Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
wild werden, das stimmt, aber sie hat noch nie jemanden gebissen. Was ist denn in die gefahren?«
»Sie ist absolut verrückt geworden«, sagte Cap. »Sie hat offenbar mehrere Crewmitglieder aus dem Weg geschubst. Am Ende wird sie noch ernsthaft jemanden verletzen.«
»Wenn du Yvonne findest, dann sag ihr, dass sie die Betäubungspistole bereithalten soll«, bat Wolfe. »Wenn sie es auf normalem Weg nicht schafft, Bo zu beruhigen, dann soll sie sie betäuben.«
»Wird gemacht«, schnarrte Cap.
Wolfe sah Luther an. »Falls du Bo oder Yvonne mit der Minidrohne erspähst, gib mir augenblicklich Bescheid, ja?«
»Keine Sorge, die finde ich«, beruhigte ihn Luther.
Abtauchen in die Vergangenheit
Nachdem Grace, Ana und Bertha sich im Eingangsbereich von Labor Nr. 9 desinfiziert hatten, traten sie an das Gehege, wo eine extrem müde aussehende Laurel die zwei schlafenden Saurierbabys betrachtete. Ein Zaun mit einer Schwingtür teilte das Gehege in zwei Bereiche. Die Tür stand offen und die kleinen Saurier lagen eng aneinandergekuschelt und mit umeinandergewundenen Hälsen in einer Ecke. Der Ventilator lief auf höchster Stufe.
Laurel erklärte, dass es sehr viel entspannter sei, wenn man die Kleinen bei der Fütterung trennte und sie nacheinander fressen ließ. »Erstens kann man so viel besser nachvollziehen, welche Mengen man verfüttert, und zweitens können sich die kleinen Racker nicht gegenseitig den Kopf abbeißen. Nach der Fütterung kann man das Tor ja wieder öffnen, damit sie kuscheln können. Ich habe sie vor ungefähr einer Stunde gefüttert. Zwei Stunden müssten sie also noch schlafen.« Laurel bemerkte das Moleskine-Heft in Grace’ Hand. »Du hast also noch ein bisschen Zeit, um Tagebuch zu schreiben.«
»Das ist nicht mein Tagebuch«, erwiderte Grace.
»Hast du die Truhe geöffnet?«
Grace nickte.
»Ich gratuliere dir. Ein großer, wichtiger Schritt!«
»Ich bin allerdings noch nicht weit gekommen«, antwortete Grace. »Ich hab mir nur ein paar Fotos angeschaut und dann beschlossen die Tagebücher in der Reihenfolge zu lesen, in der meine Mutter sie geschrieben hat. Das hier ist das erste. Es stammt aus der Zeit, als sie nicht viel älter war als ich jetzt. Darin ist viel von meinem Großvater die Rede. Und davon, wie es war, in der Arche Noah zu leben.« Grace zögerte. »Meine Mutter scheint wirklich glücklich gewesen zu sein. Sie hat ihren Vater geliebt. Alles in allem klingt es so, als hätte sie das perfekte Leben gehabt. In ihren Schilderungen hat Noah Blackwood nichts, aber auch rein gar nichts von dem Mann, als den ihr, Wolfe und du, ihn immer beschreibt.«
»Deine Mutter war jung, als sie das Tagebuch schrieb«, wandte Laurel ein. »Und es erstaunt mich keineswegs, dass sie gerne in der Arche lebte. Es war bestimmt herrlich dort. Denk nur an all die Tiere, mit denen sie täglich zusammen war. Aus wie vielen Bänden besteht ihre Tagebuchsammlung?«
»Zweiunddreißig.«
»Ich schätze mal, dass die Darstellung der Dinge in den späteren Heften ganz anders aussieht«, meinte Laurel. »Vielleicht hatte sie zu diesem frühen Zeitpunkt einfach noch keine Ahnung, wie ihr Vater wirklich war.«
»Worüber redet ihr?«, fragte Ana.
Grace erzählte ihr von der Truhe, die ihre Mutter hinterlassen hatte.
»Das muss ja eine richtige Goldmine sein!«, rief Ana aufgeregt. »Ich weiß, dass es eine sehr persönliche Sache ist, aber ich würde zu gern mal einen Blick in diese Tagebücher werfen und die Fotos anschauen. Sorry, das mag unsensibel klingen, ich weiß, aber ich kann nicht anders, ich bin Reporterin und von Natur aus neugierig.«
»Hm, ich glaube, ich würde die Sachen lieber erst selber durchgehen und mir ein Bild machen«, antwortete Grace.
»Klar, natürlich.«
Bertha nahm ihre Waffe mit hinüber zum Feldbett und ließ sich darauf nieder. »Weckt mich, wenn ich jemanden erschießen soll, ja?« Mit diesen Worten streckte sie sich aus, schloss die Augen und war binnen weniger Sekunden eingeschlafen.
»Erwähnt deine Mutter irgendwelche Freunde oder Freundinnen von sich?«, fragte Laurel.
Grace dachte einen Moment nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, zumindest keine gleichaltrigen Freunde. Sie erwähnt nur die Namen einiger Tierpfleger, die sie besonders mochte.«
»Und was ist mit Schule?«
»Sie hatte wohl eine Art Privatlehrerin, die sie offensichtlich aber heiß und innig geliebt hat. Eine ältere Frau namens Nana.«
»Wahrscheinlich eine Nanny«, vermutete
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