Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
sehen würde als noch einmal im Thronsaal.
Zuletzt ruhte mein Blick auf Jabari, der mich mit amüsiert blitzenden dunklen Augen betrachtete. Ich neigte das Haupt vor ihm und wollte von seinen Plänen, die mich und eine Menge Schmerz beinhalteten, nicht mehr das Geringste wissen. Ich wollte mich gerade umdrehen und aus dem Raum marschieren, als mein Blick an dem leeren Thron rechts von Jabari hängen blieb. Tabors Thron. Ein Sitz im Konvent. Aber ein Konventsmitglied zu sein würde auch bedeuten, dass ich Jabaris Puppe wäre. Es hatte eine Zeit gegeben, in der ich die Wünsche der Ältesten einfach deshalb erfüllte, weil ich an ihn glaubte. Jetzt würde ich es nur tun, weil ich keine andere Wahl hatte.
Mein Blick huschte zu Jabari zurück. Ich bemerkte, dass er grinste, weil er meine Gedanken erraten hatte. Er würde mich mit offenen Armen im Konvent empfangen, denn das hätte seine Macht über die anderen beiden Mitglieder gefestigt. Ich erwiderte sein Lächeln, bevor ich mich auf dem linken Absatz umdrehte und steif den Thronsaal verließ. Eher würde der Jäger mein Herz in der Hand halten, als dass ich freiwillig einen Sitz im Konvent eingenommen hätte.
18
Ich zog die schweren Türflügel hinter mir zu, verharrte am oberen Ende der alten Granittreppe und legte den Kopf in den Nacken, während ich zu den Sternen aufblickte, die mir zuzwinkerten, als freuten sie sich über irgendeinen großen kosmischen Witz. Die Luft war warm und feucht, ein leichter Wind war aufgekommen und trug dunkle Versprechungen auf eine Sommerflut mit sich, die den Markusplatz einen halben Meter unter Wasser setzen würde. Für gewöhnlich stand die Flut erst später im Jahr an, war aber auch Ende Juli nicht ungewöhnlich.
Erst als ich so in der Sommerluft stand, bemerkte ich, dass mir kalt war. Das Frösteln, das an meinen Gliedern genagt hatte, setzte sich nun langsam gegen das Ziehen und den pulsierenden Schmerz durch, der meine Wahrnehmung bisher beherrscht hatte. Ich wusste nicht mehr, wann ich mich das letzte Mal gestärkt hatte. War es noch während meines Aufenthalts in London gewesen? Das alles schien schon so lange her zu sein, aber in Wirklichkeit waren seitdem nur wenige Nächte vergangen. Trotzdem musste ich mich jetzt wieder stärken - und zwar bald.
Ich runzelte die Stirn und begann, die Treppen hinabzusteigen, als meine Knie beschlossen, sich meinen Wünschen nicht länger zu beugen. Meine Beine waren wie aus Seetang und völlig kraftlos. Ich suchte mit der Hand nach Halt und fragte mich halb, ob meine Arme mir überhaupt gehorchen würden, als ich mich in Danaus' kräftiger Umarmung fand. Ich hatte ihn nicht kommen sehen. Eigentlich hatte ich nicht mal gemerkt, dass er so nahe bei mir war, aber das kümmerte mich jetzt nicht.
Ich hatte schon genug Sorgen.
Danaus legte sorgsam meinen linken Arm um seine Schulter und trug mich dann wortlos auf den Armen. Sein Schritt blieb ruhig und gleichmäßig, als er auf das Boot zusteuerte. Mir fielen die Augen zu, während seine Wärme mich einhüllte und ein wenig von dem Ziehen und dem Schmerz betäubte, der meinen Körper erfüllte. Neben uns hörte ich Nicolais Schritt an Danaus' rechter Seite.
„Mein Held", murmelte ich leise und lehnte den Kopf gegen Danaus' Schulter. Er schnaubte abfällig und erntete ein leises, erschöpftes Glucksen von mir. Zweifellos hätte er mich nur zu gerne an Ort und Stelle auf den Hosenboden gesetzt und mich zum Boot zurückkriechen lassen, aber das hätte uns auch nicht schneller von dieser verfluchten Insel hinuntergebracht. „War es das wert?", fragte er. Ich spürte, wie seine Aufgewühltheit und seine Besorgnis mich bestürmten, als wären es meine eigenen Gefühle. Unsere Verbindung war noch stark vom Kampf, und mir blieb keine Energie mehr übrig, um geistige Barrieren gegen ihn zu errichten - nicht dass mir das irgendwas genützt hätte.
Danaus und Jabari gingen in meinem Kopf aus und ein, wie es ihnen gefiel. „Ja", seufzte ich. Meine Rechte rutschte von seiner Schulter auf die Brust, sodass ich seinen Herzschlag unter meiner Handfläche spüren konnte. „Wir wissen jetzt, dass der Konvent sich über sein Vorgehen nicht einig ist und dass unser Regent keine Ahnung von den Plänen der Ältesten hat. Wir wissen außerdem, dass Jabari uns am Leben lassen wird, bis wir zerstört haben, was auch immer sie mit den Naturi ausbrüten. Zumindest will er das Tor geschlossen halten." „Es sei denn, du täuschst dich in Jabari", warf Danaus
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