Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
trug.
»Hallo Pepi!«, sagte Finn, und das Tier maunzte.
»Ihr kennt euch?«
»Ja«, war die kurze Antwort, dann bückte sich Finn und betrachtete die Erde neben dem Eingang des Dolmens. Auch Tanguy wurde aufmerksam. Seit er gestern die Tüte ausgegraben hatte, war etwas verändert worden. Nicht viel, aber offensichtlich hatte ein Tier an der Stelle gescharrt.
»Was suchst du, Finn?«
»Katzenspuren.«
»Warum?«
»Weil wir nach einer Maine-Coon, grau mit weißem Kragen, Ausschau halten müssen.«
»Die Katze von Sebusch?«
»So kann man sagen.«
»Warum sollte die sich hier herumtreiben?«
»Im Wohnheim war sie ja nicht, oder?«
»Hey, ich versteh das nicht ganz. Was soll das beweisen?«
Finn lehnte sich an den Felsen und schwieg nachdenklich. Dann antwortete er zögernd: »Kann doch sein, dass die Katze uns zu ihm führt?«
»Ein Hund würde das vielleicht tun.«
»Schauen wir einfach mal. Ich glaube, hier beginnt die Spur. Was meinst du?«
Es war zwar an den Haaren herbeigezogen, aber warum nicht? Tanguy war neugierig, wie es um das Fährtenlesen bei Finn bestellt war. Vielleicht war es so eine Art Wettkampf zwischen ihnen beiden. Und das war ihm mehr als recht.
Es gab Anzeichen – hier ein Pfotenabdruck auf dem weichen Boden, da ein paar Haare, die sich an einer Ranke verfangen hatten, ein frischer Kratzer an einer Baumrinde. Überraschenderweise schlich der schwarze Kater, den Finn Pepi nannte, ständig um sie herum und schnüffelte. Auch er schien die Spur zu verfolgen. Wahnsinn, eine Katze als Spürhund einzusetzen. Aber zugegeben, der Kleine war fit. Er fand die Stellen, wo der andere markiert hatte, wies ihnen zweimal, als sie sich unsicher waren, den Weg. Als sie an der befahrenen Straße angekommen waren, ließ er sich sogar von Finn hochnehmen und legte sich wie ein Kragen um dessen Hals.
»Gefährlich für eine Katze«, meinte Tanguy, während der Verkehr an ihnen vorbeirauschte.
»Ja, weshalb wir einen Umweg wählen müssen. Dahinten befindet sich eine Fußgängerbrücke.«
»Du bist nicht schlecht im Spurenlesen.«
Finn grinste ihn an.
»Danke gleichfalls. Hast du es von deinen Leuten gelernt?«
»Mhm. Und du?«
»Von Freunden. Und von Nathan.«
»Dein Vater ist auch Jäger?«
Tanguy bemerkte, dass Finns Miene sich verdüsterte.
»Nein.«
Sie kannten sich gerade mal zwei Tage, zu große Vertraulichkeit war nicht zu erwarten. Tanguy erzählte beiläufig von seiner Familie in New Brunswick, von dem indianischen Zweig, dem sein Vater angehörte, dessen Schwester einst mit Nathan verheiratet war.
»Er hat nicht viel von seiner Familie erzählt«, sagte Finn. »Ich wusste nur, dass er in Kanada einen Mann gefunden hat, der ihn zum Schamanen ausgebildet hat. Das war dein Großvater, nicht wahr?«
»Ja.«
Auch er konnte einsilbig sein.
»Was ist mit Nathans Frau passiert?«
»Unfall. Sie und ihr Sohn starben dabei. Danach ist Nate zurück nach Deutschland gegangen.«
»Gott, das tut mir leid. Wann ist das geschehen?«
»Vor sechzehn Jahren ungefähr.«
Sie hatten die Brücke überquert und wanderten auf dem Radweg neben der Straße zu der Stelle, an der sie von der gegenüberliegenden Seite aus den Wald verlassen hatten. Pepi zappelte auf Finns Schulter, und er ließ ihn nach unten.
»Okay, nehmen wir die Fährte wieder auf.«
»Glaubst du wirklich, dass dieser Pepi da genau den Kater wittert, den wir suchen?«
»Ja.«
Wieder stieß sich Tanguy an der einsilbigen Antwort, sagte aber nichts dazu. Er suchte die Gegend ab. Hier wurde es schwierig. Hinter dem Radweg begann ein Grünstreifen, dann kam eine begrünte Schallschutzmauer.
»Ich vermute, er ist da rüber und dann in die Gärten«, meinte Finn schließlich. Pepi schnüffelte an einem Überholverbotsschild und maunzte etwas.
»Na dann los. Zu Ani. Du kennst den Weg.«
Der Kater sprang die Mauer hinauf und verschwand.
»Versteht der dich?«
»Ja.«
Genervt schüttelte Tanguy den Kopf.
Finn legte ihm den Arm um die Schulter.
»Gehen wir zurück. Ich versuche, es dir zu erklären.«
»Was genau?«
»Was es mit den Katzen auf sich hat.«
»Okay. Los.«
»Du stimmst mir zu, dass zwischen Mensch und Tier eine Verständigung möglich ist, ja?«
Das konnte Tanguy nun beim besten Willen nicht leugnen. Er hatte von Kindheit an mit Tieren zusammengelebt, mit Hunden und Pferden kam er hervorragend zurecht, und oft genug hatte er wilde Tiere beobachtet und dabei bemerkt, auf welch subtile Art sie miteinander
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