Jagdhunde (German Edition)
Polizeiarbeit nicht zu lösen vermochte.
»Ich denke nicht, dass meine Ehe für den Fall relevant ist«, erwiderte er.
»Das glaube ich schon«, sagte Nordbo.
Es wurde still.
Wisting blickte wieder zum Fenster. Ein kleiner Wasserstreifen lief an der Scheibe herab.
Terje Nordbo lehnte sich zurück und wartete. Schon viele Male hatte Wisting es ebenso gemacht. Das war eine wirkungsvolle Methode. Einfach nur still dazusitzen, wurde nach einer Weile so unangenehm, dass der andere irgendwann das Wort ergriff und das Gespräch fortsetzte.
Die künstlich herbeigeführte Pause ließ Wisting spüren, dass ihm die ganze Vernehmungssituation langsam gehörig auf die Nerven fiel. Der ihn befragende Ermittler war hauptsächlich daran interessiert, eine gefühlsmäßige Reaktion oder eine unbedachte Äußerung zu provozieren.
Wisting schaute auf seine im Schoß gefalteten Hände hinunter. Vielleicht war es ja wirklich sein Fehler gewesen, dachte er. Hatte er es womöglich unbewusst geschehen lassen? Hatte vielleicht sein eigenes Unvermögen irgendwen dazu verleitet, die gefälschten Beweise unterzubringen, die Haglund dann zur Strecke brachten?
Der Ermittler der Spezialeinheit brach das Schweigen. Er beugte sich vor, blätterte wieder in seinen Papieren und versuchte es mit einem neuen Ansatz. »Wie viele Vernehmungen haben Sie mit Rudolf Haglund durchgeführt?«
Wisting schaute zur Decke hinauf, so als müsste er überlegen. Er kannte die Antwort, begriff aber auch, was Nordbo zu tun beabsichtigte. Er hatte Wisting schon dazu gebracht, eine so gut wie festgefahrene Ermittlung zu beschreiben, die sich dann belastend auf ihn als Ermittler ausgewirkt hatte. Nordbo hatte ein Motiv konstruiert. Jetzt wollte er wissen, ob es Wisting auch möglich gewesen war, den DNA-Beweis selbst einzuschmuggeln.
»Sechs«, sagte er.
»Wieso haben Sie ihn selbst vernommen? Sie waren doch Leiter der Ermittlungen. Haben Sie nicht überlegt, die Aufgabe jemand anderem zu übertragen?«
Wistings Handy klingelte, bevor er antworten konnte.
Der Hauptkommissar von der Spezialeinheit war sichtlich irritiert, setzte jedoch eine geduldige Miene auf. Wisting zog sein Telefon aus der Tasche. Es war Bjørg Karin vom Strafregisterbüro.
»Ich muss da drangehen«, sagte Wisting und stand auf.
Nordbo öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Wisting war schon auf dem Weg nach draußen.
62
Um 15:43 Uhr hatte Rudolf Haglund das Restaurant in der Rådhusgata verlassen. Dann war er die Tollbugata entlanggelaufen und ihr bis hinunter zur Börse gefolgt. Im Anschluss war er einen Block in nördliche Richtung weitergelaufen und hatte ein Parkhaus betreten. Kurz danach hatte er es in einem grauen Passat verlassen.
Jetzt befand er sich inmitten eines unsichtbaren Spinnennetzes. Er fuhr auf der E 18 Richtung Süden. Fünf Autolängen vor ihm fuhr der Wagen von Morten P. Die anderen drei folgten ihm, wechselten dabei aber ständig die Spur, sodass in Haglunds Rückspiegel immer ein anderes Fahrzeug zu erkennen war.
Haglund hielt sich im Großen und Ganzen an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Es regnete. Die Reifen rollten geräuschvoll über den nassen Asphalt. Line saß im ersten Wagen, der Haglund hinterherfuhr. In der Höhe des Einkaufszentrums Liertoppen drosselte Haglund plötzlich die Geschwindigkeit. Der übrige Verkehr überholte ihn und es hätte unnatürlich ausgesehen, wenn Line hinter ihm geblieben wäre. Sie warnte die anderen, die dadurch die Möglichkeit bekamen, Haglund aus einiger Entfernung weiterzuverfolgen. Sie scherte aus, fuhr an Haglund vorbei und warf einen Blick in den Rückspiegel. Die Heckscheibe war von Schmutz und Regenwasser überzogen, aber Line merkte sich die Stellung der Scheinwerfer an Haglunds Wagen, damit sie ihn nicht aus den Augen verlor.
Line blieb auf der linken Spur, bis sie Morten P überholt hatte. Jetzt fuhren zwei Autos vor Haglund und zwei hinter ihm. Eine ungünstige Ausgangslage für den Fall, dass er die Autobahn verließ.
»Er beschleunigt wieder«, gab Tommy durch.
»Ich lasse mich zurückfallen«, sagte Morten P.
Im Spiegel sah Line die anderen Autos an Haglund vorbeifahren.
»Er kommt«, meldete sich Morten P wieder. »Ich bleibe jetzt ganz hinten.«
Haglund fuhr weiter gen Süden. Auf der Autobahnbrücke bei Drammen herrschte reger Verkehr. Im Regen wurden die Scheinwerfer der Autos zu einem fließenden Licht.
Beim Industriegebiet in Kobbervikdalen klingelte Lines anderes Handy. Sie musste
Weitere Kostenlose Bücher