Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
antwortete ich und runzelte die Stirn. »Eigentlich nicht, aber so langsam glaube ich, dass es für uns alle das Beste wäre, wenn ich die Nachtwandlerin aufspüre.«
»Warum bist du dann überhaupt gekommen?«
»Wegen des toten Mädchens.«
»Steck die Pistole weg! Die Sache ist schon viel zu weit gegangen«, befahl Nicolai. »Geh und mach das Tor auf! Machen wir, dass wir hier wegkommen.«
»Nicolai!«, rief Shawn, obwohl er die Waffe bereits sinken ließ. »Wir sind hier noch nicht fertig.«
»Doch, sind wir«, erwiderte Nicolai heftig. »Er hat sie nicht gesehen.«
»Woher weißt du, dass er nicht lügt?«
»Tut er nicht. Warum sollte er?« Zum ersten Mal strich mir eine frische Kraftwelle über den Rücken. Der Geruch war dunkler und kräftiger als bei den anderen beiden Werwölfen. Als ich mich umdrehte, sah ich Nicolais Augen in einem dunkleren Kupferrot glühen und erstarrte. »Er hat Mira gejagt und überlebt. Wenn er sie getötet hätte, hätte er es zugegeben und uns dann alle umgebracht, um sich für die Unannehmlichkeiten zu rächen. Wir sind hier fertig.«
Wir verharrten nur ein paar Herzschläge lang Auge in Auge, aber in dieser kurzen Zeit spannte ich jede Faser meines müden Körpers an. Endlich legte Shawn die Pistole auf den Boden und trat zwei Schritte zurück. Rasch löste ich das Messer von der Kehle des Lykanthropen, den ich gepackt hatte, und ging rückwärts zum Wagen, während der Mann am Boden hocken blieb, sich die Seite hielt und seinen Hals massierte.
Ich hatte jetzt keine Zweifel mehr, dass Nicolai in seinem letzten Rudel Alpha gewesen war und dass Mira ihn hier in ein bestehendes Rudel gezwängt hatte. Das war schlecht. In keinem Rudel war Platz für zwei Leitwölfe. Dergleichen endete immer damit, dass einer von beiden starb.
»Rein mir dir!« Nicolais leise Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich ging um den Wagen herum und ließ mich vorne auf den Beifahrersitz fallen, während er sich hinters Steuer klemmte. Shawn lief voraus und öffnete die Stahltore. Der ältere Werwolf rührte sich immer noch nicht vom Fleck.
Auf dem Rückweg in die Stadt blinzelten wir ins Morgenlicht. Nicolais Rudelgefährten ließen wir zurück. Der blonde Werwolf sprach kein Wort, als wir die Stadt erreichten und er das Auto wieder dort parkte, wo er mich aufgelesen hatte. Die Uhr auf dem Armaturenbrett verriet, dass seitdem nicht einmal eine Stunde vergangen war, trotzdem fühlte ich mich, als wäre ich von einem Lastwagen überfahren worden.
»Wenn ich sie finde, sage ich ihr, dass sie sich bei dir melden soll«, bot ich an, als ich nach dem Türgriff tastete.
»Sag ihr einfach, sie soll Barrett anrufen«, entgegnete er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Er hatte die Augen geschlossen und legte das jugendliche Gesicht in angestrengte Falten. Ein uralter Vampir war ihm auf den Fersen, und er war gezwungen, in einem Rudel zu leben, in dem es bereits einen Alpha gab. Er konnte seine wahre Natur nicht ewig unterdrücken. Nein, ich beneidete Nicolai wahrhaftig nicht.
Ohne ein weiteres Wort stieg ich aus dem Wagen und machte mich auf den Weg ins Hotel. Mein Blick verharrte einen Moment an der Stelle, an der ich, kurz bevor die Werwölfe mich abgepasst hatten, dem Mädchen begegnet war. Sie hatte gesagt, so etwas habe es in Savannah noch nie gegeben. Wusste sie von den Vampiren und Lykanern? Halb wollte ich mich auf die Suche nach ihr machen und herausfinden, was sie wusste, aber das war so gut wie unmöglich. Ein einzelner schwacher Mensch in einer Stadt voller Menschen und wütender dunkler Kreaturen.
Auf dem Weg ins Hotel steckte ich die Hände in die Taschen und stemmte mich dem Wind entgegen, der durch die Straße fuhr. Es war längst so weit – der brüchige Friede war im Begriff, ein Ende zu nehmen, und Miras Verschwinden trug noch dazu bei. Ich musste noch mehr aus James herausbekommen, bevor ich weitermachen konnte.
4
James, diese kleine Ratte, hatte sein Handy ausgeschaltet, sodass ich direkt zur Mailbox durchgestellt wurde. Allerdings hatte er mir eine Nachricht hinterlassen, aus der hervorging, dass er und Ryan bereits auf dem Weg nach Savannah waren. Meine Befehle lauteten, mich bis zu ihrer Ankunft am späten Nachmittag ruhig zu verhalten.
Mit dieser Neuigkeit hatte ich nicht gerechnet, und sie trug nicht im Geringsten dazu bei, mich zu beruhigen. Ryan machte nicht einfach eine kleine Spritztour rund um die halbe Welt, bloß weil er gerade nichts Besseres zu tun hatte.
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