Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
die Länge des
gesamten Schiffs verläuft und die ersten sieben Stockwerke jedes
Turms durchschneidet. Dieser Zubringer ist das schnellste
Fortbewegungsmittel auf der Lemuria. Sind an Bord noch andere
Ihrer… Ihrer Gruppe, die Sie irgendwo erwarten?«
    Wenn sie uns nicht zum Gehen bewegen konnte, war es vielleicht an
der Zeit, uns wie schwierige Gäste zu behandeln.
    »So ist es«, nickte Delbarco.
    »Dann werde ich Ihnen helfen, sie zu finden.« Mrs.
Holloway zupfte an der Taille ihres Kleides und zog es über die
durch viel Selbstdisziplin geformte Nancy-Reagan-Figur straff. Sie
erschauerte einen Moment lang, atmete tief durch, als wolle sie sich
auf diese Weise von ihrem Ärger befreien, und strich sich,
während sie uns eine Rolltreppe emporführte, geziert die
Frisur zurecht. »Wenn es sonst noch etwas gibt, das Sie
über die Lemuria wissen möchten, bitte fragen
Sie.«
    Wir bestiegen den Expresszug. Es war ein regelrechter
Flughafen-Zubringer, der auf Gummirädern über ein Gleis
lief. Er rollte fast lautlos und ohne Erschütterungen durch die
zentrale Galerie des Schiffs.
    Selbst auf jemanden, der schon einmal in Las Vegas gewesen war,
musste die Galerie der Lemuria atemberaubend wirken. Die mehr
als fünfhundert Meter lange, schnurgerade Prachtstraße mit
Läden, Cafes und Restaurants verlief entlang der Mittellinie des
Schiffs. Ich konnte das ungeheuere Gewicht der vier gigantischen
Türme, die zwischen den Sonnendecks aufragten, beinahe
fühlen. Der Expresszug brauste durch die blauen Grotten
mehrstöckiger Decks, vorüber an Glaswänden, die mit
bunten, von Neonröhren beleuchteten Mosaiksteinen und Glasfasern
durchwirkt waren, an Rolltreppen vorbei, die aus Kristall gemacht zu
sein schienen und von Laternen flankiert wurden, die grün
fluoreszierendes Licht verströmten. Nachdem wir Schilder
passiert hatten, die ankündigten, dass wir am Fuß des
Aristos-Turms angelangt waren, rollten wir durch einen
sonnendurchfluteten, goldenen kretischen Palast, der Minos vor Neid
hätte erblassen lassen. Ein riesiger Roboter, der den Minotaurus
darstellte und mit gespreizten Beinen über dem Bahnsteig stand,
hob und senkte eine zweischneidige, goldene Axt.
    Wir waren dem Bug des Schiffs inzwischen mehr als dreihundert
Meter näher gekommen.
    Als die Türen des Zugs aufglitten, hörten wir im
Stockwerk über uns Schreie und Schüsse. Mehrere Arbeiter in
Drillich-Overalls, die sich auf Deutsch irgendetwas zuriefen,
schleppten in fieberhafter Eile rote Werkzeugkästen und einen
Kompressor durch eine große, mit Marmor verkleidete Halle und
versuchten, sich so schnell wie möglich in Sicherheit zu
bringen.
    Eine breite Schiebetür aus Glas links von uns, in die
Seepferdchen geätzt waren, öffnete sich mit einem Klicken
und glitt zur Seite. Ein Marineinfanterist taumelte hindurch, warf
sein Gewehr von sich, streckte die Arme aus und bewegte tastend die
Finger, als könne er nichts sehen, doch seine Augen ruckten hin
und her, huschten suchend über Wände und Decke.
Unvermittelt rannte er los, prallte gegen Stahlpfeiler und fiel auf
einen Stapel von Teppichrollen, an denen er sich festklammerte wie
ein verlassenes, kleines Äffchen an einer Plüsch-Mami. Drei
unserer Marinesoldaten eilten ihm zu Hilfe.
    »Bleibt verdammt noch mal weg von ihm! Bleibt
zusammen! Bleibt bei der Sache!«, befahl Breaker. »Er
könnte kontaminiert sein. Ruft einen Arzt. Auf was für
einem Deck sind wir hier? Was ist das hier?«
    Der in panischer Angst wimmernde Marineinfanterist versuchte, die
Teppichballen zu erklimmen und sich zu verstecken.
    Mrs. Holloway schien endlich zu begreifen, dass Delbarco nicht zu
Übertreibungen neigte. »Mein Gott.« Sie kratzte sich
mit einem manikürten Fingernagel an der Wange, wo er einen
weißen Streifen hinterließ. »Der arme
Mann.«
    »Wo sind wir hier?«, rief Breaker. Delbarco tippte mit
dem Finger auf den Lageplan und hielt ihn Mrs. Holloway vors
Gesicht.
    »Sie befinden sich direkt unter dem Aristos-Turm«,
erwiderte Mrs. Holloway mit zittriger Stimme. »Auf dem B-Deck,
nicht weit von der Shell Crescent- Wohnanlage.« Sie suchte
nach Worten, während ihre Körpersprache inzwischen
animalische Fluchtinstinkte verriet. »Aristos ist der Turm, der
vor allem Wohnungen in mittlerer Preislage bietet. Er verfügt
allerdings über die besten Sportanlagen auf dem ganzen Schiff.
– Jemand sollte diesem armen Mann helfen!«
    »Es soll in diesem Turm ein Krankenhaus geben. Wo ist
es?«, fragte Breaker.
    »Wir

Weitere Kostenlose Bücher