Jagd auf Roter Oktober
und ließ sie das Werkzeug wegräumen.
»Haben Sie gesehen, wie man so etwas macht, Leutnant?«
»Ja, Genosse. Reichte dieses Leck aus, um unsere Strahlenverseuchung hervorzurufen?«
»Offensichtlich ja.«
Swijadow machte sich seine eigenen Gedanken. Der Reaktorraum war ein Labyrinth von Rohren und Armaturen. Dieser Sabotageakt konnte nicht viel Zeit in Anspruch genommen haben. Waren in dem System noch weitere Zeitbomben versteckt?
»Schauen Sie nicht so todernst, Genosse«, meinte Melechin. »Ja, auch ich habe erwogen, dass nicht nur ein Fitting sabotiert sein könnte. Wenn wir in Kuba sind, führen wir bei Volllast einen statischen Drucktest durch und prüfen das ganze System. Fürs Erste bleiben wir bei der Zwei-Stunden-Wache. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Besatzungsmitglied der Saboteur ist. Ich will nicht, dass sich jemand zu lange hier aufhält und weiteres Unheil stiftet. Behalten Sie die Mannschaft im Auge.«
Zwölfter Tag
Dienstag, 14. Dezember
USS Dallas
»Irrer Iwan!«, rief Jones so laut, dass man ihn im Angriffszentrum hören konnte. »Dreht nach Steuerbord ab!«
»Skipper!«, unterstützte Thompson die Warnung.
»Maschinen Stopp!«, befahl Mancuso rasch. »Absolute Stille im Boot!«
Tausend Meter voraus hatte der Kontakt der Dallas plötzlich eine radikale Rechtswendung begonnen; nicht zum ersten Mal, seit er erfasst worden war. Er hatte dieses Manöver ungefähr alle zwei Stunden vorgenommen, aber nicht mit solcher Regelmäßigkeit, dass Dallas nach einem bestimmten Schema fahren konnte. Wer dieses russische Boot steuert, versteht sich auf sein Geschäft, dachte Mancuso. Das sowjetische Raketen-U-Boot fuhr einen Kreis, damit sein Bugsonar einen etwaigen Verfolger aufspüren konnte, der sich in dem ›Kegel des Schweigens‹ in seinem Kielwasser verborgen hatte.
Maßnahmen gegen dieses Manöver waren nicht nur heikel, sondern auch gefährlich, besonders, wenn man handelte wie Mancuso. Wenn ein U-Boot scharf abdreht, schwingt wie bei jedem anderen Schiff auch das Heck nach außen. Roter Oktober bildete während der ersten Hälfte der Wendung eine Stahlbarriere direkt in der Bahn der Dallas, und deren Bremsweg war bei 7000 Tonnen Gewicht sehr lang.
Die genaue Zahl der Kollisionen zwischen russischen und amerikanischen U-Booten war ein streng gehütetes Geheimnis. Dass welche stattgefunden hatten, stand außer Zweifel. Eine charakteristische Taktik, mit deren Hilfe sich russische Boote die Amerikaner vom Leib hielten, war ein stilvolles Wendemanöver, das bei der US-Navy ›Irrer Iwan‹ hieß.
Während der ersten Stunde der Verfolgung hatte Mancuso mit Bedacht Distanz gehalten. Das russische Boot drehte nicht scharf ab, sondern manövrierte ohne Hast und schien dabei in Schräglage zu gehen wie ein Flugzeug. Mancuso vermutete, dass der russische Skipper nicht seine ganze Manövrierfähigkeit einsetzte, was klug war, denn er hielt mit seinen Leistungsreserven zurück, um gegebenenfalls eine Überraschung parat zu haben. Diese Umstände erlaubten es der Dallas, dichtauf zu folgen, und gaben Mancuso Gelegenheit, die Fahrt drastisch zu vermindern und sein Boot weiterdriften zu lassen, bis es knapp das Heck des Russen verfehlte. Er beherrschte diese Technik immer besser – ein bisschen zu gut, wie seine Offiziere tuschelten. Beim letzten Mal waren sie nur noch hundertfünfzig Meter von den Schrauben des Russen entfernt gewesen. Der große Wendekreis des Kontakts führte ihn rund um die Dallas herum.
Der gefährlichste Teil dieses Manövers war die Vermeidung einer Kollision, aber das war noch nicht alles, denn Dallas durfte sich nicht von den passiven Sonar-Systemen ihrer Beute erfassen lassen. Aus diesem Grund mussten die Ingenieure die Leistung des S6G-Reaktors auf ein Minimum reduzieren. Zum Glück kam der Reaktor bei so geringer Kraftabgabe ohne Kühlmittelpumpe aus, da bei dieser Einstellung der Kreislauf durch Konvektion in Gang gehalten wurde. Als die Dampfturbinen angehalten wurden, verstummten alle Antriebsgeräusche. Außerdem hatte im Boot absolute Stille zu herrschen. Alles, was irgendwelchen Lärm erzeugen konnte, war verboten, und die Mannschaft nahm das so ernst, dass selbst ganz normale Unterhaltungen in der Messe in gedämpftem Ton geführt wurden.
»Fahrt verringert sich«, meldete Lieutenant Goodman. Mancuso entschied, dass diesmal keine Kollisionsgefahr bestand, und ging nach achtern in den Sonar-Raum.
»Ziel fährt immer noch eine Rechtskurve«, meldete Jones
Weitere Kostenlose Bücher