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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sagte die Callas zu mir, wandte den
Blick aber sofort wieder zum Schreibtisch und trommelte mit den
Fingern auf ihre bloßen, verschränkten Arme. »Meine
Herren – ich habe noch zu tun.«
    »Ich bin sicher, dass Ihnen Mr. Cousins, falls er am Leben
bleibt, in ein paar Monaten Ihr Honorar bezahlen kann«,
erklärte Banning. Ich warf ihm einen erschrockenen Blick zu.
    »Kein Interesse«, erwiderte die Callas. »Ich
dachte, ich teile Ihnen das lieber persönlich mit als Sie am
Telefon abzuwimmeln. Außerdem haben Sie mir keine Telefonnummer
genannt. Zeit zum Aufbruch, meine Herren.«
    »Was haben Sie denn über uns gehört?«, fragte
ich in der Hoffnung, sie werde die Gelegenheit nutzen, um ein
bisschen mit ihren Beziehungen zu prahlen. Ihre Augen blitzten.
    »Mr. Banning ist bekannt wie ein bunter Hund«, erwiderte
sie. »Und Sie haben sich mehr Schwierigkeiten aufgehalst, als
ich im Moment bewältigen möchte.« Sie lächelte
und gab damit zu verstehen, dass sie meine Absichten durchschaut
hatte.
    Wir folgten ihr aus dem Büro, unsere inzwischen warmen
Wasserflaschen immer noch in den Händen. Die Callas schloss die
Tür auf und stemmte sich dagegen, was die Räder erneut zum
Quietschen brachte. Als sie nach draußen deutete, trat ich mit
hochrotem Gesicht ins Treppenhaus.
    Banning wollte noch immer nicht gehen. Ich hatte das Gefühl,
dass er jeden Augenblick von einem Karateschlag niedergestreckt und
am Ohr nach draußen befördert werden würde.
    »Sie werden zweifellos wissen wollen…«, begann
Banning.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich und schob mich zwischen
sie. »Es war ein Fehler von Mr. Banning, uns hierher zu
bringen.«
    »Richtig«, sagte die Callas.
    Banning blinzelte betroffen. »Ich muss…«
    »Erfreut, Sie kennen gelernt zu haben, Mrs. Callas«,
sagte ich und zog Banning weg.
    Als hinter uns Schritte im Treppenhaus widerhallten, ließ
ich Banning los, wirbelte herum und duckte mich.
    »Banning, sind Sie das?«, rief eine vor Hitze atemlose
Frauenstimme. Eine junge Frau in weißem Sommerkleid erklomm die
letzte Stufe und bog um die Ecke. Sie trug einen breitrandigen gelben
Sonnenhut und eine dunkle Sonnenbrille.
    Angesichts meiner schwachen Nerven ließ die Callas ein
verächtliches leises Schnauben hören.
    Die junge Frau war so unerwartet und so völlig am falschen
Ort aufgetaucht, dass ich sie nicht erkannte, bis sie die
Sonnenbrille abnahm.
    »Ich habe euch auf der Treppe gehört«,
erklärte Lissa. »Ich übernehme die Kosten, falls Geld
das Problem ist.« Zu mir gewandt, ergänzte sie: »Rob
hätte es so gewollt. Wie viel?«
    Die beiden Frauen musterten einander mit abschätzenden
Blicken. Der Callas schien zu gefallen, was sie sah, denn sie
verkündete gleich darauf: »In Anbetracht der besonderen
Situation und Verfassung der Kursteilnehmer berechne ich
eintausenddreihundertfünfzig Dollar für die umfassende
Beratung und ein vierwöchiges Trainingsprogramm.«
    »Das erscheint mir angemessen«, erklärte Lissa.
    Mir erschien es eher unverschämt.
    Mit weit ausholendem Arm komplimentierte uns die Callas in ihren
Loft zurück.
    Während die Callas weitere Mineralwasserflaschen,
außerdem Apfelscheiben, Kekse und Käse auftischte, zerrte
ich Banning auf den Gang, der zu einer Küchennische und zwei
Badezimmern führte. »Essen Sie nichts von dem
Tablett«, warnte er mich mit gesenkter Stimme.
    »Sie kennen Lissa?«, fragte ich.
    »Wir sind uns schon begegnet.«
    »Woher wusste sie, dass wir hier sind?«
    Banning tat so ahnungslos wie ein Schuljunge, den man beschuldigt,
einem Mitschüler Süßigkeiten geklaut zu haben.
    »Sie haben sie angerufen, hab ich Recht?«
    Als er nicht antwortete, sondern weiter vor sich hin starrte, hob
ich resigniert die Hände. Ich hatte mein Leben nicht mehr im
Griff. Lissa etwas zu schulden erschien mir weitaus schlimmer, als
bei Banning in der Kreide zu stehen. Außerdem hatte ich wegen
der Gedanken, die sie bei mir auslöste, ein schlechtes Gewissen.
Das leichte Sommerkleid hatte mehr enthüllt als verborgen.
    »Ich bin, ehrlich gesagt, überrascht, dass sie gekommen
ist«, sagte Banning. »Offensichtlich nicht wegen mir, denn
mich kann sie nicht ausstehen. Ganz abgesehen davon, dass mich keine
Frau mehr angesehen hat, seit meine Geliebte aus Manchester mir vor
zehn Jahren den Laufpass gegeben hat. Die war, nebenbei bemerkt,
Jüdin.«
    »Ich will nicht, dass Lissa das hier bezahlt!«
    »Sie hätten Ihre Einwände vorher zur Sprache
bringen sollen. Ich bin sicher,

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