Jagdhunde (German Edition)
war bleich.
Sie drehte den Zündschlüssel um. Kaltes Wasser lief ihr den Rücken herunter.
Sie zitterte und hielt das Lenkrad fest umklammert, während sie wendete und zurückfuhr.
An der Weggabelung bog sie in Richtung See ab. Der Regen ließ die Wasseroberfläche brodeln. Das kalte Nass spritzte an den Pfosten eines Stegs empor und brachte ein altes Ruderboot zum Schaukeln.
Am Seeufer befand sich ein kleiner Damm. Der Ort selbst sah aus wie ein altes Sägewerk.
Das Wasser in Lines Schuhen verursachte Geräusche, als sie aus dem Wagen stieg und unter das Vordach des gräulich verwitterten Gebäudes trat. Verrostete Kreissägen, Maschinen mit ausgefransten Riemen und ein Stapel Holzreste zeugten von einstiger Aktivität. Vor der geschlossenen Tür eines Anbaus lagen eine rostige Axt und ein Haufen Sägespäne.
Die Tür war nicht verschlossen.
Line öffnete sie und betrat den Anbau. Der erste Raum war knapp zehn Quadratmeter groß. Er war kühl und roch nach Feuchtigkeit und Fäulnis. Ganz hinten an der Wand war eine graue Holzbank montiert. Auf einem Tisch standen leere Bierflaschen, eine alte Zeitung lag auf dem Boden. Es tropfte von der Decke und zwischen den alten Holzdielen drang Unkraut hervor.
Die nächste Tür führte in eine Art ehemaliges Büro. In der Ecke stand ein alter Archivschrank, und ein Stuhl mit durchlöcherter Sitzfläche lag umgestürzt auf dem Boden. An der Wand hing eine vergilbte Preisliste für Rundhölzer.
Line ging wieder hinaus und schloss die Tür hinter sich. Sie fror und zog ihre Jacke enger um den Hals. Über den Ohrstöpsel hörte sie, dass die anderen Haglunds Wagen auf der Hauptstraße entdeckt hatten und jetzt Morten P folgten.
Line fuhr sich mit der Hand durch ihr nasses Haar und blickte umher. Der Ort war nicht geeignet, um ein Entführungsopfer versteckt zu halten. Vielleicht war es ja nur ein Ort, an dem Haglund einmal geangelt hatte und den er jetzt wiedersehen wollte. Oder ein Ort, den er gewählt hatte, um die Verfolgung durch Line aufzudecken?
Sie wollte sich gerade umdrehen und wieder zum Wagen gehen, als ihr etwas auffiel. Sie runzelte die Stirn. Es gab noch ein Gebäude. Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite des Damms sah sie einen grauen Betonkasten mit einer rostroten Metalltür.
Es war ein merkwürdiges Gebäude. Die Grundfläche maß ungefähr drei mal drei Meter und es gab keine Fenster. Die massive Tür lag in einer tiefen Scharte, die verriet, dass die Wände mindestens dreißig Zentimeter dick waren.
Die Tür war mit einem Eisenriegel versehen, an dem ein Vorhängeschloss befestigt war. Line nahm es in die Hand und drehte es um.
Stainless steel.
Sie ließ das Schloss los, schlug ein paarmal mit der Handfläche gegen die Tür und lauschte.
Das Einzige, was sie hörte, war der Regen.
»Hallo?«, rief sie, kam sich aber gleich ziemlich dumm dabei vor.
Sie ballte die Hand zur Faust und ging wieder auf die Tür los. Die Schläge erzeugten einen Widerhall, und falls jemand dort drinnen eingesperrt war, musste er oder sie Line gehört haben. Zumindest wenn die betreffende Person am Leben und bei Bewusstsein war.
Sie wollte nicht abfahren, ohne den kleinen Bunker genau untersucht zu haben. Daher ging sie zurück zu dem alten Sägewerk und holte die Axt, die vor der Tür des Anbaus lag. Die Schneide war zwar stumpf, schien aber dennoch geeignet, um das Vorhängeschloss zu zerschlagen.
Line schleppte die Axt zurück zu dem merkwürdigen Betonklotz, hob sie mit beiden Händen über den Kopf und ließ sie fallen. Die Schneide verfehlte das Schloss und landete krachend auf dem Riegel. Der Aufprall setzte sich bis in Lines Arme fort. Sie fluchte und hob an zu einem weiteren Versuch. Diesmal traf sie. Das Vorhängeschloss knallte gegen den Bügel, an dem es befestigt war, gab aber nicht nach.
Beim dritten Schlag zersprang das Schloss und landete auf dem Boden.
Line warf die Axt beiseite. Abgeblätterte rote Farbe rieselte zusammen mit Rostpartikeln herunter, als sie den Riegel abnahm und die Tür aufzog.
Das Tageslicht fiel in den Raum. Line ging vorsichtig hinein und trat zwei Schritte zur Seite, um nicht im Licht zu stehen.
Abgesehen von irgendwelchen Gegenständen, die an der gegenüberliegenden Wand unter einer dicken Plane lagen, war der Raum leer.
Line zog die Plastikfolie mit einer raschen Bewegung beiseite.
Darunter kamen einige Holzkisten zum Vorschein, mit Buchstaben und Zahlen versehen, die sie nicht lesen konnte. Einer der Deckel an
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