Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
vierzig, schokoladenbraun gebrannt, hatte große Augen mit
auffallend weißen Augäpfeln und einen pflaumenfarbenen
Lippenstift sowie blauen Lidschatten aufgelegt. Sie sah aus, als
werde sie jeden Moment Gift und Galle spucken.
    »Ich sehe keinen Grund, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Es ist
mir egal, was Kapitän Moustakis sagt. Die Passagiere sind
beunruhigt; niemand hat uns irgendeine einleuchtende Erklärung
gegeben und…«
    Ihr Mund klappte abrupt zu, als wir zu der Gruppe stießen.
Sie fuhr herum, um die neuen Eindringlinge mit der Gereiztheit einer
Löwin zu fixieren.
    »Lieutenant«, rief Breaker einem jungen Offizier der
Küstenwache zu. »Wo sind unsere
Schutzanzüge?«
    »Sie sind nicht geliefert worden, Sir«, erwiderte er.
»Der Kommandant hielt sie für
überflüssig.«
    »Seit wann, zum Henker, liegt das in seiner
Entscheidungsmacht?«
    »Ich weiß es nicht, Sir.«
    »Verdammt«, stöhnte Delbarco. »Ist er ein
Markierter?«
    »Ich weiß es nicht, Ma’am.«
    Zum ersten Mal erweckte Delbarco den Eindruck, als könnte ihr
die Sache aus der Hand gleiten. Sie starrte betroffen zu Boden,
während ihre Kiefer krampfhaft mahlten. Breaker beobachtete sie
besorgt. Sie schüttelte den Kopf. »Geht schon
wieder.«
    »Wir können die Sache jetzt nicht abblasen«, sagte
er, ließ jedoch die Schultern hängen und wirkte einen
Moment lang wie ein kleiner Junge, der gerade Prügel bezogen
hat.
    »Sie!«, schnaubte die Frau und fixierte Breaker.
»Was, um alles in der Welt, sollen wir jetzt machen? Ihnen die
Pässe und Arbeitsgenehmigungen aushändigen und zusehen, wie
Sie das Schiff auf den Kopf stellen? Das hier ist ein Schiff in
Privatbesitz…«
    »… das in Liberia registriert und ein wahres
Sündenbabel ist«, schoss Breaker zurück, dessen Geduld
allmählich erschöpft war. »Zeigen Sie uns den Weg zum
Aristos-Turm.«
    »Ich habe wichtigere Dinge zu erledigen, glauben Sie mir. Wir
haben im Bankettsaal tausend Passagiere, denen übel ist
und…«
    »Übel?«, fragte Candle und hob den Kopf, als sei
dies das Stichwort für ihren Auftritt.
    »Das können Sie laut sagen. Wir hatten einen Feueralarm
und die Sprinkleranlage hat alles unter Wasser gesetzt. Überall
stinkt es entsetzlich. Jetzt übergeben sich die Leute und fallen
in Ohnmacht und geben natürlich dem Essen und dem Schiff die
Schuld. Das ist einfach lächerlich. Auf diesem Schiff arbeiten
die besten Küchenchefs der Welt. Außerdem ist die Lemuria mit siebenundachtzig Stabilisatoren ausgerüstet,
die eine extrem ruhige Fahrt garantieren, und hat eine erstklassige
Stahl- und Aluminiumkonstruktion. Es ist das stabilste und sicherste
Schiff, das je gebaut wurde. Und jetzt muss ich wieder zurück an
die Arbeit!«
    Mit Breakers stillschweigendem Einverständnis mischte sich
Delbarco ein, um ein Gespräch von Frau zu Frau zu führen.
»Gnädigste, wir brauchen höchstens eine Stunde, um
unsere Sache hier zu erledigen«, sagte die Agentin. »Sie
würden sowieso nicht verstehen, warum wir hier sind, und wir
dürfen es Ihnen auch gar nicht sagen. Ich kann Ihnen lediglich
versichern, dass Sie viele Tote und ein Chaos riskieren, falls Sie
nicht sofort die verdammte Klappe halten und uns auf der Stelle zum
Aristos-Turm bringen!«
    Die Frau ließ diesen Ausbruch mit erstaunlichem Gleichmut
über sich ergehen; offenbar war sie daran gewöhnt, den
Blitzableiter für schwierige Passagiere zu spielen. »Ich
habe einen Namen«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie werden
ihn benutzen und mich mit Respekt behandeln. Ich bin Mrs.
Holloway.«
    Delbarco verdrehte die Augen. »Na wunderbar, Mrs. Holloway. Bitte bringen Sie uns jetzt zum Turm.«
    Ben betrachtete die kleine Menschenansammlung wie ein
Leuchtturmwärter, der die Entwicklung des Wetters
einzuschätzen sucht; sein Gesicht hatte sich zu einem starren,
aufgesetzten Grinsen verzogen. »Ist das Ihre
Kriegermaske?«, fragte ich ihn leise.
    »Keine Schutzanzüge. Wir sind geliefert«, knurrte
Ben. »Wieder mal der übliche Wahnsinn.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Glauben Sie etwa auch, dass es hier bloß um eine
Lebensmittelvergiftung geht?«
    »Gibt’s was, das Sie zur Sache beitragen
möchten?«, brüllte Delbarco. Breaker zuckte beim Klang
ihrer Stimme zusammen, ebenso Mrs. Holloway in ihrem engen blauen
Kleid. »Zeigen Sie uns, wie wir dort hinkommen!«, befahl
ihr Delbarco.
    »Die Züge sind betriebsbereit«, sagte Mrs. Holloway
mit einem nervösen Flattern der Wimpern. »Sie fahren
parallel zur inneren Galerie, die über

Weitere Kostenlose Bücher