Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
können wir fahren.« Und tatsächlich, kurz darauf ertönte in der Nähe eine grässliche Hupe. Aus einem alten Geländewagen, der fast nur noch vom Rost zusammengehalten wurde, winkte ihnen Pepe zu. Ramon schlug sich auf den Kopf. »Mama mia«, kam es entsetzt aus ihm heraus, und gerade wollte er aufstehen und den Mann wegjagen. Bice hielt ihn fest. »Nicht Ramon. Er ist bestimmt froh, sich etwas verdienen zu können.« Sie machte eine Kopfbewegung in Pepes Richtung, der grinsend in seinem Vehikel saß. »Außerdem wird's bestimmt lustig.« Ramon rollte mit den Augen und hob die Hände in die Luft. Er gab auf. Gemeinsam gingen sie hinüber zum Wagen und stiegen ein. Nachdem sie eine Zeit lang unterwegs waren, wurde die Straße enger und steiler. Die Abgründe, die links und rechts auftauchten, rückten immer näher. Ramon, der vorne auf dem Beifahrersitz saß, hatte dicke Schweißperlen auf der Stirn, während Pepe in den falschesten Tönen italienische Volkslieder sang. Zwischendurch erzählte er die schlimmsten Schauergeschichten über die einsame und vergessene Bergwelt, durch die sie fuhren. Kerner und Bice saßen eng beieinander auf der hinteren Sitzbank und genossen die Aussicht. Obwohl es dem Wrack, in dem sie unterwegs waren, niemand so recht zugetraut hätte, erreichten sie schließlich ohne Zwischenfall ein kleines Plateau. Alle stiegen aus, und Pepe zeigte auf einen schmalen Pfad, der in eine enge Bergschlucht führte. Von hier aus gingen die drei ohne ihn weiter.
Entlang steil aufragender Wände kletterten sie über einen schmalen Zickzackweg den Felsen hinauf. In der Nähe hörte man das tosende Rauschen eines Wasserfalls. Sie waren schon fast eine ganze Stunde lang unterwegs, als sie um eine scharfe Biegung kamen. Vor ihnen lag eine jahrhundertealte, steinerne Brücke, die über eine Schlucht führte. Links und rechts davon türmten sich gewaltige Felsmassive auf, und Hunderte von Metern unter ihnen stürzte das Wasser zu Tal. Als sie auf der Brücke standen, verschlug es ihnen den Atem. Vorsichtig lehnte Kerner sich über die schon halb verfallene Brüstung der Brücke. Bice rief ihm etwas zu. Nicht ein Wort davon konnte Kerner durch das tosende Wasser verstehen, ahnte aber, was sie sagte. Nie im Leben hatte er ein solches Naturschauspiel gesehen. Er war vollkommen fasziniert. Selbst Ramon blickte voller Ehrfurcht hinunter in die Schlucht und bekreuzigte sich. Kerner bewegte seinen Kopf ganz nahe zu Bice herüber und fragte schreiend. »Was ist das hier?« Bice schrie zurück. »Das ist die Via Mala . Der böse Weg, so nennen ihn die Einheimischen. Es ist ein uralter Handelsweg über die Schlucht. Jahrzehntelang wurde er auch von Schmugglern genutzt. Viele Menschen haben hier ihr Leben verloren. Die meisten durch einen schrecklichen Unfall. Manche aber auch, weil sie hier umgebracht wurden. Die Schlucht gibt nichts wieder her, was sie einmal verschlungen hat.« Eine ganze Weile standen die drei einfach nur da und betrachteten die ungeheure Gewalt der Natur und hörten, wie der tosende Donner ihnen eindringlich klarmachte, wer letztendlich die Geschicke dieser Erde bestimmte.
Ramon trat einen Schritt zurück und sah besorgt nach oben. Er gab Kerner und Bice ein Zeichen. Ein Blitz zuckte am Himmel, gefolgt von einem zweiten. Innerhalb von Minuten konnte hier in den Bergen ein Gewitter aufziehen. Sie mussten sofort den Rückweg antreten. Ein Abstieg bei einem Gewitter wäre nicht mehr nur gefährlich, es grenzte an Selbstmord. Ramon ging als Erster und drängte zur Eile. Dauernd sah er sich nach der Contessa um und achtete darauf, dass sie dem Abgrund nicht zu nahe kam. Die Wolken am Himmel wurden von Minute zu Minute dunkler. Dann setzte der Regen ein.
Im Nu verwandelte sich der schmale, steile Pfad unter ihnen, der schon bei trockenen Verhältnissen schwer zu begehen war, in eine Rutschbahn. Auch Kerner machte sich nun ernsthaft Sorgen. Keine Sekunde ließ er Bice aus den Augen. Ein greller Blitz zuckte durch die Wolken, die jetzt fast schwarz geworden waren. Kurz darauf ließ ein gewaltiger Donner das ganze Felsmassiv erzittern. Im gleichen Moment passierte es. Bice verlor den Halt und rutschte aus. Ramon, der es nur aus den Augenwinkeln sehen konnte, wollte nach ihr greifen. Zu spät. Bice glitt durch seine Hände und konnte sich an dem steilen Abhang nicht mehr halten. Mit einem gewaltigen Sprung flog Kerner auf Ramon zu. »Festhalten!«, brüllte er. Dann landete er auch schon auf dem
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