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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nach wie vor zu hören, dann ein lang
gezogener, dünner Schrei.
    Ben drehte den Kopf mit einem Ruck zur Seite und brach damit den
Bann. Er schien zu frösteln, als er die Stufen hinabstieg. Ich
konnte mich nicht von dem Zylinder losreißen, bis Breaker kam
und uns wegzerrte.
    »Das ist Irrsinn!«, sagte ich, als ich Ben eingeholt
hatte. Wir hoben die Alben auf und rannten, behindert von den
Schutzanzügen, zur Tresortür zurück. Obwohl die Alben
so schwer wie Backsteine waren, schaffte es Ben, seinen Stoß
mit einer Hand zu tragen und einen Finger der anderen an die von der
Plastikkapuze verhüllte Stirn zu legen, wobei er die Hand hin
und her drehte, als wolle er ein Loch hineinbohren. »Das ganze
verfluchte Jahrhundert war irrsinnig, Hal.«
    Wir rannten sechzehn Stockwerke hinab. Delbarco lief voraus,
inspizierte die Halle hinter der Laderampe und winkte uns danach
durch die Tür. Während wir die zertrümmerten Aquarien
passierten, blickten wir auf eine durcheinander schwärmende,
vielköpfige Menge von New Yorker Polizisten und Feuerwehrleuten
hinab. Durch die offen stehenden Türen konnte ich draußen
ein Durcheinander aus Löschfahrzeugen und Streifenwagen mit
blinkendem Blaulicht erkennen.
    Irgendjemand – wahrscheinlich einer, der auf unserer Seite
stand, – musste sämtliche Wachhunde der Stadt alarmiert
haben.
    »Bleiben Sie ganz ruhig«, sagte Delbarco, als wir unsere
Schutzanzüge abstreiften. »Überlassen Sie Agent
Breaker das Reden.«
    »Hört mir zu, Freunde. Ihr müsst alle hier
raus«, rief Breaker über die Köpfe der Menge hinweg.
»Das Gebäude ist nach wie vor kontaminiert.« Der
Schutzanzug, den er immer noch trug, verlieh ihm einige
Autorität. Einige aus der Menge drehten sich um und rannten zur
Tür. Die Feuerwehrleute legten ihre Gasmasken an.
    »Folgen Sie mir«, sagte Delbarco. »Ich glaube
nicht, dass sie unter den Augen der halben Polizeitruppe der Stadt
auf uns schießen.«
    »Ich würde mich nicht darauf verlassen«, knurrte
Ben.
    Wir gingen durch die Menge. Unter der Tür packte ich einen
Feuerwehrmann beim Arm. »Im achten Stock sind Kinder«,
teilte ich ihm mit. »Sie haben Hunger und brauchen
ärztliche Versorgung. Sie können ohne weiteres hineingehen
– wir haben es auch getan. Bitte holen Sie die Kinder
heraus!«
    Der Feuerwehrmann starrte auf meinen Anzug. »Du hast leicht
reden, Kumpel. Da drin ist alles verseucht.«
    »Es sind doch nur Kinder!«, schrie ich.
    Er tat es mit einer Handbewegung ab.
    Als wir uns unter die Männer und Frauen in Polizeiuniformen
und Schutzanzügen mischten, fiel mein Blick auf ein paar
Männer – nicht mehr als sechs oder sieben – in
Zivilkleidung, die uns genau beobachteten. Einige von ihnen trugen
Pistolen, andere kleine Koffer.
    Ben blieb wie angewurzelt stehen.
    »Kommen Sie«, sagte ich und zerrte an ihm, doch er war
nicht zum Weitergehen zu bewegen. Ich folgte seinem Blick und sah
einen schlanken Mann Mitte siebzig, der eine weite Drillichhose, eine
schwarze Windjacke und einen stoischen Ausdruck zur Schau trug. Mit
verschränkten Armen stand er mitten in der Menge, als sei er die
wichtigste Person auf der Welt.
    »Vergessen Sie ihn«, zischte Breaker Ben zu. »Wir
müssen hier raus, ehe sie in diesem Chaos Verstärkung holen
können.«
    Der Mann in der schwarzen Windjacke fixierte Ben mit flackerndem
Blick, dann spuckte er auf den Beton.
    Hastig verstauten sie uns und den Schatz von Fotografien in den
Wagen, die immer noch auf der breiten Straße warteten. Zwischen
Löschzügen und Streifenwagen hindurch schlängelten wir
uns die Straße hinab.
    Niemand folgte uns.
    »War das Stuart Garvey?«, fragte ich Ben, als die
blitzenden und blinkenden Lichter hinter uns verschwanden.
    Er nickte, ließ den Kopf in die Polster zurücksinken
und schloss die Augen.
    Über ein Satellitentelefon rief Delbarco irgendjemanden an,
schien über die Auskunft aber nicht sonderlich erfreut. Als das
Gespräch beendet war, machte auch sie die Augen zu und lehnte
den Kopf gegen die Scheibe.
    •
    Wir ließen die Stadt hinter uns und stiegen irgendwo in New
Jersey in einen Caravan.
    Es mochte eine Stunde vergangen sein, als Ben die kleine Leselampe
über seinem Sitz anknipste und eines der Fotoalben auf seinen
Schoß legte. Die breiten Reifen des Wohnmobils summten auf dem
Asphalt. »Wir hätten alle mitnehmen sollen«, sagte er.
»Es wäre das Risiko wert gewesen. Herrgott, all die
Geschichte, die sie da hineingeklebt haben muss.« Er
blätterte einige

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