Jäger
Wichtiges mitzuteilen?«
»Das bezweifle ich. Und was spielt das jetzt noch für
eine Rolle?«
Finn lächelte und legte den Kopf schief. »Montoyas
Assistentin hat behauptet, Sie hätten mit Dr. Mauritz einen
bösen Wortwechsel gehabt. Bestreiten Sie das?«
»Ja.«
»Niemand sonst hat Sie vor dem zweiten Tag auf See mit
Mauritz sprechen sehen. War diese Unterhaltung freundlich oder ein
Streit?«
»Wir haben uns begrüßt.«
»Was wissen Sie über einen Mann namens AY3000?«
Finn griff nach einem Blatt seines kleinen Papierstapels. »Das
ist offenbar sein rechtsgültiger Name.«
»Er hieß früher Jack Scholl«, antwortete ich.
»Er nimmt häufig an Konferenzen über Nanotechnologie
und Langlebigkeitsforschung teil.«
»Warum hat er seinen Namen geändert?«
»Das ist eine Marotte von ihm. Hängt mit seiner
Lebensphilosophie zusammen, nehme ich an. AY steht für Apollo
Year, das Jahr der ersten Mondlandung, und 3000 ist wohl die
Lebenszeit, die er sich erhofft.«
»Ich verstehe«, sagte Finn.
AY war an Prostatakrebs erkrankt und hatte, als ich ihn das letzte
Mal traf, gar nicht gut ausgesehen. Trotzdem hegte er noch
große Hoffnungen.
»Nanotechnologie… Das ist dieser Miniaturkram, der mit
Elektronik und so weiter zu tun hat, nicht?«, fragte Finn.
»Ja.«
»Science-Fiction-Quatsch«, knurrte Keeper mit
abschätzigem Grinsen.
»Hat AY3000 je in Ihre Forschungen investiert?«
»AY hat etwas Geld. Er hat mich bis letztes Jahr mit einer
nicht sehr hohen Summe unterstützt. Ich vermute, ich kam ihm
nicht schnell genug voran. Er fand jemanden, der ihn mehr
überzeugte.« Ich schwieg, sah Finn direkt an und fügte
hinzu: »Er ist ein sanfter, intelligenter alter Mann.«
»Mr. Montoya ist ebenfalls ein Gönner?«
»Er war es.«
»Dieser AY3000 fing Anfang letzter Woche an, bei einer Reihe
Ihrer Kollegen Drohanrufe zu machen, unter anderem auch bei Dr.
Mauritz. Aber er hat San Francisco nie verlassen. Stehen Sie mit ihm
noch immer in beruflichem Kontakt?«
»Ich habe seit Monaten nicht mehr mit ihm gesprochen. Hat es
noch andere Verbrechen gegeben, von denen ich nichts
weiß?«, fragte ich.
»Endlich geht Ihnen ein Licht auf«, brummte Keeper in
seiner Ecke.
»Eine ganze Reihe«, sagte Finn. »Und sie haben
offenbar keine Verbindung miteinander, mal abgesehen von den
Interessen der Opfer: Biologie, Genetik, Ozeanographie. Zwei am 7.
Juni in Woods Hole, Massachusetts. Die Frau von Dr. Mauritz am 8.
Juni. Einer in Palo Alto am 17. Juni. Sie haben doch früher in
Palo Alto gewohnt, nicht wahr?«
»Ich bin vor zehn Monaten weggezogen.«
»Wegen Ihrer Scheidung?«, fragte Keeper.
»Ja.«
»Von Ihrer Frau Julia, geborene Merrivale«, sagte
Keeper.
»Ja.«
»Sie hat Sie bis auf den letzten Cent
ausgeplündert«, stellte Keeper fest.
»Sie hat das Haus bekommen.«
Keeper pfiff durch die Zähne. »In Palo Alto. Wie viel
ist das Haus wert?«
Als Finn den Kopf schüttelte, wandte Keeper sich mit einem
Grinsen ab. »Bis auf die Ehefrau von Dr. Mauritz waren alle
Opfer mit biologischen Forschungen befasst, die auf die eine oder
andere Weise mit Ihrer Arbeit zu tun hatten, soweit ich das
beurteilen kann«, erklärte Finn. »Aber ich bin kein
Experte. Für mich ist das alles Fachchinesisch, das mir wenig
sagt.«
»Die Biologie kann manchmal diesen Eindruck erwecken,
ja.«
»Ist diese Übereinstimmung purer Zufall?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, erwiderte ich.
»Sie etwa?«
»Und jetzt ist auch Ihr Bruder in New York erschossen
worden«, sagte Finn.
Ich räusperte mich. »Ich muss es unserer Mutter noch
sagen.«
»Was geht hier vor sich, Dr. Cousins?« Finn holte tief
Luft. »Versucht hier jemand, Wissenschaftlern Angst einzujagen
oder sie in Verruf zu bringen? Radikale Grüne, militante
Tierschützer?«
»Ich quäle keine Kätzchen oder jungen
Hunde.«
»Haben Sie sonst irgendwelche Drohungen erhalten?«
»Nein. Ich bin noch nie bedroht worden«, erwiderte
ich.
»Hat jemand versucht, Sie anzurufen?«, fragte
Finn.
»Außer meinem Bruder niemand – nein.«
»Hat er Sie bedroht?«
»Natürlich nicht.«
»Hat er irgendetwas Ungewöhnliches gesagt?«
»Ja.«
Auf Finns Gesicht malte sich vorsichtiger Optimismus ab.
»Er hat gefragt, ob unser Vater mit mir gesprochen hat. Aber
unser Vater ist seit Jahren tot. Mein Bruder wirkte
erschöpft.« Während ich in dem warmen, stickigen
Kabuff abwechselnd Finn und Keeper musterte, spürte ich, wie mir
ein Kloß in den Hals stieg. Aber hier war weder
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