Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
zahlenmäßig überlegen. Ich konnte das Haus natürlich in Brand stecken, aber wenn ich nicht hineinging, konnte ich nicht sicher sein, dass ich auch beide Naturi erwischt hatte, die Danaus zuvor in der Stadt gespürt hatte.
Ich ging also mit dem Messer in der Hand zur Tür und öffnete sie mit einem gezielten Tritt. Der Geruch von Blut, Tod und Exkrementen schlug mir entgegen, und ich zögerte. Es waren Menschen im Haus oder zumindest kurz zuvor noch dort gewesen. Als ich mich in den ersten Raum vorwagte, ging ich sofort hinter einem Sessel in Deckung, denn ich hörte Bolzen in der Wand einschlagen, vor der ich gerade noch gestanden hatte. Der spindeldürre blonde Naturi, dem ich gefolgt war, rief Rowe etwas zu. Ich verstand ihren Wortwechsel zwar nicht, aber es ging sicherlich um den Vampir, der hinter dem scheußlich gemusterten Sessel kauerte.
Ich erhob mich vorsichtig, um die beiden Naturi mit Feuerbällen anzugreifen. Auf einen Kampf wollte ich mich nicht einlassen. Ich wollte kein Risiko eingehen. Doch als ich über die Sessellehne spähte, erstarrte ich. Das Wohnzimmer, in dem ich mich befand, schwamm regelrecht in Blut. Es hatten sich vier Menschen in diesem Raum aufgehalten, vielleicht auch mehr. Ihre Gliedmaßen waren überall verstreut. Wie an der Größe der Rümpfe zu erkennen war, befanden sich mindestens zwei Kinder unter den Toten. Rowe hockte in der mir gegenüberliegenden Ecke, seine Arme steckten bis zu den Ellbogen im Brustkorb eines Mannes. Der Tote starrte mit leerem Blick unter die Decke. Rowe, war voller Blut, und sein rot verfärbtes Hemd klebte an seinem Körper. In diesem Moment sprang der andere Naturi auf den Sessel, hinter dem ich kauerte. Mit einem Fuß auf der Rückenlehne wollte er den Sessel zum Umkippen bringen, sodass er auf mir landete. Sein kurzes Schwert hatte er bereits gezogen, um mir den Kopf abzuschlagen.
Ich wich blitzartig zurück und warf mich nach hinten. Dabei krachte ich mit der Schulter gegen einen Tisch, und ein unglaublicher Schmerz jagte durch meinen ganzen Rücken. Der Naturi stürzte sich auf mich, um mir das Schwert in die Brust zu stoßen, und von den Schmerzen geschwächt, schaffte ich es nur noch, die Beine anzuziehen. Ich ließ mein Messer fallen und packte ihn an den Handgelenken.
„Komm schon, Vampir! Ich will nur deine Zunge", knurrte er und versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien. Ächzend stieß ich ihn von mir herunter. Er segelte durch das Zimmer und prallte gegen die Tür, die prompt ins Schloss fiel. „Was du nicht sagst." Ich richtete mich auf und hob die linke Hand. „Ich will nur dein Leben." Und schon stand der Naturi in Flammen. Er sprang wild herum und schwenkte sein Schwert in einem letzten verzweifelten Versuch, mich zu töten. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wüchsen ihm Flügel auf dem Rücken, doch das Feuer verschlang sie sofort. Hatte ich es etwa mit einem der schwer zu fassenden Mitglieder des Windclans zu tun?
Von ihm sollte ich keine Antwort mehr erhalten. Der verzweifelt um sich schlagende Naturi rutschte auf dem blutüberströmten Kachelboden aus, schlug mit dem Kopf auf und rührte sich nicht mehr. Als ich das Knistern von Plastik hörte, drehte ich mich um und sah Rowe mit einem schwarzen Müllbeutel unter dem Arm durch den Raum spurten. Ich schoss einen Feuerball auf ihn ab, aber der schlug bloß in die Wand ein, denn Rowe verschwand im selben Moment im Nebenzimmer. Ich konnte ihn jedoch nur verbrennen, wenn ich Sichtkontakt hatte.
Fluchend sprang ich über den umgestürzten Sessel und schlitterte ohne Rücksicht auf die herumliegenden Körperteile über den mit Blut bedeckten Boden, bis ich gegen die Wand auf der anderen Seite prallte. So viel zum Thema katzenhafte Anmut. Ich stieß mich von der Wand ab, lief in die kleine Küche und zur geöffneten Hintertür aus dem Haus hinaus. Dann ging es durch ein Gewirr von mit Müll verstopften Gassen und Sträßchen, über denen die Wäsche im Wind flatterte. Ich konnte Rowe nicht sehen, folgte aber dem Geruch des Bluts, das an ihm klebte.
Als ich aus einer Gasse kam, die direkt in den Basar führte, blieb ich abrupt stehen. Eine ganze Flut von Gerüchen schlug mir entgegen: Gewürze, Essen, Kaffee, Tee und der aromatische Rauch von Wasserpfeifen. Der Wind, der von Süden heraufkam, trug das Aroma von Nelken, Zimt und Ingwer und menschlichen Schweißgeruch in die Straße, und das Duftpotpourri überlagerte den Blutgeruch. Eine rasche Überprüfung der Gedanken
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