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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Smith
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Seattle in die Arche Noah geschmuggelt. Eigentlich galt der Kaspische Tiger seit dem frühen zwanzigsten Jahrhundert als ausgestorben, doch das stimmte nicht. Er war erst jetzt ausgestorben.
    Butch drehte sich zu Noah um, der an einem riesigen, blitzsauberen Schreibtisch Platz genommen hatte und wütend auf das einzige Objekt starrte, das auf der Tischplatte stand: einen gigantischen Flachbildmonitor.
    »Natasha sah nie schöner aus als jetzt«, versuchte Butch die Stimmung etwas aufzuhellen.
    »Blödsinn! Henrico hat’s vermasselt!«, knurrte Noah. »Schau dir den Haarriss im rechten oberen Eckzahn an.«
    Henrico war Noahs Präparator. Butch hatte ihn noch nie zu Gesicht bekommen. Sein Labor befand sich im Keller des Herrenhauses und war nur über einen privaten Fahrstuhl zu erreichen, für den lediglich Noah Blackwood einen Schlüssel besaß. Soweit Butch wusste, hatte Henrico die Kellerräume seit zwanzig Jahren nicht verlassen. Zwanzig Jahre, in denen er niemanden gesprochen und gesehen hatte außer Noah Blackwood.
    »Henrico wird langsam alt«, bemerkte Noah. »Er hat nicht mehr dasselbe Händchen wie früher. Wir müssen ihm schleunigst einen Lehrling zur Seite stellen, dem er sein Wissen weitergeben kann, bevor er stirbt.«
    »Das dürfte nicht ganz einfach werden«, meinte Butch. »Wo wollen Sie denn jemanden finden, der bereit ist zwanzig Jahre unter Tage zu leben? Mit einer Horde toter Tiere als einziger Gesellschaft?«
    »Wer hat denn gesagt, dass Henrico dazu bereit war?«, gab Noah zurück. »Vielleicht hatte er ja einfach keine andere Wahl, als ich ihn damals in den Straßen von Rio entdeckte, wo er als Taschendieb herumstreunte? Äußerst fingerfertig, wie alle Taschendiebe. Deshalb habe ich ihn ja ausgewählt und vom Präparator meines Vaters anlernen lassen. Du wirst staunen, zu welcher Meisterschaft man es auf einem Gebiet bringen kann, wenn man in einem Keller eingesperrt ist und absolut nichts anderes zu tun hat. Anfangs hat er sich natürlich gesträubt, aber mit der Zeit hat er sich zu einem wahren Künstler entwickelt.« Noah machte eine ausladende Handbewegung in Richtung der zahlreichen Schaukästen. »In Rio säße er längst im Knast. Oder wäre ermordet worden. Oder an irgendeiner Krankheit krepiert. Aber so hinterlässt er eine Reihe von Kunstwerken, die ihn unsterblich machen werden.«
    Noah wandte sich wieder dem Computerbildschirm zu und tippte etwas in die Tastatur. Fast im selben Augenblick ertönte ein leiser Klingelton über die Lautsprecheranlage, gefolgt von der nervösen Stimme einer Frau.
    »Dr. Blackwood, ich bin ja so erleichtert Sie in Sicherheit zu wissen. Ich fürchtete schon …«
    »Hören Sie auf, meine Zeit zu verschwenden«, schnitt ihr Noah das Wort ab. »Wieso hat man mich nicht über die Suche nach dem Riesenkalmar unterrichtet?«
    Die Frau schwieg. Aus ihrem Zögern konnte Butch ihre Angst heraushören.
    »Ich wusste nichts davon«, antwortete sie schließlich mit zittriger Stimme. »Die haben das geheim gehalten.«
    »Ich bezahle Sie, damit Sie mir lückenlos berichten, was bei der NZA vor sich geht!«, blaffte Noah. »Schwer vorstellbar, dass eine Expedition dieses Ausmaßes geheim gehalten werden kann. Ich habe gerade über eine nervige Reporterin davon erfahren. Dabei ist es Ihr Job, mich zu benachrichtigen, bevor etwas in die Nachrichten kommt! Wann haben Sie von diesem sogenannten Geheimnis erfahren?«
    »Vor zwei Tagen.«
    »Und warum haben Sie mich dann nicht schon vor zwei Tagen angerufen?«
    »Weil ich glaubte, Sie wären tot.«
    Butch wandte sich dem Schaukasten mit dem Kaspischen Tiger zu, um seine Erleichterung zu verbergen. Er kannte die Frau nicht, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie in diesem Moment wünschte, das Gerücht um Noah Blackwoods Ableben wäre wahr. Jetzt konnte er nur hoffen, dass Noahs Wut auf sie seine Wut auf ihn verdrängte. Es erstaunte ihn, dass Noah ihn nicht gefeuert oder sogar Schlimmeres mit ihm angestellt hatte, nachdem ihm, Butch, am Lac Télé nicht nur die Saurier-Eier, sondern auch Noahs Enkelin Grace durch die Lappen gegangen waren. Und er rechnete fest damit, für diese Patzer zahlen zu müssen. Die Frage war nur, wann ihn der alte Herr über den zu entrichtenden Preis informieren würde. Wenn es Butch irgendwie gelänge, Grace wieder in seine Gewalt zu bekommen, die Saurier-Eier aufzutreiben und darüber hinaus zu vereiteln, dass Wolfe und die NZA den Riesenkalmar fingen, dann hätte er seine Schuld bei seinem

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