Jäger
ausmachen, die von einer Winde an Tauen aus dem
Wasser gehievt wurden. Sie schaukelten sanft in der westlichen Brise,
die zwischen dem Doppelrumpf hindurchblies, und warteten auf ihre
Besitzer, falls diese Lust verspüren sollten, dem Rummel auf dem
größten Luxuskreuzschiff der Welt für eine Weile zu
entfliehen. Ausflugsbarkassen klebten wie Larven in einem Bienenstock
an den inneren Wänden der Rümpfe.
Als die Sperre vor der Einfahrt automatisch zurückglitt,
ertönten Glocken und ein Signalhorn. Mit einem Aufbrüllen
des Motors tauchte unser Boot vom vollen Tageslicht ins blaue
Dämmerlicht der Quecksilberlampen. Von innen betrachtet, wirkte
der schwimmende Hafen noch größer. Zwei der riesigen
Rettungsschlauchboote der Lemuria, von Leuten in
Taucheranzügen bemannt, die vermutlich nicht zur Stammbesatzung
gehörten, lotsten uns zu einem Anlegeplatz, der sich etwa
dreißig Meter weiter an der Steuerbordpier befand.
Marinesoldaten in leichten Kampfanzügen begrüßten
uns auf der Pier. Ein von ihnen umzingelter Pulk feindseliger
Matrosen und Arbeiter drohte uns in Französisch, Spanisch,
Portugiesisch und gebrochenem Englisch Prügel und Schlimmeres
an, weil wir – soweit ich es mit meinem Schul-Spanisch mitbekam
– Hochseepiraterie begangen hätten. Vermutlich hatten sie
Angst um ihre Arbeit und das Geld, das sie ihren Familien in Jamaika,
Tobago, Acapulco, Miami, Corpus Christi oder Port au Prince
schickten.
Mit grimmiger Miene schob uns Breaker durch den Menschenpulk,
während unsere aus zehn Marinesoldaten bestehende Eskorte die
Menge wie ein Keil teilte. Sie waren jetzt in voller Montur und mit
Sturmgewehren, Gefechtshelmen und orangefarbenen Armbinden
ausgerüstet.
»Es wird bald besser«, beruhigte uns Breaker, als wir in
einen großen gläsernen Aufzug stiegen. »Das C-Team
marschiert bereits Richtung Achterschiff und wird bald zu uns
stoßen. Sie haben unsere Schutzanzüge bei sich. Das B-Team
ist auf der Brücke. Der Kapitän der Lemuria glaubt,
dass es sich um eine Drogenrazzia der Küstenwache handelt. Wie
er sagt, haben die Schiffseigner ihm aufgetragen, mit uns
zusammenzuarbeiten. Aber er gibt auch zu bedenken, dass sich
ungefähr tausend Gäste an Bord befinden, reiche Investoren
und potentielle Käufer.«
Candle suchte meinen Blick, sagte jedoch nichts.
»Das stimmt nicht mit unseren Informationen überein. Wir
müssen auf sie Acht geben«, sagte Breaker. »Kein
Waffengebrauch ohne direkten Befehl.«
Ben blieb in meiner Nähe. Carson und Candle drückten
ihre Aluminiumkoffer fest an die Brust und blickten starr geradeaus
auf die inneren Türen des Aufzugs, während er den
lichtlosen Schacht im Schiffsrumpf verließ und an der Seite des
Schiffs emporschwebte. Die wunderschöne Aussicht interessierte
sie nicht.
Wir stiegen auf dem ersten Deck des Turms vier aus, durchquerten
ein mit Teppichboden ausgelegtes, aber unmöbliertes Foyer –
echter Marmor und falsches Gold, ganz im Stil von Las Vegas –
und betraten das verglaste Promenadendeck. Überall um uns herum
glitten Rolltreppen auf und ab. Unsere Marinesoldaten in ihren
Tarnanzügen fielen hier so auf wie Müllberge in einem
griechischen Tempel.
Als ich von der Reling aus zum Bug schaute, konnte ich fast die
ganze Glasverkleidung entlang der Steuerbordseite überblicken,
die fünf Stockwerke von Promenaden, Geschäften, Cafes und
Lounges gegen Wind und Wetter schützte.
»Sieht aus wie die South Coast Plaza«, bemerkte
Ben mit gedämpfter Stimme. »Nur glaube ich, dass das hier
größer ist.«
Arbeiter bedachten uns mit verständnislosen, feindseligen
Blicken, fuhren jedoch fort, Tische festzuschrauben, riesige Rollen
Teppichboden auszulegen und Stapel von Polsterstühlen in
Plastikhüllen über das Deck zu schleppen. Es roch nach
Leim, neuen Teppichen und Stoffen. Riesige Ventilatoren, wie man sie
in Tonfilm-Studios benutzt, bliesen die Gerüche durch offene
Segmente in der Glasverkleidung nach draußen.
Breaker fuhrwerkte mit der Faltkarte herum. »Das C-Team
müsste bald hier sein, um uns zum Vorschiff zu begleiten«,
sagte er. Delbarco deutete über seine Schulter: Eine große
Frau in engem blauen Kleid kam gerade durch die Tür
gestöckelt. Sie redete auf vier Beamte von der Küstenwache
und zwei Marinesoldaten ein, die versuchten, mit ihr Schritt zu
halten. Ihre Stimme schallte durch die noch nicht vollendete Lobby
und hallte wie eine scheppernde Glocke von den
gegenüberliegenden Wänden zurück. Sie war Anfang,
Mitte
Weitere Kostenlose Bücher