Jagd auf Roter Oktober
Petschkin. Tait hielt ihn umklammert. Fußtritte hallten durch den Korridor.
»Was ist los, Sir?« Ein atemloser Corporal der Marineinfanterie kam auf dem glatten Fliesenboden schlitternd zum Stehen. Er hatte einen Colt vom Kaliber 45 in der Hand.
»Dieser Mann hat gerade versucht, meinen Patienten umzubringen!«
»Was!?« Petschkin war puterrot geworden.
»Corporal, Ihr Posten ist von jetzt an vor dieser Tür. Wenn dieser Mann versucht, das Zimmer zu betreten, werden Sie ihn mit allen Mitteln daran hindern. Verstanden?«
»Aye, aye, Sir!« Der Corporal sah den Russen scharf an. »Würden Sie sich bitte von der Tür entfernen, Sir?«
»Was hat diese Ungeheuerlichkeit zu bedeuten?«
»Sir, bitte entfernen Sie sich sofort von der Tür!« Der Corporal steckte seine Pistole zurück ins Halfter.
»Was geht hier vor?« Das war Iwanow, der klug genug war, seine Frage aus sicherer Entfernung zu stellen.
Tait rang um Fassung. »Doktor, wollen Sie, dass Ihr Matrose überlebt oder nicht?«
»Selbstverständlich wollen wir, dass er überlebt. Was soll diese Frage?«
»Warum hat Ihr Genosse Petschkin dann gerade versucht, ihn umzubringen?«
»Das stimmt überhaupt nicht!«, brüllte Petschkin.
»Was hat er genau getan?«, fragte Iwanow.
Ehe Tait antworten konnte, sagte Petschkin rasch etwas auf Russisch und ging dann zu Englisch über. »Ich griff nur nach einer Zigarette. Ich will niemanden töten. Und ich habe auch keine Waffe.«
»Steht hier nicht überall ›Rauchen verboten‹? Sie saßen in einem Zimmer der Intensivstation bei einem Patienten, der hundert Prozent Sauerstoff atmet, dessen Bettzeug mit Sauerstoff durchtränkt ist, und Sie wollten Ihr verdammtes Feuerzeug anknipsen! Klar, Sie hätten selber Verbrennungen abbekommen, und es hätte wie ein Unfall ausgesehen –, aber der Junge wäre hin gewesen! Ich weiß, wer Sie sind, Petschkin, und für so dumm halte ich Sie nicht. Raus aus meiner Station!«
Die Schwester, die alles mit angesehen hatte, ging in das Zimmer des Patienten und kam mit einer Packung, zwei losen Zigaretten und einem Wegwerffeuerzeug zurück.
Petschkin war blass geworden. »Dr. Tait, ich kann Ihnen versichern, dass ich nichts dergleichen vorhatte. Was wäre denn passiert?«
»Genosse Petschkin«, sagte Iwanow langsam auf Englisch, »es hätte eine Explosion und einen Brand gegeben. Offenes Feuer gehört nicht in die Nähe von Sauerstoff.«
»Nitschewo!« Endlich wurde Petschkin klar, was er angerichtet hatte. Er hatte gewartet, bis die Schwester fort war – Pflegepersonal ließ einen ja nie rauchen, wenn man fragte. Von Krankenpflege hatte er keinen blassen Schimmer, und als KGB-Mann war er es gewohnt, zu machen, was er wollte. Nun wandte er sich auf Russisch an Iwanow. Der sowjetische Doktor musterte ihn wie ein strenger Vater, der sich die Ausreden eines Kindes anhört. Seine Antwort fiel lebhaft aus.
Tait begann sich zu fragen, ob er nicht zu heftig reagiert hatte – wer rauchte, war ohnehin schon ein Idiot.
»Dr. Tait«, sagte Petschkin endlich, »ich schwöre, dass ich vom Sauerstoff keine Ahnung hatte. Das war dumm von mir.«
»Schwester!« Tait drehte sich um. »Ich wünsche, dass dieser Patient von nun an unter ständiger Aufsicht unseres Personals bleibt. Lassen Sie die Blutproben von einem Sanitäter abholen. Und wenn Sie austreten müssen, rufen Sie erst eine Ablösung.«
»Jawohl, Dr. Tait.«
»Und Sie nehmen sich zusammen, Mr. Petschkin. Noch ein Verstoß gegen die Vorschriften, und Sie verschwinden ein für alle Mal von meiner Station. Haben Sie mich verstanden?«
»Ich werde Ihren Anweisungen folgen, Doktor. Und ich möchte mich entschuldigen.«
»Und Sie bleiben hier stehen«, sagte Tait zu dem Marinesoldaten. Er entfernte sich und schüttelte ärgerlich den Kopf. Er war wütend auf den Russen und etwas verlegen. Mit dem Aufzug fuhr er zum ersten Stock und suchte fünf Minuten lang nach dem Geheimdienstoffizier, der ihn auf dem Herflug begleitet hatte. Schließlich fand er ihn in einem Tagesraum beim Pac Man. Sie besprachen sich im leeren Büro des Verwaltungschefs.
»Glauben Sie denn wirklich, er wollte ihn umbringen?«, fragte der Commander ungläubig.
»Was sollte ich denn sonst davon halten?«, herrschte Tait.
»Ich halte das für Fahrlässigkeit, nicht mehr. Den Russen ist mehr am Überleben des Patienten gelegen als Ihnen. Sie wollen nämlich, dass er redet.«
»Woher wissen Sie das?«
»Petschkin ruft stündlich bei der Botschaft an.
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