Jagd auf eine Bestie 1. Teil: Thriller (German Edition)
möglich zu wirken. Allerdings waren die beiden, genau wie er selbst, erfahren genug, um zu merken, dass dort jemand auf sie zukam den sie nicht unterschätzen sollten und der auch irgendwie nicht so recht in diese Ausstellung passte. Sofort rückten sie näher an die Contessa heran. Kerner trat vor sie und lächelte sie an.
» Guten Tag, Contessa de Vigiani. Ich muss sagen, ich war begeistert von Ihrem Vortrag und gebe zu, dass ich es kaum erwarten konnte, vielleicht ein wenig Ihrer Zeit für mich alleine beanspruchen zu dürfen, um mit Ihnen durch die Ausstellung zu gehen. Ich darf mich übrigens vorstellen. Mein Name ist Victor Baranow, geboren in Moskau und aufgewachsen in Berlin.« Kerner überreichte der Contessa eine Visitenkarte. Die Karte wies ihn als Kunsthändler aus. Der Name sowie die Berliner Adresse auf der Karte waren eine perfekte Legende, die Kriminalrat Herzog ihm in den letzten Tagen beschafft hatte. Auch die entsprechenden Papiere führte er bei sich. Kerner durfte sich sicher sein, dass sie einer Überprüfung in jedem Fall standhalten würden. Es kam jetzt also alleine auf ihn und sein Geschick an, ob es gelingen würde, einen Fuß in den Hochsicherheitsbereich der Vigianis zu setzen.
Die Contessa nahm die Karte und warf einen Blick darauf. Dann reichte sie Kerner ihre Hand. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mister Baranow. Es wird mir ein Vergnügen sein, Sie auf einem Rundgang durch die Ausstellung zu begleiten.« Wieder trafen sich ihre Blicke. Eine eigenartige Atmosphäre entstand, wie Kerner sie lange nicht mehr verspürt hatte. Er bekam auf einmal das Gefühl, als ob ihm diese doch vollkommen fremde Frau sehr vertraut war. Unverfänglich über die Bilder der Ausstellung plaudernd, schlenderten sie zusammen durch die Galerie. Die beiden Bodyguards folgten in kurzem Abstand, und Kerner spürte ihre argwöhnischen Blicke in seinem Rücken. Bei seiner Unterhaltung mit der Contessa bemühte er sich, das Thema immer in eine Richtung zu lenken, die nicht auffallen ließ, wie begrenzt sein Wissen im Bereich der Kunst doch war. Eloquent und akribisch auf diesen Auftritt vorbereitet, gelang es ihm jedoch fast mühelos. Aus dem Mann vom BKA war mit Haut und Haaren der weltgewandte Kunsthändler Victor Baranow geworden. Nach einer ganzen Weile, in der er sich angeregt mit der Contessa unterhalten hatte, legte er schließlich seinen Köder aus. Im selben Moment kam er sich dieser Frau gegenüber wie ein Betrüger vor.
Zu sehr war Kerner innerhalb der letzten halben Stunde von der Contessa beeindruckt worden. Nur, einen anderen Weg gab es nun einmal nicht. »Sagen Sie, Contessa, haben Sie eigentlich schon einmal etwas von Tarquinius und Lukretia gehört?« Die Contessa lächelte vor sich hin. »Selbstverständlich, Mr. Baranow. Der Königssohn Tarquinius, der die schöne Bürgerstochter Lukretia entehrt. Eines der Frühwerke von Rubens und wohl eines seiner schönsten. Einst hing es im Schloss Sanccouci in Potsdam. Im Krieg wurde es 1942 nach Schloss Rheinsberg ausgelagert. Von dort ist es wohl von einem russischen Offizier gestohlen worden. Danach war dieses Bild rund sechzig Jahre lang verschollen. Erst kürzlich tauchte es plötzlich wieder auf. Es befand sich im Besitz eines reichen Geschäftsmannes aus Moskau, dem enge Beziehungen zur Russenmafia nachgesagt werden. Nachdem es bekannt wurde, musste er das Bild den russischen Behörden ausliefern.
Heute hängt es in der Eremitage von St. Petersburg. Das Bild wurde von den Deutschen zurückverlangt, jedoch ist es nach Ansicht der Russen, wie vieles andere, als Reparationsleistung für den Krieg anzusehen. Einer Rückgabe wurde daher nicht zugestimmt. Der Wert dieses Bildes dürfte sich auf achtzig bis einhundert Millionen $ belaufen. Laut den russischen Behörden ist es jedoch unverkäuflich.« Die Contessa lachte plötzlich. »Glauben Sie mir, Mr. Baranow, sonst hätte mein Vater dieses Bild schon lange, und es würde vielleicht jetzt hier vor Ihnen hängen. Nun, ich hoffe doch, dass meine Zusammenfassung korrekt war, Mr. Baranow?« Kerner blieb stehen, und ein hintergründiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Leise klatschte er Beifall. »Contessa, Sie sind ein wandelndes Lexikon in Sachen Malerei. Nur eine Kleinigkeit ist falsch an Ihren Ausführungen. Haben Sie sich nie gefragt, warum dieses Bild so unverkäuflich ist? Nun, dann will ich es Ihnen sagen. Es ist … eine Reproduktion, ... ein Plagiat! Das Bild ist nach wie
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