Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
Chip.«
»Was immer ich tun kann. Was ist passiert?«
Sie war eine Hübsche, stellte Tanguy fest. Ein bisschen sehr aufgebrezelt, aber süß. Und ein wenig hektisch.
»Sie und Pu-Shen haben sich mit einem Streuner geprügelt. Ich meine, Pu-Shen macht so was nicht. Er ist eigentlich ein Schisserkater.«
»Erkläre mir Schisserkater.«
»Uch, ach so, ja. Er ist ein Angsthase. Er läuft lieber weg, als sich zu hauen. Aber diesmal hat er richtig gekämpft. Ich habe es gesehen. Und dann ist Chip weggelaufen.«
»Wann war das?«
»Gestern Nachmittag. Und Chip ist noch immer nicht zurück. Ich dachte … ich meine, vielleicht weiß Nathan …«
»Wie man eine Katze findet?« Tanguy lachte leise in sich hinein. Das Mädchen war lustig. »Ich kann ja mal versuchen, dir zu helfen.«
»Echt, würdest du das tun? Ich meine, Finn hängt doch so an ihr. Ich habe schon in allen Gärten nach ihr gerufen.«
»Ist sie bei dem Streit verletzt worden?«
»Ich weiß es nicht. Müsste sie dann nicht zurückkommen?«
»Verletzte Tiere verstecken sich oft.« Er sah sich um. Garagen, Gartenhäuschen, vielleicht Keller. »Hast du schon bei den Nachbarn nachgefragt?«
»Bei Iris und dort nebenan. Sie bleibt meistens in der Nähe.«
»Was ist mit dem anderen Kater? Finn hat doch noch einen schwarzen Kater.«
»Ja … Ich weiß nicht. Ani oder so. Aber den habe ich nur einmal kurz gesehen. Ich bin doch erst seit Samstag zurück.«
»Er hat sich nicht mit dem Streuner angelegt?«
»Nö. Nur Pu-Shen und Chip. Ich weiß nicht, wo der sich rumtreibt. Er kommt nur zum Futtern, glaube ich.«
»Und was ist mit dem Streuner?«
»Iris hat ihn sich geschnappt. Sie war richtig gut. Decke drüber und ab in den Korb. Sie war ziemlich sauer, weil der hier schon ein paarmal rumgestrichen ist und ihr in die Wäsche gepinkelt hat.«
»In die Wäsche?«
»Ja, die sie zum Trocknen aufgehängt hat.«
Kurios, diese Angelegenheit. Tanguy konnte sich so recht keinen Reim darauf machen, aber vielleicht konnte er helfen, die Katze zu finden. Er ließ sich den Kampfplatz zeigen und die Richtung, in die Chipolata davongelaufen war. Unter dem Zaun durch, soweit er es erkennen konnte. An einer der Holzlatten gab es eine kleine Blutspur. Über die Straße? Vermutlich. Einfamilienhäuser reihten sich aneinander, Gärten mit Hecken und Zäunen, parkende Autos. Schwierig, da einer Fährte zu folgen.
»Geh du in die Richtung, ich versuche es hier«, schlug er Kristin vor.
»Hab ich doch schon alles abgeklappert.«
»Geklappert?«
»Nachgeschaut.«
»Dann klapper noch mal.«
Sie zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg. Tanguy schlug die entgegengesetzte Richtung ein und schalt sich einen Idioten. Wie sollte er in einer ihm völlig unbekannten Gegend eine ihm völlig unbekannte, vermutlich verletzte Katze finden?
Dann war es allerdings der schwarze Kater, der ihm zu Hilfe kam. Er saß im Geäst eines ausladenden Lindenbaumes und miaute lauthals, als Tanguy sich näherte. Er sah hoch. Der Kater starrte ihn an und fegte mit der Pfote an seinem Ohr entlang. Darin schimmerte Gold.
»Ani?«
»Mau!«
Wenn Finns wunderliche Geschichten stimmten, dann würde dieses Tier ihn verstehen.
»Ani, wo ist Chipolata?«
Der Kater hangelte sich von Ast zu Ast nach unten, sprang auf den Boden und strebte leise maunzend die Hecke entlang. Tanguy folgte ihm.
Tiere hatten ihre eigene Intelligenz.
Der Kater blieb stehen. Eine Einfahrt, das Tor geschlossen. Möglich war es.
Tanguy drehte sich um und hielt nach Kristin Ausschau. Sie kam eben aus einem anderen Garten. Er winkte ihr, sie begann zu laufen.
»Wer wohnt hier?«, fragte er, als sie leicht schnaufend bei ihm anhielt.
»Beckmanns. Ziemlich tuttelige Alterchen.«
»Ist das Ani?«
»Oh. Mhm, ja, ich glaube schon.«
Der Kater umgurrte ihre Beine.
»Dann besuchen wir sie mal.«
Kristin drückte das Törchen auf und marschierte auf die Haustür zu. Eine alte Dame, die weißen Haare wie Watte um den Kopf gebauscht, öffnete nach geraumer Zeit. Tanguy hielt sich im Hintergrund, während Kristin ihr Anliegen vortrug. Der schwarze Kater maunzte und maunzte an seiner Seite.
»Ist schon okay, Ani. Warte noch einen Moment.«
Jetzt ging die Frau ins Haus, kam mit einem Schlüssel zurück und öffnete mühselig das Garagentor. Kristin schlüpfte hinein und kam gleich darauf wieder. Ani lief los. Tanguy folgte ihm.
»Sie ist hier. Sie ist wirklich hier. Hat sich in einem alten Korb versteckt.«
»Gut.
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