Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
steigen, hat Bastet Merit befohlen, und jeder, der das tut, braucht einen Beistand, der dafür sorgt, dass das Ritual auch richtig ausgeführt wird. Ich habe vorgeschlagen, dass mein Vater dich begleitet. Ist dir das recht?«
»Amun Hab selbst? Hat er keine andere Aufgabe bei der Zeremonie?«
»Doch, aber du bist ja eigentlich keine von uns …«
Nein, eigentlich war sie ein Mensch. Feli kratze sich an dem Ohr, in dem der Ring baumelte.
»Hat meine Großmutter eigentlich auch mal an einer solchen Zeremonie teilgenommen?«
»Keine Ahnung. Als sie hier war, war ich noch nicht geboren.«
»Wie alt bist du, Nefer?«
»Achtundzwanzig Jahre.«
Hundert Jahre jünger als Che-Nupet. Feli fragte sich, ob er das wusste. Sagen würde sie es ihm nicht. Man verriet das Alter einer Dame nicht. Aber ihr fiel etwas ein.
»Che-Nupet könnte mich doch auch begleiten, oder?«
Es war so etwas wie ein lässiges Schulterzucken, das Feli an Nefer wahrnahm, als er sagte: »Jeder sucht sich seinen Betreuer selbst.«
»Dann gehe ich sie mal suchen.«
»Sie sitzt am Wasserfall und zählt Bläschen.«
»Aha.«
»Sie spinnt eben ein bisschen, das weißt du doch.«
»Ja, ja, ne.«
»Heiliger Sphinx, fang du nicht auch noch so an.«
Feli lachte und lief am Ufer entlang zu der Stelle, wo der Dour Siron vom Menez Penn hinunterstürzte und schäumend auf das Wasser des Sees auftraf.
Che-Nupet starrte versonnen auf den Schaum, der sich dort bildete und murmelte: »Dreimal Kralle vier, dreimal Kralle drei, dreimal Kralle zwei …«
»Schnuppel?«
»Nicht stören, ne.«
»Doch, Majestät will, dass du kommst.«
»Mag nicht.«
»Gut. Aber was machst du hier?«
»Üb ich, ne. Bin ich nicht gut mit.«
»Mit zählen?«
»Weißt du doch.«
Feli überlegte. Richtig, mit Zahlen schien ihre Freundin auf Kriegsfuß zu stehen. Irgendwie verwendete sie ihre Krallen dafür, und da sie immer nur vier pro Pfote nutzte, schien sie ein Hexadezimalsystem einzusetzen. Na ja, damit hätte sie selbst auch ein Problem, befand Feli.
»Du könntest das Dezimalsystem verwenden«, schlug sie vor.
»Ist zu einfach, ne. Mach ich mit Kralle.«
»Okay, verstanden. Du, bei der Zeremonie, da soll mich Amun Hab begleiten.«
»Macht er?«
»Vermutlich. Aber ich hätte viel lieber eine Freundin an meiner Seite. Du weißt doch bestimmt, was zu tun ist.«
Che-Nupet drehte sich zu ihr um. Ihre waldseegrünen Augen leuchteten im Licht der untergehenden Sonne.
»Ist nicht schwer. Nur ins Wasser gehen.«
»Okay, wenn du das nicht möchtest, kann ich es verstehen.«
»Macht mir nichts, ne. Nur die vielen …« Dann setzte sie sich auf und straffte sich. »Führ ich dich. Machen wir zusammen.«
»Du bist eine so gute Freundin, Schnuppel.«
Wumms! Ihre Nase drückte sich auf die von Feli.
»Danke. Dann komm mit, damit Mima dich hübsch machen kann. Das Tuch mit den Schmetterlingen wartet auf dich.«
Die Nacht war sternenklar, und ein halber Mond badete im stillen Wasser des Lind Siron. In einer seichten Bucht hatten sich die Würdenträger versammelt, und als Majestät durch die sich bildenden Reihen schritt, setzte ein gewaltiges Schnurren ein. Einen Augenblick blieb die graue, schwarz gefleckte Katze am Wasserrand stehen, silbrig schimmernd das Fell, wie von einem geheimnisvollen Licht glühend das Ankh an ihrem schlanken Hals.
Bastet Merit sah über ihr Volk, setzte sich aufrecht hin und stimmte einen volltönenden Gesang an. Ihr Volk antwortete in gleicher Weise, und Feli bemühte sich ebenfalls, ihrer Kehle die passenden Töne zu entlocken. Ob es Worte waren oder nur Laute, wusste sie nicht, aber der Wechselgesang klang erhaben und beeindruckend. Wieder stieß Majestät ein vibrierendes Geheul aus, doch diesmal blieb der Chor stumm.
Bis auf Che-Nupet.
Sie hub zu einem exquisiten Gesang an, der weit über den See hallte wie bronzene Glocken.
Alles Fell stellte sich Feli auf, sie hatte das Gefühl, dass es zu knistern begann.
Der letzte Ton verhallte, Schweigen lag über den Versammelten.
Majestät erhob sich in der Stille und schritt mutig in den See, bis das Wasser ihr zum Hals reichte und das Ankh bedeckte. War es tatsächlich so, dass das Wasser um sie zu leuchten begann? Oder lag es am Licht von Mond und Sternen?
Es war müßig, darüber zu grübeln. Was geschah, geschah eben. Schnurren erfüllte die Luft, als der erste Ohrringträger von seinem Begleiter zum Wasser geführt und langsam hineingeleitet wurde. Wie unangenehm es ihm war,
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