Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
sie in die Nacht hinaus.
»Wie kannst du hier sein, Ryland? Wie kannst du mit mir hier sein?«
»Ich kann traumwandern. Raoul, den wir Gator nennen, kann Tiere bändigen. Sam kann Gegenstände von der Stelle bewegen. Wir besitzen vielfältige Begabungen, aber nur wenige sind Traumwanderer.«
»Danke, dass du zu mir gekommen bist«, sagte Lily schlicht und einfach. Sie meinte es ernst. Sie hatte keine Ahnung, warum er ihr das Gefühl gab, wieder heil zu sein, obwohl sie am Boden zerstört gewesen war, doch es verlieh ihr ein Gefühl von Frieden, neben ihm herzulaufen und sich bei ihm sicher zu fühlen.
Sie schlenderten gemeinsam durch die dunklen Straßen, ohne wirklich darauf zu achten, wohin sie gingen, solange sie bloß zusammen waren. »Erzähl mir mehr darüber, Lily.« Ryland lief ganz dicht neben ihr her, und sein größerer, breiterer Körper gab ihr bei jeder Berührung Schutz.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich darf nicht daran denken, noch nicht einmal hier.«
»Mit mir bist du hier sicher. Ich werde dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist. Erzähl mir, was er dir angetan hat.«
»Er hat mich nicht geliebt. Das hat er getan, Ryland. Er hat mich nicht geliebt.« Sie wollte ihn nicht ansehen. Sie starrte in die Nacht hinaus, mit abgewandtem Gesicht, und ihr Ausdruck war so traurig, dass es ihm das Herz zu brechen drohte.
Ryland zog sie in den Schutz seiner Arme, drückte sie eng an sich und beförderte sie beide durch Zeit und Raum. Weit weg von den Laboratorien und den Käfigen. Weit weg von der Realität, sodass der Wind ihnen ins Gesicht wehte und sie ganz einfach nur zusammen sein konnten. Ihr Gehirn griff gierig nach dieser Zuflucht und hielt daran fest. Ihre Körper schwangen sich ungehindert in die Lüfte auf, und sie konnten gehen, wohin ihre Gemüter sie führten, doch ihr Kummer begleitete sie auch in dieser Traumwelt. Dasselbe galt für seine Sorgen. »Einer meiner Männer wird vermisst, Lily. Ich kann ihn nicht erreichen.«
Sie wusste, was er wollte. »Ich werde ihn finden. Morgen werde ich verlangen, mit sämtlichen Männern zu sprechen. Angeblich ist mir der Zugang zu allen gewährt. Welcher Mann?« Sie zog den Kopf ein, denn das Schuldbewusstsein lastete schwer auf ihr.
»Russell Cowlings. Und ich werfe dir nichts vor, Lily. Ich weiß, dass du denkst, ich gäbe dir die Schuld daran. Dein Vater …«
»Ich will nicht über ihn reden.« Ihre Traumwelt begann, an den Rändern zu zerfließen, als die Härte der Realität eindrang.
Ryland nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Ich habe seine Augen gesehen, als er dich angeschaut hat. Er hat dich sehr geliebt. Welche Sünden auch immer er begangen haben mag, Lily – er hat dich geliebt.«
Sie blickte zu ihm auf, und an ihren langen Wimpern glitzerten Tränen. »Ach ja? Ich dachte auch, er hätte mich geliebt, aber es gibt einen ganzen Raum voller Videoaufzeichnungen, die säuberlich beschriftet sind und den Titel ›Lily‹ tragen. Sie beweisen das Gegenteil.«
Ryland senkte den Kopf und legte seinen Mund auf ihre Lippen, weil er den Kummer von ihr nehmen musste. Seine Lippen bewegten sich ungemein sanft auf ihren, zärtlich und lockend. Der Kuss war unschuldig gemeint. Heilend. Es war seine Absicht, sie zu trösten. Dennoch durchzuckte ihn reine Glut. Er spürte sie in seinen Adern. In seinem Bauch. In der schweren Fülle seiner Lenden. Sie raste sengend über seine Haut und überrumpelte ihn restlos.
Lily verschmolz mit ihm, formbar und anschmiegsam. Ihr Mund öffnete sich für ihn, und ihre Arme stahlen sich um seinen Hals, damit er spüren konnte, wie sich ihre üppigen Brüste eng an die steinharten Muskeln seines
Brustkorbs pressten. Energie sprang zwischen ihnen über und zischte und brutzelte wie etwas Lebendiges. Sprang von seiner Haut auf ihre über und wieder zurück. Kleine Blitze peitschten sein Blut auf. Seine Arme schlossen sich besitzergreifend enger um sie.
Lily hob den Kopf, um ihn anzusehen und in seinem Gesicht nach Antworten zu suchen. Sie traute nichts, was derart stark war. Stumm schüttelte sie den Kopf, um es zu leugnen.
Ryland konnte es in ihrem Gesicht sehen. Ein Stöhnen entrang sich ihm. »Lily, kannst du denn nicht begreifen, dass zwischen uns mehr als nur etwas Körperliches ist? Ich verzehre mich nach dir, das will ich gar nicht erst bestreiten, aber ich fühle mich betrübt, wenn du traurig bist. Mehr als alles andere wünsche ich mir, dich glücklich zu machen und zu wissen, dass du in Sicherheit
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