Jaegerin der Daemmerung
respektlos zu berühren. Wenn du mitkommst, wird es zu einem Kampf kommen. Wenn ich hingehe, besteht zumindest die Chance, dass ich bis zum Prinzen durchkomme, damit ich ihm unsere Ergebnisse präsentieren und ihnen helfen kann.«
»Sie sind es nicht wert, dass man ihnen hilft«, fauchte Ivory.
Razvan verschränkte die Arme vor der Brust, als sie wieder mit geballten Fäusten hin und her lief. Er sagte nichts, sondern beobachtete sie aus halbgeschlossenen Augen.
Irgendwann blieb Ivory keuchend und mit Tränen in den Augen vor Razvan stehen. Es gab nichts Entwaffnenderes als eine Kriegerin, die verletzlich und traurig aussah. Erstaunt legte Razvan eine Hand auf ihre Wange. »Weine nicht meinetwegen, Ivory. Ich habe gelernt, mit meinen Entscheidungen zu leben. Ich muss mich davon überzeugen, wie es Lara geht. Außerdem kann ich nicht zulassen, dass die Babys sterben, wenn wir womöglich den Schlüssel zu ihrem Überleben in der Hand halten. Du würdest es genauso tun.«
»Wenn sie dir auch nur ein Haar krümmen, werden sie einen Krieg erleben, wie es ihn noch nie gegeben hat.«
Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Ihm war klar, dass er sie nur in Verlegenheit bringen würde, wenn er ihr jetzt seine Liebe gestand, weil sie gerade mit ihren Gedanken ganz woanders war. Vermutlich würde es noch schlimmer, wenn er sie wissen ließ, wie sehr ihr Anblick ihn berührte. Also küsste er sie kurzerhand.
In diesen Kuss legte er all seine Gefühle für sie. Unendliche Liebe. Absolute Akzeptanz. Stolz. Freude. Verlangen. Und Ivory antwortete, gab sich der Hitze seines Mundes hin, tauchte in die Welt der Empfindungen ab, so als wollte sie für den Rest ihres Lebens in seinen Armen liegen, von seinen Lippen kosten und ihren Körper eng an seinen schmiegen. An Razvan, der ihr Schutz bot, der sie auffing - ihr Ein und Alles.
Als er zögerlich diesen himmlischen Kuss beendete, legte er seine Stirn gegen ihre und atmete tief durch. »Sollte etwas schiefgehen, hän ku vigyáz sielamet - Hüterin meiner Seele -, werde ich im nächsten Leben auf dich warten. Xavier muss vernichtet werden. Das ist das oberste Ziel. Sieh mir in die Augen und sag mir, dass du mit hell leuchtender Seele zu mir kommen wirst.«
»Du verlangst zu viel von mir.«
»Das tue ich nicht, Ivory. Ich bitte dich lediglich durchzuhalten und dein Ziel, das du seit Jahrhunderten verfolgst, nicht aus den Augen zu verlieren. Wir haben uns gefunden und hatten einige gestohlene Momente des Glücks. Was sie tun oder nicht tun, kann uns egal sein.« Er legte eine Hand auf ihr Herz, sodass er es schlagen spürte. »Wir haben ein Ziel und müssen alles daransetzen, es zu erreichen.«
Ivory drohte, an dem Schluchzen in ihrem Hals zu ersticken. »Deine Gelassenheit macht mir Angst, Razvan.«
»Ich kann niemanden außer mir selbst kontrollieren, Ivory. Koste es, was es wolle, ich muss tun, was mir am plausibelsten erscheint.«
»Wenn sie dir etwas antun, werde ich sie aus tiefster Seele hassen.«
»Du bist mein Licht auf Erden, Ivory. Ich muss wissen, dass du auch weiterhin hell strahlen wirst. Ich zähle auf dich.«
»Du verlangst mehr von mir als von dir selbst. Wenn sie Hand an mich legten, würdest du sie alle erschlagen.«
»Stimmt.« Sein Daumen glitt zärtlich über ihre anmutigen Gesichtszüge. »Du bist hier das Wunder, Ivory, nicht ich.«
Seine Finger legten sich um Ivorys Nacken und zogen sie näher zu sich, bis sie sich gegen ihn lehnte, die Anspannung von ihr abfiel und ihre Herzen im selben Takt schlugen. Seine Seele suchte nach der ihren, und Ivory spürte, wie seine Lippen ihr einen Kuss aufs Haar hauchten, ehe er sie von sich schob.
»Gib mir die Versuchsberichte und die Erdproben. Ich werde dich auf dem Laufenden halten, versprochen. Wenn etwas schiefläuft, sehen wir uns in der nächsten Welt.«
Zögernd und mit Händen, deren Zittern Ivory ignorierte, kam sie seiner Bitte nach. Razvan streckte seine Arme aus, damit die Wölfe abspringen konnten, ging dann in die Knie, kraulte die Tiere hinter den Ohren und schmiegte sich an sie, ehe er sich wieder erhob. Als er sich von Ivory abwenden wollte, fing sie seine Hand ein.
»Razvan.«
»Geliebte?«
»Du bist mein Wunder.«
Mit einem letzten Lächeln und ihren Worten in seinem Herzen wandte er sich ab. Er brauchte keinen Mut, um in die Höhle des Löwen zu gehen. Egal, was das Schicksal für ihn bereithielt, es war nichts im Vergleich zu dem, was er unter Xavier erlitten hatte. Sie würden
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