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Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin

Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin

Titel: Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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manches anders betrachten – sozusagen mit Katzenblick.
    Es galt jetzt nach vorne zu schauen. Darum dachte sie an Pu-Shen, der so dankbar für ihre Fürsorge war, an Chipolata, die kleine, tapfere Rauferin, an Iris, der sie wieder etwas vorflunkern musste, an Finn und Kristin, ihre Freunde, und an Nathan, den sie so viel fragen wollte.
    Und mit Unbehagen dachte sie daran, dass sie dem Sphinx begegnen würde.
    Sie liefen schnell, nicht so schnell zwar, wie Che-Nupet hätte laufen können, doch sehr zügig. Sie wollten noch vor Sonnenuntergang den Eingang zu den Grauen Wäldern erreichen. Und als die Sonne fast den Horizont berührte, standen sie vor dem nadelspitzen Felsen. Che-Nupet legte den Rucksack ab.
    »Machst du ganz schnell Mensch, Feli. Kannst du besser tragen.«
    »Hier schon?«
    »Wenn du willst. Guckt keiner zu, ne. Nur ich.«
    »Na gut, wenn du meinst. Was muss ich tun?«
    »Feli denken.«
    Feli betrachtete ihre Pfoten, drehte sich zu ihrem Schwanz um, putzte sich verlegen den Hals. Es war gar nicht so einfach, sich als Mensch vorzustellen. Beine, lange Beine, auf denen man stehen konnte. Glatte Haut. Hände. Es begann überall zu kribbeln, zerrte hier, zog da, bog sich und verschwamm vor ihren Augen. Sie schüttelte sich, dann fand sie sich auf allen vieren auf dem Boden kniend. Nackt und bloß.
    »Uch, das war komisch.«
    »Muss man üben. Hast du gut gemacht.«
    »Bin ich ganz da?«
    »Ganz Feli.«
    Etwas ungelenk machte sie den Rucksack auf und zog die Kleider an. Und mit einiger Gier verschlang sie eine Tafel Schokolade. Dann stopfte sie den leeren Rucksack in den anderen und nahm ihn auf den Rücken.
    »Gehen wir.«
    »Bleibst du nah bei mir, ne. Verlierst du mich, rufst du nach mir.«
    Das Zwielicht umgab sie, ebenso wie die Stille. Che-Nupet ging voraus, Feli folgte ihr dichtauf. Welche Wege die Katze beschritt, wusste sie nicht, und sie war froh, dass sie nicht wirklich alleine durch die Grauen Wälder gehen musste. Es sah alles so gleichförmig aus.
    »Woran erkennst du eigentlich, wo wir langgehen müssen, Schnuppel?«
    »Marken. Hab ich die Pfade gekennzeichnet. Siehst du, an den Borken.«
    Feli schaute genauer hin. Ja, an einigen Bäumen sah es so aus, als ob Kratzer in der Rinde waren. Doch hätte sie es ihr nicht gesagt, sie wäre nie darauf gekommen.
    Einmal blieb Che-Nupet stehen und sog prüfend die Luft ein. Dann bog sie nach rechts ab.
    »Kommen wir gleich zu dem Sphinx. Weißt du noch? Musst du auf den Boden, ne.«
    »Soll ich auch den Ring abnehmen?«
    »Nein, brauchst du. Aber höflich sprechen, ja?«
    »Selbstverständlich.«
    Und dann wurde der Pfad breiter und führte zu einem mächtigen Portal. Auf einer der Säulen, die es flankierten, saß der Sphinx. Unwillkürlich hielt Feli den Atem an. Che-Nupet legte sich vor ihm nieder, sie selbst ging auf die Knie und verneigte sich.
    »Was führt euch her in dieser Nacht?«, fragte der Geflügelte mit tiefer Stimme.
    »Die Bitte um Rat. Felina wünscht Eure Weisung.«
    Er hatte ein schönes Männergesicht, der Sphinx. Wie eine Statue wirkte er, ernst und streng. Und seine Augen musterten sie mit eindringlicher Schärfe.
    »Menschenkind, bist du bereit, meine Frage zu beantworten?«
    Feli schluckte. Was würde wohl passieren, wenn sie es nicht konnte? Das hatte sie völlig vergessen zu fragen. Hilflos sah sie zu Che-Nupet.
    »Kannst du, ne«, sagte sie leise. »Ist nicht schwer.«
    Also gut. Noch einmal verbeugte sie sich und antwortete dann: »Ja, ich bin bereit.«
    »So höre denn:
    Beim Kommen steigt es auf,
    beim Abschied sinkt es nieder.
    Gestreckt ist es im Lauf,
    So sieht man’s immer wieder.«
    Ach du liebes bisschen. Feli biss sich auf die Unterlippe. Was sollte das denn sein? Kalter Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn, und ihr Mund wurde trocken. Was stieg auf und sank nieder und streckte sich? Wasser stieg auf. Luft? Nein. Ein Ballon? Nein, nichts aus ihrer Welt, keine Technik. Etwas Natürliches. Ein Baum? Lief nicht. Lief? Gestreckt. Steigt auf beim Kommen?
    Plötzlich sah sie Pu-Shen vor sich, der mit hochaufgerichtetem Schwanz auf sie zulief, um sie zu begrüßen.
    War es wirklich so leicht?
    Sie blickte zu dem Sphinx auf und lächelte.
    »Der Katzenschwanz!«
    Che-Nupets Schwanz neben ihr peitschte hin und her.
    »Das ist die richtige Lösung. Was ist dein Begehr?«
    Feli unterdrückte den Ansturm der Erleichterung und versuchte sich zu konzentrieren. Den ganzen Weg über hatte sie schon an ihrer Frage gefeilt. Die

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