jugendlichen
Tenorstimme, die sowohl einem Mann als

Weitere Kostenlose Bücher