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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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einen und einem steilen Abhang auf der anderen Seite.
    Line schaltete in einen kleineren Gang. Weiße Nebelschwaden tauchten auf, doch sie konnte erkennen, dass der Weg abflachte und sich das Terrain veränderte. Schwere Fichten zogen sich bis an den Wegesrand herunter und dicke Äste streiften seitwärts über den Wagen.
    Dann teilte sich der Weg.
    Haglunds Reifenspuren führten nach links. Line verlangsamte die Fahrt. Ein Schild erinnerte an die erforderliche Angelgebühr, verriet aber nicht, wohin der Weg führte. Line rollte an dem Schild vorbei. Fünfzig Meter weiter konnte sie einen See und einen offenen Platz erkennen.
    »Er ist vom Weg abgebogen«, gab sie an die anderen durch. »Sieht so aus, als wäre er zu einem Angelplatz gefahren.«
    »Ich bezweifle, dass er angeln geht«, sagte Morten P.
    »Ich fahre weiter«, entgegnete Line. »Der Weg führt bergauf. Ich suche mir einen Platz, von wo aus ich auf den See runterschauen kann.«
    Der Weg wurde schmaler und schlängelte sich durch ein Rodungsgebiet, bis die Landschaft wieder offener wurde. Nur vereinzelte Laubbäume waren zu erkennen. In einer Kurve war eine Ausbuchtung, in der zwei Fahrzeuge aneinander vorbeifahren konnten. Line fuhr an die Seite und hielt an.
    Das Rodungsgebiet war hier bereits wieder mit Sträuchern bewachsen. Von ihrem Standort konnte Line hinunter zu dem offenen Platz am See blicken. Sie erkannte Haglunds Wagen und sah zwischen den Laubbäumen ein Hausdach hervorscheinen.
    Die Autoscheiben beschlugen, und Line öffnete das Seitenfenster einen Spalt weit. Draußen roch es nach Heidekraut, Moor und Wacholder. Der Regen trommelte aufs Dach und der Wind machte feine, pfeifende Geräusche.
    Line zog ein Fernglas aus ihrer Tasche. Sie schaute hindurch, erkannte aber keinerlei Bewegung.
    »Ich gehe raus und suche mir eine bessere Position«, gab sie durch und zog noch im Sitzen ihre Jacke an.
    Sie stieg aus dem Wagen. Während sie versuchte, die Ohrstöpsel mit dem Telefon zu verbinden, trat sie in eine Pfütze. Eiskaltes Wasser drang in einen der Schuhe.
    Sie fluchte, machte einen Schritt aus der Pfütze heraus und erklärte den anderen, was geschehen war, während sie gleichzeitig versuchte, das Wasser aus ihrem Schuh zu befördern.
    Dann hörte sie einen Schrei. Lang gezogen und unheilverkündend.
    Sie verharrte reglos und lauschte mit offenem Mund. Der Schrei war von weit entfernt gekommen, irgendwo ein Stück hinter ihr. Dann hörte sie ihn wieder. Jetzt aus näherer Entfernung.
    Sie hob den Kopf und drehte sich um.
    Ein großer schwarzer Vogel flog über den baumbewachsenen Hügel hinter ihr. Er schwang die Flügel und schrie noch einmal.
    Als sie sich wieder umwandte, stand er da.
    Rudolf Haglund stand direkt vor ihrem Wagen und starrte sie an. Der Regen floss an seinem Gesicht herunter und tropfte von Nasenspitze und Kinn. Seine kleinen Augen musterten sie, ohne zu zwinkern.
    Line wich einen Schritt zurück. Ihre Lippen bewegten sich, aber es kam kein Laut.
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Haglund. Seine zischende Stimme versank beinahe im Geräusch des Regens.
    Line nickte, wie um anzudeuten, dass auch sie wusste, wer er war.
    Er legte den Kopf schräg, hielt sie aber mit seinem stechenden Blick fixiert.
    Line verspürte plötzlich das Gefühl einer drohenden Gefahr und ihr Herz begann zu rasen.
    »Was wollen Sie?«, fragte er. »Weshalb verfolgen Sie mich?«
    Der Blick, dachte Line. Er war so scharf, dass es beinahe wehtat, damit angestarrt zu werden. Seine kleinen kalten Augen registrierten alles. Saugten jedes Detail in sich auf. Offensichtlich hatte er sie schon auf der Karl Johans gate entdeckt.
    »Ich bin Journalistin«, sagte Line, so als würde dies alles erklären. »Ihr Fall interessiert mich.«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, wiederholte Haglund. »Können Sie mich nicht in Ruhe lassen?«
    »Was ist los?«, hörte sie Tommys Stimme durch den Ohrstöpsel fragen. »Line?«
    Rudolf Haglund schüttelte den Kopf, drehte sich um und ging auf den Abhang zu, über den er gekommen sein musste.
    »Sie antwortet nicht«, hörte sie Tommy wieder. »Wir fahren rein.«
    »Augenblick!«, sagte Line.
    Rudolf Haglund drehte sich zu ihr um.
    »Line?«
    »Augenblick«, wiederholte Line. »Können wir uns unterhalten?«
    »Worüber?«
    »Über Jonas Ravneberg.«
    Haglund öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann ließ er den Blick über sie gleiten, ohne sie dabei direkt anzusehen. Er musterte ihre Brüste und ließ den Blick in

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