Jagdfieber
fragte Paige verblüfft und hätte sich am liebsten geohrfeigt, weil das so verzogen klang. Sie versuchte, diesen Eindruck abzumildern. „Nicht, dass es mich stört, wenn du keines hast. Ich dachte nur, als Schauspielerin …“
Paige brach ab, weil sie das Gefühl hatte, sich mit jedem Wort weiter zu blamieren. Ihre Mutter lachte hell auf und schien eher amüsiert als verärgert über das peinliche Gestammel.
„Keine Sorge, ich nehme dir diese Frage nicht übel. Ich habe tatsächlich Personal, allerdings nur stundenweise, wenn ich die Leute wirklich benötige. Meine Privatsphäre ist mir wichtig, weil ich sonst immer von irgendwelchen Menschen umgeben bin. Außerdem habe ich mir gedacht, dir wäre es vielleicht lieber, wenn wir keine Zuhörer in der Nähe haben.“
„Das ist allerdings wahr“, stimmte Paige zu und betrachtete eingehend das schöne Gesicht ihrer Mutter. Nachdem sie in dem vermeintlichen Wissen aufgewachsen war, sie wäre tot, fühlte sich ihre Gegenwart surreal an, beinahe wie ein Traum. Sie verspürte eine unterschwellige Angst, jeden Augenblick aufzuwachen und sich unglücklich und allein in ihrem Schlafzimmer in Dallas wiederzufinden. Ohne Leanne, ohne Chloe und vor allem ohne Victor. Jeder Nerv in ihrem Körper schien bei dieser Vorstellung unangenehm zu vibrieren, eine eisige Hand griff nach ihrem Herzen. Paige wurde unwiderruflich klar, dass sie keine der eben aufgezählten Personen jemals wieder missen wollte.
Nachdem ihre Mutter mit dem Mantel in einem Nebenraum verschwand, machte sie sich durch den einladenden Eingangsbereich auf den Weg in den Wohnraum. Paige war Luxus gewohnt und deshalb nicht überrascht, dass auch ihre Mutter sich mit schönen Dingen umgab. Das Penthouse war eine Wucht. Modern und schick, obwohl man es sicher nicht als gemütlich bezeichnen konnte. Dafür spiegelten sich in jedem einzelnen Stück klassische Eleganz und Geschmack wider. Weiße Möbel mit dunklen Teppichen, Chrom und Glas sowie einige Einzelstücke, die auf den ersten Blick so gar nicht zum Rest passen wollten und doch auf zauberhafte Weise den Gesamteindruck unterstrichen. Besonders lässig fand Paige die schreiend bunten Bilder, die entlang den Wänden hingen und dem Ganzen noch die Krone aufsetzten. Im hinteren Teil führte ein Plateau zum Essbereich. Der lange Tisch war schon eingedeckt, während auf einem Servierwagen das Essen bereitstand. Silberne Hauben verhinderten, dass die Speisen abkühlten.
Genau in diesem Moment hörte sie Schritte hinter sich und drehte sich um.
„Hübsch hast du es hier, sehr geschmackvoll“, meinte sie, weil sie das Gefühl hatte, eine Unterhaltung in Gang bringen zu müssen, während ihre Mutter etwa einen Meter von ihr entfernt stehenblieb.
Leanne sah sich zustimmend um. „Ja, nicht wahr?“, kommentierte sie lobend, gab dann aber einschränkend zu:„Allerdings ist das nicht mein Verdienst. Ich habe nur wenig an Ideen beigetragen, weil ich überhaupt kein Händchen für Dekoration und die Gestaltung von Innenräumen habe. Deswegen habe ich nach dem Kauf der Wohnung Madeline Livingston darum gebeten, mir die Räume passend einzurichten. Sie ist ein Genie, wenn es um Fragen des Wohndesigns geht, verlangt aber ein Vermögen für ihre Dienste. Dieser Wohntempel hier hat mich ein Heidengeld gekostet, aber ich finde, es hat sich gelohnt. Ich werde Madeline bei Gelegenheit ausrichten, dass dir das Ergebnis gut gefällt. Sie freut sich immer, wenn jemand ihre Arbeit zu schätzen weiß.“
Paige wurde hellhörig, als sie den Namen hörte. „Madeline Livingston? Ist sie eine Freundin von dir?“
Leanne hob eine ihrer perfekt zurechtgezupften Augenbrauen. „Ja, eine sehr gute sogar. Wir kennen uns schon seit Jahren. Kennst du sie von der Party? Sie war ja immerhin die Gastgeberin.“
Paige war der Name mehr als nur geläufig, da Ross seit einigen Tagen mit Madeline Livingston ausging. Er schien voller Bewunderung für die schöne Britin und strahlte, sobald die Sprache auf sie kam. Bisher hatte sie dem keine große Bedeutung beigemessen. Ross war schnell für eine schöne Frau zu begeistern, ohne sich zu tief in seinen Gefühlen zu verstricken. Doch jetzt konnte es problematisch werden, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass ihre Mutter in Begeisterungsstürme ausbrechen würde, wenn sie erfuhr, dass eine Freundin von ihr mit ihrem Ehemann ausging. Paige wollte es dennoch nicht wissentlich verschweigen, weil dies einer Lüge gleichgekommen wäre. Abgesehen
Weitere Kostenlose Bücher