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Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Titel: Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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auszuloten. Ich bereute die Zerstörung nicht, die ich in der Halle angerichtet hatte.
    Es tat mir nicht leid um das Leben, das ich ausgelöscht hatte, oder die Freude, die ich dabei empfunden hatte. Und es war nicht die Tat selbst, die an mir nagte - es war mein völliger Mangel an schlechtem Gewissen. Ich wusste nicht, ob es ein verkümmerter Überrest meiner Menschlichkeit war oder ob ich wirklich daran glaubte, aber etwas in mir schrie, dass ich über das Blutbad, das ich angerichtet hatte, entsetzt sein müsste.
    Aber ich war es nicht.
    Neben dem Schreien verspottete mich eine weitere, hinterhältigere Stimme. Vor fast zwei Jahrhunderten hatte Valerio mich gewarnt, dass wir unserer Natur nicht entkommen konnten - wir waren herzlos, grausam und brutal. Ich hatte Europa in dem Glauben verlassen, dass ich anders sein könnte. Ich konnte dem Schicksal entkommen, das mir meiner Meinung nach bevorstand.
    Weniger als vierundzwanzig Stunden nach meiner Rückkehr nach Venedig war ich vom Blut meiner Leute besudelt, badete in ihrer Furcht und lachte wie eine besessene Irre.
    Als ich mich der dunklen Insel näherte, drehte ich den Motor b und ließ das kleine Boot in den Liegeplatz gleiten. Ich war zu der einen Insel gekommen, auf der ich sicher sein konnte, dass ich ganz allein war. Hier lebte kein Mensch, und kein Vampir würde es angesichts des unablässigen Besucherstroms während der Tagesstunden wagen, sich hier zur Ruhe zu legen.
    Ich war nach San Michele gefahren - auf die Friedhofsinsel. Die gesamte Insel war von einer hohen roten Ziegelmauer umschlossen, und eine Reihe zierlicher weißer Stufen und Tore führte in das Heiligtum. Die Schatten auf der Insel waren tiefer, sie rührten von den zahllosen Zypressen her, die über die Mauer ragten. Der größte Teil der Insel war von Gräbern bedeckt, die von Grabsteinen unterschiedlichster Größe und Machart gekrönt wurden, vom traditionellen weißen Kreuz bis hin zu aufwendigeren Familiengrüften. Die Gehwege waren sorgfältig als Gitternetz angelegt, aber wegen der Platzbeschränkung waren sie schmal und zwangen die Besucher fast überall, einzeln hintereinanderzugehen.
    Geduckt arbeitete ich mich nach Osten vor. Mein letzter Besuch lag schon eine Weile zurück, aber ich erinnerte mich an einen kleinen Bereich, der als Park gestaltet war. Der Geruch von Jasmin und Rosen stieg mir in die Nase. Die dicke, feuchte Luft gab mir das Gefühl, ich müsste mir den Weg durch feuchte Baumwolle bahnen.
    Als ich um die letzte Ecke bog, gestattete ich mir beim Anblick eines kleinen Fleckchens Erde, der noch nicht in eine Ruhestätte für die Toten verwandelt worden war, einen leisen Seufzer. Der Park war nicht mehr so groß, aber immer noch groß genug, damit ich, umgeben von Zypressen und einem Paar Pappelhybriden, still dort sitzen konnte.
    Aber irgendetwas stimmte hier nicht. Ich hatte das Gefühl, nicht allein zu sein, obwohl ich mir dessen sicher war. Hier lebten keine Menschen, und Nachtwandler hatten keinen Grund, hierherzukommen. Trotz dieser Argumente durchleuchtete ich die gesamte Insel, aber ich spürte niemanden. Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar, schüttelte den Kopf und zwang mich dazu, auf die Lichtung hinauszutreten. Ich war völlig erschöpft von der langen Nacht und dem anscheinend endlosen Kampf mit den Naturi.
    Ich setzte mich auf den Boden und ließ das kühle Gras durch die Finger gleiten, während ich hoffte, dass die Stille auf der Insel auch meine Seele erfüllen und den Schmerz wegwischen würde, den die süße Erinnerung an Calla verursacht hatte. Durch die hohen Steinmauern konnte ich die Wellen in der Lagune nicht mehr hören, und die Glocken auf den Bojen klimperten nur noch schwach. Es gab nur noch mich, den Wind und den Tod.
    „Ich habe dich langsam satt, Prinzesschen", verkündete jemand über mir. Ich fuhr auf, verharrte auf Händen und Zehenspitzen und starrte in die Pappel hinauf, die in meinem Rücken stand. Aber ich musste ihn nicht erst sehen. Beim spöttischen Klang von Rowes Stimme schössen mir Tränen der Verzweiflung in die Augen. Ich war jetzt körperlich und geistig zu müde, um es mit dem Naturi aufzunehmen.
    „Verschwinde hier", knurrte ich, während meine Wadenmuskeln in der unbequemen Position, in der ich verharrte, zu zittern begannen. „Ich bin nicht hergekommen, um ausgerechnet dich zu treffen." Er schnaubte und richtete sich mit Leichtigkeit auf dem Ast auf, auf dem er vorher gesessen hatte. Seine großen schwarzen

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