Jägerin der Dämonen (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
Assistent war..." Tante Lizzy seufzte und fügte dann, mehr zu sich selbst noch hinzu: "Mein Gott, ist das jetzt lange her!"
Ihr Tonfall bekam dabei einen Anflug von Melancholie. Aber dann ging ein Ruck durch sie. Sie schien nicht die Absicht zu haben, mit ihren Gedanken länger in der Vergangenheit zu verweilen. Einen Sekundenbruchteil später war sie schon wieder ganz im Hier und Jetzt. Ich erinnerte mich daran, wie sie einmal zu mir gesagt hatte: "Im Schaukelstuhl sitzen und an die guten Zeiten von früher denken, das ist noch nichts für mich. Das kann ich immer noch machen, wenn ich alt bin."
Und dabei hatte sie mir schelmisch zugezwinkert und hinzugefügt: "Richtig alt, verstehst du?"
Ich verstand sie sehr gut. Mit ihrer Tätigkeit für ihr Archiv leistete sie ein Pensum, daß mancher jüngeren auch einiges abverlangt hätte.
Sie sah mich an und berichtete weiter über Brian F.
Meany. "Er hat ursprünglich Theologie studiert, das Studium aber vor dem Examen abgebrochen und sich dem Studium des Okkultismus und der Grenzwissenschaften hingegeben.
Später hat er dann von sich Reden gemacht, als er begann, Teufel und böse Geister aus den Körpern sogenannter Besessener auszutreiben. Er benutzte dabei oft christliche Symbole und ließ sich Reverend nennen, obwohl sämtliche Kirchen sich auf das Schärfste von ihm distanziert hatten.
Soweit ich weiß, hat es um die Führung dieses Titels sogar Prozesse gegeben. Aber diese Bezeichnung ist nicht geschützt. Im Vereinigten Königreich gibt es Religionsfreiheit und das bedeutet auch, daß jeder sich Reverend nennen kann, auch wenn er nur seiner eigenen Ein-Mann-Kirche angehört."
"Ein Mann soll dabei gestorben sein, als Meany bei ihm einen Exorzismus durchführte", sagte ich. "Und vor Jahren gab es einen ähnlichen Fall..."
Tante Lizzy nickte nachdenklich.
"Ich weiß. Ich habe den Fall seinerzeit intensiv verfolgt.
Bei den Ermittlungen wegen der alten Dame, deren Testament Meany zu einem relativ reichen Mann gemacht hat, ist nichts herausgekommen. Ich fand das schon damals skandalös... Und zwar auch deshalb, weil Meany genau wußte, was er tat..."
"Wie meinst du das?"
Tante Lizzy begann jetzt sehr hektisch in Meanys Theorie und Praxis des angewandten Exorzismus und der Vertreibung übler Geister herumzublättern, bis sie schließlich gefunden hatte, was sie suchte. Sie tickte mit dem Finger auf eine bestimmte Überschrift, rückte sich die Lesebrille zurecht und sah mich dann triumphierend an.
"Hier ist es", erklärte sie. "In diesem Kapitel beschreibt Meany ein Ritual zur Austreibung sogenannter Quantanii."
"Was ist das?"
"In Hermann von Schlichtens Absonderlichen Kulten werden sie unter der Bezeichnung Totenteufel geführt. Es handelt sich um die ruhelosen Seelen von Menschen, die zumeist unter entsetzlichen Umständen ums Leben gekommen sind. Sie können aufgrund der schrecklichen Umstände ihres Hinscheidens nicht ins Totenreich eingehen..."
"Du sprichst von einem ähnlichen Phänomen wie den Rachegeistern?" warf ich ein und erinnerte mich dabei mit Schaudern an die Ereignisse um den geheimnisvollen Leichenwagen, in die ich erst vor kurzem verwickelt gewesen war.
Aber Tante Lizzy schüttelte den Kopf.
"Nicht ganz. Das besondere an den Quantanii soll angeblich sein, daß sie von Menschen Besitz ergreifen können. Aber das ist auch nicht der Punkt, auf den ich hinauswill!"
"Sondern?"
"Meany beschreibt ein Ritual, bei dem dem Besessenen drei schwarze Kreuze auf die Stirn gemalt werden. Dann sagt der Exorzist die Worte..." Tante Lizzy beugte sich über Meanys Buch und zitierte mit gerunzelter Stirn: "Quantanii estor morcutorem!"
"Was soll das heißen?"
"Niemand weiß das, Patti. Meany stellt die Theorie auf, es handele sich um verbalhorntes mittelalterliches Latein, aber das scheint mir ziemlich weit hergeholt. Aber Tatsache ist, daß dieses Ritual den Tod desjenigen bewirkt, bei dem es angewandt wird. Der Quantanii stirbt dann allerdings auch.
Meany schreibt, daß man den Tod des Besessenen notfalls in Kauf nehmen müsse, um dem Bösen zu begegnen..."
"Eine fragwürdige Ansicht."
"Für mich ist er ein skrupelloser Mörder, für den der Zweck die Mittel heiligt!"
"Ein Mord mit übernatürlichen Mitteln...", murmelte ich schaudernd.
Tante Lizzy nickte.
"Meany scheint genau das getan zu haben!" Tante Lizzy zuckte die Achseln. "Ich habe den Behörden selbstverständlich Kopien dieser Textstellen zur Verfügung gemacht, aber ich brauche dir
Weitere Kostenlose Bücher