Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
einfasste. Doch nur wenige Minuten später fuhren wir schon wieder ab und bewegten uns auf einer Zufahrtsstraße Richtung Süden. Der Lykaner hielt vor einem Paar enormer Stahltore, die in einen riesigen Tunneleingang aus dunklen Ziegeln eingelassen waren, der rechts neben dem Highway in den Untergrund der Stadt zu führen schien.
Der Werwolf auf dem Beifahrersitz sprang hinaus und lief zu dem Tor. Rasch sperrte er das Vorhängeschloss auf und öffnete die Torflügel so weit, dass der Camry hineinfahren konnte. Als wir uns ins Innere vorwagten, schaltete der Fahrer die Scheinwerfer ein, aber die erhellten die Dunkelheit kaum, die in der unterirdischen Anlage herrschte. Und als der Gestaltwechsler das Tor hinter uns schloss, wurde es noch finsterer.
Ich beugte mich vor und konnte schwach den Sandweg und die Felswände der Anlage erkennen, die man unter diesem Teil der Stadt angelegt hatte. Hier und dort ächzten bröckelnde rote Ziegelbögen und Säulen unter der Last der Decke. Der Boden war mit großen Steinen übersät; ab und zu sah man auch eine Bierflasche, die die wechselnden Bewohner zurückgelassen hatten. Der Tunnel schien so alt zu sein wie die Stadt selbst und war es vermutlich auch. Ich hatte schon Geschichten über Piraten und Alkoholschmuggler gehört, die geheime Gänge zwischen dem Flussufer und ihren Verstecken in der Stadt benutzten. Tatsächlich endete einer angeblich unter dem Restaurant »Pirate House«, nicht weit entfernt von unserem Standort.
Ich merkte, wie sich meine Lippen zu einem spöttischen Lächeln kräuselten. Diese Tunnel erklärten, warum ich bei mehr als einer Gelegenheit die Anwesenheit eines Vampirs oder Werwolfs gespürt hatte, der sich unter der Erdoberfläche bewegte. Anfangs hatte ich gedacht, dass vielleicht einige der Gebäude in der Innenstadt mit Geheimgängen zu den unterirdischen Parkhäusern ausgestattet waren. Allerdings war ich bei vielen solchen Gelegenheiten zu weit vom Stadtkern entfernt gewesen, als dass mich diese Erklärung wirklich überzeugt hätte. Jetzt, da ich Bescheid wusste, hatten die Monster dieser Stadt einen Zufluchtsort weniger.
Neben mir glitt Nicolai aus dem Wagen. Ich stieg ebenfalls aus und ging hinten um den Wagen herum zu Nicolai, um den Scheinwerfern auszuweichen. Meine Augen hatten sich gerade erst an die Dunkelheit des Tunnels gewöhnt. Zwar hatte ich keine so scharfe Nachtsicht wie Lykanthropen oder Vampire, aber ich konnte unter diesen Umständen immer noch besser sehen als ein Mensch. Während ich langsam an Nicolais Seite trat, durchleuchtete ich mit meinen Kräften die unmittelbare Umgebung. Ich hatte keine Ahnung, wie weit der Tunnel noch reichte oder in welche Richtung er führte, aber ich konnte mir wenigstens einen Eindruck verschaffen, wer sich hier unten herumtrieb. Zu meiner Überraschung waren wir vier mit den Ratten ganz alleine.
»Warum bist du hier?«, blaffte eine raue Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehte, hatte mich der Lykaner, der den Wagen gefahren hatte, bereits umrundet und verschwand im Dunkeln. Nicolai lehnte sich neben dem linken Vorderrad gegen die Kühlerhaube des Wagens. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah zu Boden. Ich war hier, und damit hatte er seine Schuldigkeit getan.
Ich wandte Nicolai den Rücken zu und entfernte mich von dem Auto, auf der Suche nach einer Position, in der ich ein bisschen mehr Bewegungsspielraum hatte. Der andere Gestaltwechsler stand ganz in der Nähe zu meiner Linken.
»Du hast mich doch hierhergebracht«, rief ich in die Finsternis. Die Handfläche meiner Rechten kribbelte, als ich den Drang verspürte, nach dem Messer zu greifen, das in meinem Kreuz verstaut war, aber ich wollte nicht derjenige sein, der den Kampf lostrat.
»Warum bist du in Savannah? Warum bist du zurückgekehrt?«, fragte der zweite Lykaner. Der Stimme nach zu urteilen, war er jünger. Er hatte einen leichten Südstaatenakzent, so als hätte er sein ganzes Leben im südlichen Georgia verbracht.
»Wollte mal Urlaub machen.« Ich öffnete und schloss die Finger, um meine Hände in der beißenden Kälte der feuchten, modrigen Luft zu wärmen. Hier im Tunnel war es einige Grad kühler als auf dem besonnten River Walk, und mein Atem bildete kleine Wölkchen.
»Warst du deshalb auch im Sommer hier?«, fragte der Erste. »Im Urlaub? Gemütlich ein paar Vampire killen, und danach schießt du dich gepflegt im Tubby’s ab?«, fragte er, und bezog sich dabei auf eins der Restaurants unten am
Weitere Kostenlose Bücher