Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
sauber ist es auch. Er hatte eine Katze.«
»Spuren davon gefunden?«
»Nur auf dem Sofa. Ist das wichtig?«
»Ich denke schon. Aber die Quittung ist wichtiger.«
»Nachlässig.«
Finn nickte.
»Wir lassen den Rest am besten Nathan machen. Er kann über die vergrabenen Kleider und Papiere den Tipp an die Polizei geben.«
»Einverstanden.«
»Wir sollten uns aber noch mal im Wald umsehen.«
»Was glaubst du, hat der Mann im Dolmen gemacht? Gibt es darunter eine Höhle oder so was?«
»Ich erkläre es dir dort.«
Nathan war nach dem Bericht, den Tanguy ihm erstattet hatte, einverstanden damit, der Polizei die Tüte mit den Kleidern zu übergeben.
»Georgie, Nerissas Ex, vergiss den nicht zu erwähnen. Er war an der Haltestelle damals, und Sebusch kennt ihn. Vielleicht hat er den Rucksack in den Bus gebracht.«
»Keine Sorge, ich kann mir einigermaßen ein Bild von dem Ablauf machen«, sagte der Förster grimmig.
Schweigsam nahm Tanguy zusammen mit ihm und Finn ein Mittagessen ein. Die Kopfschmerzen, die ihn ständig plagten, waren weit erträglicher geworden, eigentlich hatte er sie in den letzten Stunden gar nicht mehr richtig gespürt. Sein Kopf fühlte sich klarer als seit Tagen an, und seine Sinne schienen schärfer zu werden. Vielleicht war es ganz richtig, dass er hergekommen war. Vielleicht war es auch dieses seltsame Gefühl der Vertrautheit, das ihn mit einem Fremden wie Finn verband. Aus welchem Grund auch immer hatte der die dunkelste Seite seines Lebens erkannt und angesprochen. Ohne damit irgendwelchen schamanischen Blödsinn zu verbinden. Dass Finn offenbar seine drückende Angst akzeptiert hatte, machte Tanguy es im Augenblick leichter anzuerkennen, was geschehen war.
Der Tod des Berglöwen hatte etwas an ihm verändert.
Seine Zähne waren in seinen Nacken eingedrungen und hatten sein Gehirn verletzt. Die Ärzte hatten ihn gewarnt, dass er eine Zeit lang möglicherweise Halluzinationen haben könnte. Aber da hatte er noch gedacht, dass die sich vielleicht als Sehstörungen oder in verändertem Hören bemerkbar machen würden. Dass er körperliche Halluzinationen haben würde, daran hatte er nicht geglaubt. Aber genau die waren eingetreten. Es gab Zeiten, in denen er zum Puma wurde. Er spürte das Fell auf seinem Körper, die Reißzähne in seinem Gebiss, die Krallen an seinen Pfoten. Er nahm die Witterung der Menschen und Tiere auf und konnte in der Dämmerung deutlich sehen. Es war, als ob sein Körper ihn zwang, auf allen vieren zu laufen.
Es war einfach entsetzlich.
Noch viel schrecklicher aber war das Rufen.
Dem widersetzte er sich mit aller Gewalt, und das brachte ihm diese höllischen Kopfschmerzen ein.
Nathan hatte von der Geisterwelt gesprochen. Dort, wohin sich die Schamanen auf ihren Reisen begaben und ihre Krafttiere suchten. Waren das solche Halluzinationen?
Sein Onkel hatte einst selbst eine entsetzliche Katastrophe erlebt, einen Waldbrand, dem er mit knapper Not entkommen war. Die körperlichen Verletzungen waren verheilt, aber er war, so hatte er ihm erzählt, anschließend von furchtbaren Träumen verfolgt worden. Angeblich hatte ihn Tanguys Großvater davon geheilt. Und Nathan hatte dabei einen Tiergeist gefunden. Einen, den er Wingcat nannte. Eine geflügelte Katze.
Märchen, Mythen, Hirngespinste.
Oder?
Nathan wollte, dass er sich dem Cougar stellte.
Aber davor hatte er viel zu viel Angst.
Angst, deren er sich schämte.
Was wusste Finn?
Nathan stellte die leer gegessenen Teller zusammen, und Tanguy erhob sich, um sich um den Abwasch zu kümmern. Finn widmete sich währenddessen der Tüte mit den Kleidern und sah sie nochmals gründlich durch.
»Gehen wir zum Dolmen, Tan«, sagte er schließlich.
»Tut das, ich fahre zur Polizei«, meinte Nathan.
Kurz darauf folgte Tanguy Finn durch den Wald. Nicht über die befestigten Wege, sondern auf Wildpfaden oder zwischen den Bäumen hindurch. Der Junge bewegte sich umsichtig, fiel ihm auf. Beinahe lautlos, vorsichtig und dennoch zügig. Einmal blieb er stehen und wies wortlos mit dem Finger auf einen Baum. Ein graubrauner Waldkater kauerte in einer Astgabel, kaum zu erkennen, aber mit wachsamem Blick.
Sie gingen weiter, er achtete auf Spuren, genau wie offensichtlich Finn. Rotwild, Füchse, Wildschweine – keine menschlichen Fährten.
Dann erreichten sie die Steine. Und Tanguy fühlte einen Schauder. Auf dem Deckstein saß ein schwarzer Kater, der – wie irre war das denn? – einen goldenen Ring im Ohr
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