Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
»Stimmt, genau das war das Zeug.« Er spürte, wie sie unter seinen massierenden Fingern zusammenzuckte, und daraufhin berührte er sie noch behutsamer. »Erzähl mir von Ranier. Welchen Eindruck hattest du?«
»Er hat mir die Wahrheit gesagt«, sagte Lily. »Ich war ja so erleichtert. Ich habe ihn schon immer gekannt, und ich bin nicht sicher, ob ich es verkraftet hätte, wenn er an dem Komplott gegen meinen Vater beteiligt gewesen wäre. Offenbar hat er keine der Nachrichten erhalten, die ihm mein Vater geschickt hat. Weder seine Briefe noch seine E-Mails und auch keine Benachrichtigung, dass mein Vater angerufen hat. Interessanterweise ist der Adjutant des Generals ein Bruder von Hilton, dem Mann, den Colonel Higgens auf mich angesetzt hatte, damit er mich im Auge
behält.« Sie griff ins Wasser und packte sein Handgelenk. »General Ranier war plötzlich sehr besorgt, ganz so, als stellte er Bezüge zwischen Dingen her. Ich glaube, es gab schon seit einiger Zeit eine undichte Stelle, durch die geheime Informationen nach draußen gelangt sind, und er hat plötzlich zwei und zwei zusammengezählt.«
»Das kann schon sein. Wenn es ein Problem mit einer undichten Stelle gab, dann hätten sie das nicht an die große Glocke gehängt. Sie hätten interne Ermittlungen angestellt. Niemand hätte Colonel Higgens verdächtigt. Sein Leumund ist tadellos. Mir war es anfangs weitaus lieber zu glauben, dein Vater sei derjenige gewesen, der uns alle verraten hat. Und General McEntire … es fällt mir immer noch schwer zu glauben, dass er etwas mit diesem Verrat an seinem Land zu tun haben könnte. Es ist ein Alptraum, Lily. Diese ganze Geschichte ist ein einziger Alptraum gewesen.«
»Glaubst du, Cowlings ist euch damals untergeschoben worden? Ein Spitzel, den Colonel Higgens in dem Programm untergebracht hat? Ich erinnere mich noch, dass ich in seiner Akte gelesen habe, bei den meisten Kriterien für übersinnliche Fähigkeiten hätte er schlecht abgeschnitten. Ich dachte, ihm sei die Einwilligung erteilt worden, weil Dad sehen wollte, ob die Intensivierung bei jemandem mit unmaßgeblichen natürlichen Anlagen etwas bewirken kann. Und sie hat etwas bewirkt.«
Ihre Stimme hatte jetzt wieder den Tonfall intensiven beruflichen Interesses angenommen. Ryland wusste sofort, dass sich das Gespräch vom Persönlichen zum Klinischen verlagert hatte. Er war aber nicht verärgert darüber, sondern hätte am liebsten gelächelt. »Er mag zwar kein Telepath gewesen sein, aber er war sehr geschickt
darin, die Kontrolle über leblose Gegenstände an sich zu reißen. Das war wirklich toll.«
»Lily, du hast doch die ursprünglichen Aufzeichnungen deines Vaters zu dem Experiment vernichtet, oder nicht? Er würde nicht wollen, dass es wiederholt wird.«
Die Krämpfe in ihrem Bein begannen, durch seine liebevolle Zuwendung und das heiße Wasser nachzulassen. Lily stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und ließ sich tiefer in das sprudelnde Wasser sinken. »Dad dachte, das Experiment sei misslungen«, erwiderte sie.
»Nur am Anfang«, sagte Ryland mit ruhiger Stimme. Es juckte ihn in den Fingern, Lily zu schütteln. »Er hatte den Verdacht, jemand hätte es sabotiert, und trotzdem war es ihm ein so großes Anliegen, dass er dir gesagt hat, du solltest seine Aufzeichnungen vernichten. Diesen Wunsch musst du respektieren, Lily. Die Aufzeichnungen über die Übungen kannst du für den Fall aufheben, dass du sie für die anderen Frauen brauchst, wenn wir sie ausfindig gemacht haben, aber alles andere musst du zerstören, damit es niemals wiederholt wird.«
»Es war brillant, Ryland.« Sie beugte sich vor, und in ihren blauen Augen funkelte lebhaftes Interesse. »Was er getan hat, war, von einem rein wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, absolut brillant.«
»Ich habe mich freiwillig gemeldet, Lily. Die Männer und ich waren Freiwillige, aber du und die anderen kleinen Mädchen, ihr hattet keine Wahl. Was Peter Whitney euch angetan hat, war, von einem humanitären Standpunkt aus betrachtet, ein enormes Unrecht.« Rylands kräftige Finger schlossen sich um ihr Fußgelenk und schüttelten es kurz, aber heftig. »Denk daran, wie dir zumute war, Lily, als du diese kleinen Mädchen gesehen hast. Als du
dich selbst gesehen hast. Denk daran, wie diesen Frauen heute zumute ist und was sie in all den Jahren durchgemacht haben müssen. Und an meine Männer und auch daran, wie sehr sie sich für den Rest ihres Lebens in Acht nehmen müssen,
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