Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
Leinwand spannen können. Ansehen möchte ich es mir gerne erst morgen früh. Wissen Sie, es ist immer noch das Tageslicht, welches eine ganz eigene Faszination von einem Bild ausgehen lässt.«
Kerner war einverstanden. Nachdem der Conte zwei seiner Männer mit allem beauftragt hatte, begaben sich die drei in den kleinen Salon, in dem Maria bereits dabei war , das Essen aufzutragen. Als sie zu Tisch saßen, begann der Conte Kerner eine ganze Menge Fragen zu stellen. Er wollte alles Mögliche sowohl zu dem Bild, aber auch zu allgemeinen Dingen wie Kerners Herkunft und seinem gesellschaftlichen Umfeld wissen. Kerner hatte sich wirklich gut auf diese Rolle vorbereitet. Mehr und mehr gelang es ihm, den anfänglichen Argwohn des Conte abzubauen. So entwickelte sich im Laufe des Abends eine immer gelöstere Unterhaltung, in der der Conte hauptsächlich von Bice erzählte. Sie hatte wohl in ihrer Jugend schon allen im Haus graue Haare bereitet. Ihre abenteuerlichen Eskapaden waren oft Schuld an einem heillosen Durcheinander bei den Vigianis gewesen. Schnell merkte Kerner, wie innig das Verhältnis zwischen dem alten Conte und seiner Tochter war, und mehr und mehr überkam ihn eine große Angst. Was, wenn Bice erfuhr, wer er wirklich war?
Seinen Sohn Ferruccio erwähnte der Conte im Verlauf der Unterhaltung nur am Rande. Vorsichtig versuchte Kerner, sich etwas vorzutasten. »Sagen Sie Conte, ich habe im Laufe unserer Unterhaltung nur heraushören können, dass Ihr Sohn ein sehr viel beschäftigter Mann und im Moment selten Zuhause ist. Welche Art von Geschäften betreibt er denn zurzeit?« Das eben noch heitere Gesicht des Conte nahm schlagartig andere Züge an. Er lehnte sich etwas zurück und sah Kerner scharf an. »Mr. Baranow, ich möchte von Ihnen nicht wissen, wie Sie Ihr Geld verdienen. Ich kann es mir jedoch denken.« Es war eine unverhohlene Anspielung auf das unrechtmäßig in Kerners Besitz befindliche Bild. Zugleich gab ihm der Conte deutlich zu verstehen, dass er an einer Konversation mit ihm, die über ein allgemeines Geplänkel hinausging, nicht interessiert war. »Also Mr. Baranow, es wäre besser, wenn Sie sich nicht für die Angelegenheiten meines Sohnes interessierten. Er tut, was Geschäftsleute tun, was Sie auch tun: Er verdient Geld. Übrigens, sollte Sie das etwa beunruhigen, weitaus mehr, als man braucht, um kaufen zu können, was Sie anzubieten haben. Ich denke, dass Sie mich verstanden haben, Mr. Baranow!« Bice sah einen Moment lang geschockt zu ihrem Vater hinüber. Die heftige Reaktion war ihr unverständlich. Etwas irritiert versuchte sie, die angespannte Situation aufzulockern. »Also bitte, jetzt hört auf. Nichts mehr von Geschäften und nichts über Politik. Wisst ihr eigentlich schon, wie schnell wir heute mit der Bice unterwegs waren? Es waren 51 Knoten. Das heißt, sie ist die schnellste Jacht auf dem Lario.« Der angespannte Ausdruck auf dem Gesicht des Conte verschwand langsam wieder und wich einem Lachen. »Da hören Sie es, Mr. Baranow. Sie muss immer die Grenzen austesten. Schneller, höher, weiter … so war sie schon immer.«
Mehr oder weniger belanglos setzte sich die Unterhaltung noch eine Weile fort, und Kerner vermied es dabei, den Sohn des alten Conte noch einmal zu erwähnen. Es war mittlerweile schon spät, und Donatello Vigiani stand auf. »Es tut mir leid, aber für mich ist es an der Zeit. Ich muss meine Medikamente nehmen und mich hinlegen. Mr. Baranow, wir sehen uns morgen früh. Dann werden wir gemeinsam das Bild in Augenschein nehmen.« Er gab Bice einen Kuss und zog sich dann zurück.
Als er das Zimmer verlassen hatte, sah Bice Kerner entschuldigend an. »Du darfst meinem Vater nicht böse sein, Victor. Er meint es oft nicht so. Es ist nun einmal seine Art, die Dinge immer beim Namen zu nennen und bei Geschäften ganz besonders. Seitdem dieser verdammte Krebs an ihm frisst, ist er auch zunehmend reizbar. Er wittert immer gleich hinter allem und jedem eine Gefahr. Ich denke das ist so, weil er keine Kontrolle mehr über manche Dinge hat. Die hat er in die Hände Ferruccios gegeben, und, obwohl er es stets verneint, es ist ihm glaube ich schwer gefallen. Mach Dir also bitte nichts daraus, wenn er manchmal verletzend ist. Er ist ein alter, sterbenskranker Mann, und er ist mein Vater.«
Kerner sah Bice mit einem Blick an, den sie wohl kaum zu deuten wusste. »Ich bin absolut nicht böse, Bice. Glaub mir, ich weiß vielleicht besser, als Du denkst, was
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