Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
in eine dicke Schicht aus Nebel und Schmerz gehüllt waren und mein Körper bei jeder Bewegung aufschrie. Wäre noch ein Quäntchen Blut in meinem Körper gewesen, hätte ich es sicherlich auf den Boden erbrochen. Ich hätte mich am liebsten zu einem kleinen Knäuel zusammengerollt und darum gebetet, dass die Morgendämmerung mein Bewusstsein auslöschte. Stattdessen straffte ich die Schultern und nickte.
Wir wussten beide, dass Jabari mich geschlagen hatte, ohne sich auch nur aus seinem Thron zu erheben, weil er die Fähigkeit hatte, mich zu kontrollieren. Ich bekam Nicolai nur deshalb, weil Jabari es so wollte, nicht etwa, weil ich ihn gewonnen hatte.
Er lächelte mich mit einem Aufblitzen seiner weißen Eckzähne breit an und winkte Nicolai gespreizt, zu mir hinüberzugehen. Verwirrt und schockiert wanderte der Blick des Lykaners zwischen mir und dem Ältesten hin und her, bevor er ein paar langsame, zögernde Schritte auf mich zu machte. Meine Muskeln strafften sich, als ich darauf wartete, dass jemand aus dem Konvent aufsprang und ihn angriff, aber keiner der drei rührte sich. Allerdings dämmerte den unter der Decke hängenden Naturi jetzt langsam, was sich hier abspielte.
Ein Flattern von feuchten, fleischigen Flügeln ertönte, als sie sahen, wie Nicolai an meiner Seite stand. „Was hat das zu bedeuten, Nachtwandler?", rief eine der Harpyien in einem empörten Singsang. „Der Lykaner war nicht Bestandteil unserer Abmachung", sagte Jabari mit strenger Stimme, die mich zusammenzucken ließ. „Nein!" Das Kreischen hallte durch den Saal, als eine der Harpyien sich von der Decke hinabstürzte, die mit Klauen bewehrten Füße ausgestreckt, um den Werwolf an den Schultern zu packen.
Ohne Zögern schleuderte ich dem angreifenden Monster einen Feuerball entgegen. Zugleich krachte eine unsichtbare Hand gegen die Kreatur und schleuderte sie an die Wand gegenüber. Die Harpyie schrie auf und stieß sich von der Wand ab, um sich in die relative Sicherheit der Schatten zurückzuziehen, die sich in den Deckenwinkeln drängten. Ich musste nicht erst zum Podest aufsehen, um zu wissen, dass Jabari Nicolai beschützt hatte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob ich dafür nach der Auseinandersetzung mit ihm noch genug Kraft gehabt hätte.
Ich drehte mich um und stieß mit einem Blick auf den zerkratzten, blutenden Danaus einen Befehl aus: „Schaff ihn hier raus." Der Jäger war klug genug, mir nicht zu widersprechen. Er wusste, dass ich die letzten Kräfte zusammennahm. Ich konnte nicht die ganze Nacht die Harpyien abwehren und mich gleichzeitig gegen den Konvent behaupten. Danaus packte den verdutzten Nicolai bei der Schulter und zog ihn aus der Tür, während sein Blick in Erwartung eines erneuten Angriffs beständig zwischen Podium und Decke hin und her wanderte.
Dass Danaus und ich mit Nicolai im Schlepptau abziehen :konnten, zeigte höchstens, dass der Konvent uns für die dunklen Pläne, die er im Schilde führte, lebendig brauchte. Bisher hatte ich noch nicht zu sehr über die Stränge geschlagen. Außerdem hatte ich womöglich eine Aufgabe erfüllt, die Jabari mir immer schon zugedacht hatte. Bastard. Ich hätte lieber herausgefunden, was der Konvent für Pläne mit den Naturi hatte, schätzte mich aber glücklich, überhaupt aus der Sache herauszukommen. Es war immer noch Zeit, die Pläne der Ältesten aufzudecken. Mein Blick kehrte zum Podium und zu den Ältesten zurück, die sicherlich allesamt auf ihre ganz eigene Weise mein Ableben planten. Macaire verzog keine Miene, während er mich ansah, aber die weißen Knöchel und die angespannte Haltung konnte er nicht verbergen.
Er war nicht gerade zufrieden mit mir oder Jabari. Nur war er sich in diesem Moment nicht sicher, wer von uns beiden am leichtesten zu töten wäre. Außerdem ging ich immer noch jede Wette ein, dass er sich mit mir treffen wollte. Macaire gehörte zu der Sorte, die jedermann geistig manipulierte; er würde versuchen, seine Opfer mit „Logik" und lauter verheißungsvollen Versprechen auf seine Seite zu ziehen. Er war nicht willens, sich wie Jabari die Hände schmutzig zu machen.
Elizabeth war während der ganzen Szene stumm geblieben, was mich nervöser machte als meine Überlegungen hinsichtlich Macaire. Macaires und Jabaris Motive konnte ich erraten, aber ich wusste nicht, auf wessen Seite sie stand oder ob sie ihre eigenen Ziele verfolgte. Alles in allem zweifelte ich nicht daran, dass sie mich lieber draußen in der Sonne gepfählt
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