Jäger
unerwünschtes
Interesse an meinen Angelegenheiten entwickelte.
Falls ich daran noch irgendwelche Zweifel gehegt hatte, so waren
sie jetzt ein für alle Mal beseitigt.
Finn und Keeper nahmen mich in die Innenstadt mit und eskortierten
mich zu einem Vernehmungszimmer, das am Ende eines langen, belebten
Flurs im vierten Stock des Public Savety Buildings lag. Das Kabuff,
knappe zehn Quadratmeter, war in blassen Gelb- und Brauntönen
gestrichen und umfasste lediglich einen robusten Holztisch, vier
Plastikstühle, ein leeres Wandbrett aus Kork und ein kleines
vergittertes Fenster. Der berüchtigte Einwegspiegel fehlte.
Während sie ihre Unterlagen zusammensuchten, ließen sie
mich ein paar Minuten allein. Deprimiert und nervös sah ich mich
im Zimmer um. Da ich kein Frühstück gegessen hatte, war mir
schwummrig, sicher würde ich bald Kopfschmerzen bekommen.
Durch das vergitterte Fenster blickte ich auf einen
sonnenüberfluteten, gepflasterten Platz hinab, auf dem
Verwaltungs- und Gerichtsangestellte Mittagspause machten. Mit
gekreuzten Beinen und ausgestreckten Armen saßen sie auf den
Bänken, lasen Zeitung und tranken Starbucks- Kaffee.
Einige Passanten hatten sich auf dem winzigen Rasendreieck
niedergelassen und dösten auf der harten, aber bequemen
Unterlage vor sich hin. Wenn man die Vergitterung vergaß,
ähnelte der Blick aus diesem Fenster einem Postkarten-Motiv aus
dem Land, in dem Frieden und Gerechtigkeit – wenn nicht sogar
Gleichheit – für alle herrschen.
Detective Finn kam als Erster zurück und begann mit einer
kurzen Zusammenfassung der bisherigen Ermittlungsergebnisse.
»Der Untersuchungsleiter des Kreisgerichts Kitsap hat in seinem
Bericht soeben bekannt gegeben, dass der Tod von Dave Press ein
Unfall war. Er ist ertrunken. Die Kopfverletzungen sind post mortem
entstanden.«
Keeper kam mit einer Dose Diät-Pepsi in der Hand herein, die
er mir reichte. Kein Zucker, nur Koffein, um die Angst am
Köcheln und die Nerven am Flattern zu halten. Ich hatte keine
Ahnung, was das bedeuten sollte: eine nette, kleine Grillparty unter
Freunden?
»Dr. Mauritz hat seine Frau erschossen, ehe er Ihnen an Bord
der Sea Messenger begegnet ist.«
»Das wusste ich nicht«, sagte ich.
»Wir haben sie gestern Abend entdeckt«, erklärte
Finn. »Die Morde auf dem Schiff sind ein Problem der
Bundespolizei, aber dieser Mord fällt in unsere
Zuständigkeit, und das FBI gibt uns freie Hand. Allerdings gibt
es dabei unzählige ungelöste Fragen.«
Keeper, der Platz genommen hatte, kauerte wie ein
mittelalterliches Fabelwesen auf seinem Stuhl. Nur sein Anzug verriet
die Neuzeit.
»Mord an Bord eines Schiffes voller Wissenschaftler scheint
recht absurd«, fuhr Finn fort. »Sie waren weit von der Sea Messenger entfernt, als Dr. Mauritz anfing, um sich zu
schießen. Aber haben Sie eine Ahnung, warum Press über
Bord gesprungen ist?«
»Er benahm sich während der ganzen Tauchfahrt
merkwürdig«, erwiderte ich.
»Was meinen Sie mit merkwürdig?«
»Er versuchte zu fluchen. Und war völlig unkonzentriert.
Schließlich wurde er gewalttätig.«
»So was wie ein Tiefenrausch? Der Sie beide erwischt
hat?«
»Nur ihn. Aber ich weiß nicht, ob es wirklich ein
Tiefenrausch war. Eher was anderes.«
Finn ging auf und ab. »Einige von der Besatzung haben
behauptet, man habe sie vergiftet, das erkläre ihr seltsames
Verhalten. Wurden Sie vergiftet?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Ist das ein definitives Nein?«
»Ich fühlte mich gut. Auf Dave wurde ich erst sauer, als
er anfing, sich merkwürdig zu benehmen. Als er dann versuchte,
das Tauchboot zu versenken, bin ich eingeschritten. Aber das ist auch
schon alles.«
»Haben Sie ihn geschlagen?«
»Er war derjenige, der um sich geschlagen hat.« Ich
deutete auf das Pflaster an meiner Schläfe. »Nachdem er
zusammengeklappt war, brachte ich das Tauchboot an die
Oberfläche zurück. Ich hatte zwar eine Scheißangst,
aber ich fühlte mich körperlich fit. Wirklich.«
Finn fixierte mich. Mit einem Kreisen der Hand forderte er mich
auf fortzufahren.
»Wie auch immer, Press war bewusstlos oder in einer
depressiven Erstarrung. Ich dachte sogar, er sei vielleicht tot, aber
als wir auftauchten, schien er sich zu erholen. Und dann ist
er…«
»Was hat er zu Ihnen gesagt, Dr. Cousins?«
Ich dachte nach. »Er wollte wissen, ob Owen Montoya mich je
angerufen hat. Ihm schien das sehr wichtig zu sein.«
»Hat Montoya mit ihm gesprochen, ehe das Schiff auslief,
vielleicht um ihm etwas
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