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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vivian Hall
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mitnehmen. Ich wusste ja selbst nicht, was mich in England erwartet, und mit einem Kind …“
    Leanne senkte den Blick, sammelte sich und sprach dann weiter: „Schau, ich wäre eine grauenhafte Mutter gewesen, wäre ich in Texas geblieben. Ich weiß nicht, ob du dir vorstellen kannst, was in einem Menschen vor sich geht, der weder mit sich noch mit seinem Leben im Reinen ist. Für mich war das Leben auf der Farm wie langsames und quälendes Ersticken. Alles hat mit eingeengt. Vor allem der Anspruch an mich, eine gute Mutter und Ehefrau zu sein, obwohl ich dafür einfach noch nicht bereit war. Mir war einfach alles zu viel, und je mehr ich mich angestrengt habe, glücklich zu sein, umso unzufriedener wurde ich. Die Langeweile auf der Farm hat mich fast umgebracht. Ich war jung, wollte ausgehen und etwas erleben, stattdessen saß ich dort fest, ohne irgendeine Abwechslung und sogar ohne Ehemann, der mir alles leichter gemacht hätte. Ross war nie da und wenn, dann war er so müde, dass ihm ein gutes Essen und der Fernseher zum Einschlafen gereicht haben. Natürlich hat er nur so hart gearbeitet, um mir etwas bieten zu können, aber leider hat er mich darüber vergessen, und ich ging voll und ganz in meinem jugendlichen Egoismus auf und habe ihm nur Vorwürfe gemacht, anstatt ihn zu unterstützen. Wir haben uns so sehr voneinander entfernt, dass ich ihn am Ende noch nicht mal vermisst habe. Du machst dir keine Vorstellung davon, wie allein ich mich gefühlt habe, wie unverstanden. Und dann war da noch das Gefühl, vollkommen als Mutter zu versagen. Du hast die ganze Zeit geschrien, du wolltest die Brust nicht und hast dich nur beruhigt, wenn man dir die Flasche gegeben hat. Als meine Mutter dann deine Pflege übernommen hat und du tatsächlich friedlicher wurdest, fühlte ich mich geradezu darin bestätigt, dass alle ohne mich besser dran wären.“
    Paige runzelte die Stirn. „Das hast du doch nicht wirklich geglaubt?“
Leanne hob gleichmütig die Schultern. „Ist es noch wichtig, ob ich das geglaubt oder es mir nur eingeredet habe? Das Ergebnis bleibt das Gleiche: Ich wollte weg, und ich habe einen Weg gefunden, alles hinter mir zu lassen.“
    „Einschließlich mir“, murmelte Paige.
    Der Druck auf ihrem Handrücken verstärkte sich, und sie sah Leanne wieder in die Augen. Sie wurden von tiefer Trauer beherrscht.
    „Paige, ich kann die letzten Jahre und das, was ich getan habe, nicht mehr ungeschehen machen. Das weiß ich. Und ich befürchte, ich bin auch kein besonders wertvoller Mensch … aber, wenn du mir eine Chance gibst, dich richtig kennenzulernen, will ich wenigstens versuchen, dir ab jetzt so was wie eine Mutter zu sein. Das würde mir unendlich viel bedeuten, und ich hoffe, dir auch.“
    Irgendwie war das jetzt zu viel. Paige entzog ihr vorsichtig die Hand und fuhr sich tief einatmend durchs Haar. „Lass mich darüber nachdenken, und gib mir Zeit. Okay?“
    Ihre Mutter erhob sich wieder und ging zurück auf ihren Platz. Sie wirkte ein bisschen enttäuscht, als sie sich setzte, aber keineswegs entmutigt. „Du kannst so viel Zeit haben, wie du brauchst. Ich werde warten, bis du eine Entscheidung getroffen hast, und dann können wir vielleicht einen Neuanfang wagen.“
    Sie lächelte leicht. „Mir liegt wirklich viel daran, mich mit dir und Chloe auszusöhnen.“
    Paige wusste, dass ihre Schwester jeden Kontakt eingestellt hatte. „Es tut mir leid, dass sie nichts mehr von dir wissen will“, sagte sie mitfühlend und erntete einen dankbaren Blick von Leanne.
    „Danke, es ist auch schwer für mich, obwohl ich mich nicht darüber wundere. Wenigstens war sie einmal hier und hat sich meine Version der Geschichte angehört. Von einer Versöhnung sind wir allerdings noch weit entfernt, und sie hat sich seitdem auch nicht mehr bei mir gemeldet. Sie ist verständlicherweise schrecklich verletzt, und so wie es aussieht, hat dein Vater wesentlich bessere Karten, sich mit ihr zu vertragen als ich. In diesem Drama bin ich die Böse, und mit dieser Rolle muss ich klarkommen.“
    Paige grinste freudlos. „Was Täuschungen angeht, da schenkt ihr euch beide nichts. Denkst du, es ist weniger schlimm, seinem Kind jahrelang vorzulügen, die Mutter wäre bereits verstorben? Und doch habe ich ihm verziehen, weil ich ihn trotz allem liebe. Chloe wird dir auch verzeihen, sie braucht einfach nur länger, um sich über ihre Gefühle klarzuwerden.“
    Leanne schien davon nicht so überzeugt, lächelte aber dennoch.

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