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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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der Menschen ringsum ergab, dass niemand einen blutüberströmten, einäugigen Naturi mit einem Beutel voller Leichenteile gesehen hatte. Wie ein Vampir hatte er sich für ihre Augen unsichtbar gemacht.
    Und nun war er verschwunden.
    Ich verkniff mir einen wütenden Aufschrei und lief zu dem Haus zurück. Ohne Danaus' Hilfe brauchte ich Stunden, um Rowe aufzuspüren. So viel Zeit hatte ich nicht. In dem Haus angekommen, verriegelte ich die Hintertür, bevor ich ins Wohnzimmer ging. Die Gerüche von verbranntem Fleisch und Blut vermischten sich, und ich hatte plötzlich einen ranzigen Geschmack im Mund.
    Es verlangte mir meine ganze Willenskraft ab, zu der Leiche zu gehen, in der Rowe gewühlt hatte. Ich hockte mich vor sie hin und versuchte zu ignorieren, dass mein Rock sich mit Blut vollsaugte. Ich brauchte nicht lange, um festzustellen, dass dem Toten Zunge und Lunge fehlten. Und es war kaum zu übersehen, dass allen Leichen im Raum der Brustkorb aufgebrochen worden war.
    Ich war mitten in eine Plünderung geplatzt, wie ich sie seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen hatte. Ein paar Jahre nach Machu Picchu waren Jabari und ich schon einmal zufällig auf ein solches Blutbad gestoßen, bei dem fast zwanzig Menschen abgeschlachtet worden waren. Doch damals waren die Naturi noch zahlreich gewesen und hatten um jeden Preis ihre gefangen genommene Königin befreien wollen. Eigentlich brauchten sie Erdmagie für ihre Zauber, aber im Lauf der Zeit hatten sie gelernt, mit einer Magie zu arbeiten, die auf Blut und Seelen basierte. Sie war ebenso mächtig.
    Aber die Devise der Naturi hatte natürlich immer schon gelautet: Warum eine Blume knicken, wenn man auch einen Menschen töten kann?
    Ich richtete mich wieder auf, lehnte ich mich an die Wand und schloss die Augen. Als ich es endlich geschafft hatte, meinen Geist von dem Grauen ringsum zu reinigen, nahm ich Kontakt mit Gabriels Bewusstsein auf.
    Gabriel? Mira! Bist du verletzt? Er meldete sich sofort. Durch seine Augen konnte ich sehen, dass er vor dem Haus stand, in dem ich mich befand, und die Tür anstarrte. Michael lehnte neben ihm an der Wand. Gabriel hatte keine telepathischen Fähigkeiten, aber im Lauf der Jahre hatte ich ihm beigebracht, seine Gedanken zu präzisen Aussagen zu bündeln, sodass ich sie lesen und im Gegenzug meine Antworten in sein Bewusstsein projizieren konnte. Wir hatten eine ganze Weile gebraucht, bis das perfekt funktionierte, und mit Michael hatte ich dieses Verfahren noch gar nicht trainiert. Mir fehlt nichts. Meine Seele hatte zwar unter dem gelitten, was ich gesehen hatte, aber körperlich war ich unversehrt. Soll ich reinkommen? Nein!, fuhr ich auf und hielt einen Moment inne, um mich zu fassen. Nein. Geht schon mal Richtung Hotel. Ich muss das Haus verbrennen, dann komme ich nach. Pass auf dich auf!
    Ich wartete, bis die beiden losgegangen waren. Als ich die Augen wieder öffnete, fiel mein Blick auf das blutüberströmte Gesicht eines Mädchens mit langem schwarzem Haar. Es konnte nicht älter als sechs gewesen sein. Ich zündete es zuerst an und wünschte, die Flammen würden das zarte Gesicht und die großen braunen Augen aus meinem Gedächtnis löschen, aber ich wusste es besser. Die Gesichter vergaß ich nie. Ich blieb so lange im Haus, bis die Leichen im Feuer verkohlten, dann verließ ich es, für menschliche Augen unsichtbar, durch die Hintertür. Ich ging raschen Schrittes durch die Gassen, bis ich meine Engel eingeholt hatte. Um mich bemerkbar zu machen, tippte ich Gabriel kurz auf die Schulter, aber keiner von uns sagte etwas. Einen Block weiter ergatterten wir ein Taxi und fuhren damit die letzten Kilometer zum Sarah Hotel.
    Vor dem Hotel trafen wir Danaus, der zusammen mit einem kleinen hageren Mann versuchte, meinen Sarg mit Seilen auf dem Dach eines klapprigen Taxis zu befestigen, das aussah, als wäre es schon zur Zeit der Pharaonen umhergefahren. Ich spürte, wie meine Bewacher beim Anblick des Jägers der kalte Zorn packte. Danaus hatte mir zwar im Kampf gegen die Naturi das Leben gerettet, aber das änderte nichts daran, dass er der Grund für den Angriff vor Sonnenuntergang gewesen war. Ich ergriff die beiden an der Schulter, um sie zu beschwichtigen, und trat zwischen sie. Ihr Beschützerinstinkt war herzerwärmend, aber ein Kampf auf offener Straße würde unsere Abreise gewiss nicht beschleunigen. „Diese Klapperkiste schafft es aber nicht bis nach Luxor", sagte ich und ging auf Danaus zu.
    „Muss sie auch nicht",

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