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Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Titel: Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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wusste ich, dass das nur Theater war. „In England hat er dir das Leben gerettet", rief ich und sah ihm geradewegs ins verzerrte Gesicht. „Er hat dich und Sadira beim Angriff der Naturi beschützt. Er hat euch beschützt."
    „Er beschützt uns sogar jetzt in diesem Moment", verkündete Elizabeth und erhob sich würdevoll von ihrem Thron. Auf ihrem bleichen, herzförmigen Gesicht lag ein Ausdruck unverhohlenen Erstaunens. „Seht. Sie wollte uns alle umbringen, aber er hat sie aufgehalten."
    Ihre Stimme hallte gespenstisch wie ein halb erinnerter Traum durch meinen Kopf. Alle drei Ältesten waren jetzt aufgestanden und starrten uns halb staunend, halb verwirrt an. Etwas Merkwürdiges war geschehen, und jeder Einzelne versuchte sich darüber klar zu werden, was es bedeutete. Ein berüchtigter Vampirjäger, der zahllose andere Nachtwandler getötet hatte, hatte wahrscheinlich soeben dem Konvent das Leben gerettet.
    Nicht gerade ein alltägliches Ereignis.
    „Schickt die Naturi raus!", bellte Danaus, während er mich immer noch umklammerte. Der Befehl gefiel Macaire nicht, aber er sah ein, dass es das Klügste war. Offenbar hatte ich mich in ihrer Gegenwart nicht unter Kontrolle. Auf ein Nicken des Ältesten hin rannte die zu Tode erschrockene Naturi aus dem Saal und warf die Tür hinter sich zu. Als sie fort war, ließ Danaus mich los. Er hatte beinahe all meine Kraft aufgezehrt, sodass ich auf alle viere fiel. Wortlos starrte ich zum Konvent hinauf. Ich hasste sie. Mit den Naturi machte man keine Geschäfte. Man sprach nicht mal mit ihnen. Man traf keine Vereinbarungen mit ihnen. Man tötete sie.
    Jabari und Elizabeth hatten gedankenverloren wieder Platz genommen, aber Macaire stand immer noch und wendete den stechenden Blick nicht einen Augenblick von meinem Gesicht. Ich konnte das kalte, stählerne Räderwerk in seinem Kopf beinahe surren hören, während er die Ereignisse aus jedem Blickwinkel analysierte. „Genug für heute", verkündete er mit plötzlich müde gewordener Stimme. „Ihr könnt jetzt gehen. Wir reden morgen weiter." „Was ist mit dem Siegel? Und der Triade?", rief ich und klatschte die Hand wütend auf den Marmorboden.
    Nichts war entschieden worden, und doch beendete er die Sitzung des Hofes für heute Nacht.
    „Wir müssen über vieles nachdenken", sagte Macaire und nahm wieder Platz. Wir reden morgen weiter."
    Fast hätte ich erneut protestiert. Ich hatte offenbar vollkommen den Verstand verloren, als die Naturi den Saal betreten hatte. Jeder, der noch bei Sinnen war, hätte sich aufgerappelt und wäre gegangen, dankbar, noch am Leben zu sein. Aber ich hatte Glück. In dem Moment, als ich den Mund aufmachte, hörte ich Macaires Stimme in meinem Kopf. Wir unterhalten uns später noch. Ich verstand. Macaire wollte ein Treffen unter vier Augen. Also schön. Das Ränkespiel war wieder eröffnet.
    Danaus wollte mir aufhelfen, aber ich schüttelte seinen Griff ab und erhob mich schwerfällig. Ich war wütend auf ihn und den Konvent. Hatte er das Richtige getan? Hatte er uns das Leben gerettet, als ich mein Temperament nicht hatte zügeln können? Hatte er mich davor bewahrt, mich in Jabaris Spiel hineinziehen zu lassen, wie immer es auch aussehen mochte? Ja, aber trotzdem war ich wütend. Letzte Nacht im Boot hatte ich mich bewusst für die Verbindung entschieden und ihm erlaubt, mich zu kontrollieren. Aber in den letzten Minuten hatte er mir keine Wahl gelassen und mich einfach überwältigt. Und im Moment war es mir völlig egal, ob das zu unserem Besten gewesen war.
    Ich wollte ihm die Kehle herausreißen, sehen, wie er sich blutend zu meinen Füßen wand. Mein Körper war missbraucht worden, erst von meinen eigenen Geschwistern und jetzt durch den Feind. Ich fühlte mich zutiefst besudelt. Ich war schlimmer als ein Gefährte geworden. Ich konnte mich nicht einmal gegen mein Schicksal auflehnen, sondern nur gehorchen.
    Noch mehr schmerzte mich, dass ich meine Wut nicht mal an Danaus auslassen durfte. Der Konvent und sein ergebener Hofstaat beobachteten uns scharf. Wenn ich mich gegen ihn wendete, konnte jeder von ihnen das als Aufforderung begreifen, auch ein bisschen Spaß zu haben, und ich war zu schwach, um sie alle abzuwehren. Außerdem hatte ich geschworen, ihn lebendig wieder aus Venedig hinauszuschaffen. Also waren wir für den Moment eine große, glückliche Familie.
    Schweigend marschierte unsere kleine Truppe - Danaus, Sadira und ich - aus dem Thronsaal und über die Insel zurück

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