Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
ihre Tränen in ihr Badewasser fielen, seufzte er schwer, und der letzte Rest von Wut fiel von ihm ab. »Weine nicht, Liebling. Es tut mir leid, dass ich ihn töten musste.« Seine Stimme war sehr
leise und beherrscht. »Ich bitte dich, hör auf zu weinen, es reißt mir das Herz aus der Brust.«
»Begreife es doch endlich! Ich weine nicht, weil du ihn töten musstest, Ryland. Ich bedaure, dass er tot ist, aber er hat versucht, uns beide zu töten. Ich weine deinetwegen. Ich habe keine Ahnung, wie ich dir helfen kann.« Verlegen spritzte sie sich Wasser ins Gesicht, um ihre Tränen zu verbergen.
Stumm musterte er ihr abgewandtes Gesicht. »Das ist alles meinetwegen? Du weinst meinetwegen?« Sie tat es schon wieder. Mit ein paar Sätzen kehrte sie sein Innerstes nach außen. Was sollte er bloß mit ihr anfangen? »Tu das nicht, Lily, du brauchst meinetwegen nicht zu weinen.« Gerade noch war sein Magen verspannt und verkrampft gewesen, doch jetzt fühlte er dort ein warmes Glimmen. Er fühlte sich, als hätte sie ihm ein Weihnachtsgeschenk gemacht. Schon seit langer Zeit hatte niemand mehr seinetwegen Tränen vergossen.
Lily hörte seinen veränderten Tonfall. Es klang nach Glück. Trotz der Last seiner Schuldgefühle konnte sie es in der Luft um sich herum fühlen. Dieser Klang erlaubte es ihr, wieder zu atmen.
Sie drehte den Kopf um und sah ihn über ihre Schulter an. Die Spitzen ihrer langen Wimpern waren nass. Wasserperlen rannen über ihre weiche Haut auf ihre Brüste hinunter. Ihr Haar hatte sich gelöst. Das Badewasser sprudelte und umspielte ihren Körper. Sie verschlug ihm den Atem. Raubte ihm das Herz. Sie weinte seinetwegen.
»Ich kann nicht denken, wenn du mich so ansiehst, Lily. Warum musst du bloß so wunderbar sein?« Er meinte nicht die Schönheit ihres Körpers, aber er konnte das eine nicht von dem anderen trennen. Das, was er getan hatte, machte
ihn todunglücklich. Er glaubte nicht, das Blut eines Freundes könnte jemals von seinen Händen gewaschen werden, aber irgendwie war es ihren Tränen gelungen, genau das zu erreichen. Ryland starrte sie an, inmitten von etwas, das wie ein Kristallpalast aussah, eine Prinzessin, die er nicht verdiente, die er aber behalten würde.
»Ich wünschte, ich wäre wunderbar, Ryland. Du gibst mir das Gefühl, wunderbar zu sein.« Ihre lebhaften blauen Augen glitten verstimmt über seine markanten Gesichtszüge. »Wie konntest du bloß glauben, ich würde dir vorwerfen, dass du uns allen das Leben gerettet hast? Ich fühle, was es dich gekostet hat. Ich habe es schon gefühlt, während du es getan hast.«
»Ich hatte dein Gesicht gesehen. Du wolltest ihn retten.« Er blinzelte gegen die Tränen an, die gänzlich unerwartet in seinen Augen brannten. Seine Kehle war vor Schmerz rau.
»Ich habe dein Gesicht gesehen. Ich wollte ihn um deinetwillen retten.« Sie streckte ihre Hand nach ihm aus und wartete, bis er ihre Finger nahm und sich auf den Rand der Wanne setzte. »Wir sind in irgendeiner Form miteinander verbunden. Und du hast recht. Falls mein Vater eine Möglichkeit gefunden hat, die Anziehungskraft zwischen uns zu manipulieren, dann ändert das nichts. Ich bin so oder so dankbar dafür, dass es dich in meinem Leben gibt.«
Ryland führte ihre Hand an seinen Mund, knabberte an ihren Fingern und widerstand dem Drang, sie eng an sich zu ziehen. Sie beschämte ihn mit ihrer Großzügigkeit. »Tut deine Schulter weh?« Er beugte sich vor, um einen zarten Kuss auf die gemeine Schwellung zu hauchen.
»Mir fehlt nichts, Ryland. Was ist mit deinen Rippen?
Arly hat gesagt, er hätte den Kratzer gereinigt, aber du weißt ja selbst, dass Messerstiche dafür berüchtigt sind, sich zu entzünden.« Sie wirkte besorgt, gar nicht wie seine seelenruhige Lily.
Er kniete sich neben die Wanne, griff unter dem sprudelnden Wasser nach ihrer Wade und begann eine langsame Tiefenmassage. Mit unendlicher Zartheit löste er ihre verspannten Muskeln. »Mach dir keine Sorgen, Arly hat sie mit ekelhaft stinkendem Zeug geschrubbt, das er Läusesaft genannt hat. Es hat teuflisch gebrannt. Da kann nichts mehr am Leben sein, nicht mal der winzigste Keim.«
»Auf dieses Zeug hat er schon in meiner Kindheit geschworen. Ich glaube, er stellt es selbst im Labor her, wie der sprichwörtliche wahnsinnige Wissenschaftler. Jedes Mal, wenn ich hingefallen bin, hat er meine Knie damit betupft, und meine Haut hatte hinterher einen ganz besonders hässlichen violetten Farbton.«
Ryland lachte.
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