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Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter

Titel: Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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die Höhlen zurück, in denen sich der Tempel des Mondes befand. Nur dass dort diesmal schon ein blasser, blonder Mensch auf mich wartete. Ich fragte nicht nach dem Wie oder Warum. Durch den Nebel des Schmerzes sah ich nur den Menschen, den ich am See getroffen hatte.
    „Du hast gesagt, sie würden dich töten", wimmerte ich, was meinem Gefährten ein finsteres Lachen entlockte.
    Rowe hatte mir gesagt, dass sie ihn töten würden, wenn ich nicht tat, was die Naturi mir befahlen. Er hatte mich angefleht, sein Leben zu retten, aber ich konnte meine Rasse nicht verraten, nur um das Leben eines Menschen zu retten. Als sie ihn holten, zerrte ich an den Ketten, mit denen meine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Ich versuchte sie in Brand zu setzen, aber ich war zu schwach. Ich konnte nur schreien und um mich treten, als die Naturi kamen, während mir Tränen über das schmutzige Gesicht liefen.
    Als sie meinen blonden Gefährten packten, hatte er sich hinuntergebeugt und mich geküsst. Ich erinnerte mich, wie weich seine Lippen gewesen waren und wie süß sein Mund nach wilden Beeren geschmeckt hatte. Ich konnte ihn noch riechen, eine Mischung aus Erde und Verzweiflung. Ein letztes Mal flehte er mich an, ihn zu retten, aber ich konnte nur um ihn weinen, als sie ihn hinausschleppten, und die Worte blieben mir im Halse stecken.
    Entsetzt starrte ich Rowe an, als diese Erinnerungen mit bestürzender Klarheit auf mich einstürmten. Ich hatte endlose Tränen um ihn vergossen, während die Schuld wie Säure an mir fraß. Ich hatte mich gezwungen, ihn zu vergessen, weil die Erinnerung mich fast vernichtet hätte. Ich hatte geglaubt, einen Unschuldigen geopfert zu haben, um mein Volk vor der Auslöschung zu bewahren.
    „Du magst mich vergessen haben, aber ich habe nie den Geschmack der Tränen vergessen, die du um meinetwillen vergossen hast", sagte er leise. Ich schlang die Arme um mich, während ich mich fast wie vor Schmerzen krümmte. Beinahe hätten sie mich mit einem Trick vernichtet, mich beinahe gebrochen. Selbst jetzt, nach so vielen Jahrhunderten, war der Schmerz, so unglaublich das auch sein mochte, noch nicht verheilt.
    Rowe lächelte mich einfach nur an und unternahm nichts, um mich aufzuhalten, als ich vor ihm zurückwich. „Das Schicksal hat es gewollt, dass du unsere ersten beiden Begegnungen vor so vielen Jahren überlebt hast. Eines Tages wird es mir nützen, dass du noch am Leben bist." Ich schüttelte den Kopf; es gab nichts zu sagen. Ich blinzelte Tränen der Erniedrigung weg, als ich langsam zum Eingang zurückwich. Jene Nacht am Machu Picchu spulte sich bei jedem Schritt aufs Neue in meinem Kopf ab und schürte meinen Hass auf seine gesamte Rasse.
    Ein tiefes Donnergrollen folgte mir zurück zum Boot, aber die Blitze blieben in den Wolken eingesperrt. Rowe lachte mich immer noch aus.

15
    Die Sonne kroch unter die Erde zurück, während sich die langen Lichtstrahlen in dem verzweifelten Versuch, in letzter Sekunde einen Ankerpunkt zu finden, am Himmel festkrallten. Die Welt seufzte und erschauderte, als sie die Umklammerung des Tages abschüttelte wie eine Haut, aus der sie herausgewachsen war. Ich sah zwar den unaufhaltsamen Abstieg der Sonne in die Dunkelheit nicht, aber ich konnte die Geburt einer neuen Nacht spüren. Die kaum merkliche Bewegung der Nachtwelt, das Gähnen und Recken, während sie sich für die nächtliche Jagd bereit machte, ließ mich erschauern.
    Tristan hatte letzte Nacht nach der Rückkehr vom Konvent stumm im Bett gelegen, verloren zwischen Sadiras Verrat und meinem Unvermögen, ihn zu beschützen. Ich war mir sicher, dass er in Gedanken die Zeit am Hof in allen blutigen Details immer wieder durchgespielt hatte. An diesem Ort der ewigen Nacht und des Schreckens war er dem Tod so nahegekommen.
    Ich hätte ihn nie mit Sadira allein lassen dürfen, aber ich hatte ihren Rachedurst vollkommen unterschätzt. Die Hofgesellschaft hätte ihn mit Leichtigkeit vernichten können, und Sadira hatte schon deutlich gemacht, dass er entbehrlich war, wenn sie mich damit brechen konnte. Tristan zu beschützen würde schwieriger werden, als ich angenommen hatte, und er hatte den Preis für meine Dummheit und meinen Stolz bezahlt.
    Was er im Thronsaal durchgemacht hatte, war meine Schuld. Wir wussten beide, dass keiner von uns jemals völlig frei wäre, bevor Sadira nicht endgültig tot war. Aber im Moment schlief er friedlich neben mir auf dem Bett, in der Fötushaltung zusammengerollt, sein

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