Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
Vom Netzwerk:
immer bestand.
    »Hallo?«, rief sie in den Hörer. In der Ferne hörte sie Polizeisirenen.
    »Sind Sie noch dran?«, fragte der Mann am anderen Ende der Leitung. Sein Tonfall klang jetzt völlig anders als noch bei der abweisenden Antwort vor zwei Minuten. »Was ist passiert?«
    »Er war hier«, erläuterte Line und spürte, dass sie zu zittern begann.
    »Wer?«
    »Der Mörder.«
    Es konnte niemand anderes sein. Im selben Moment ging ihr die Gefährlichkeit der Situation richtig auf. Der Mann, dem sie eben begegnet war, hatte erst zwei Stunden zuvor einen anderen Menschen erschlagen.
    Line blickte auf die Uhr. 23:55. Achtzig Minuten bis zur Deadline.
    11
    Wisting blickte zur Uhr über dem Tresen. Es war fünf vor zwölf. Er ahnte nicht, was der kommende Tag bringen würde, wusste aber, dass er möglichst ausgeruht sein sollte. Gleichwohl hatte es keinen Sinn, ins Bett zu gehen. Die Gedanken würden ihn ohnehin viele Stunden wachhalten.
    Suzanne wirkte müde und erschöpft, aber nicht desinteressiert, so wie sie manchmal sein konnte, wenn er von seiner Arbeit erzählte. Wie damals, als sie sich begegnet waren, hatte sie ein neugieriges Leuchten in den Augen.
    »Der Täter hieß Rudolf Haglund«, sagte Wisting und nahm den ersten Schluck Wein. »Er bekam die Höchststrafe, einundzwanzig Jahre Gefängnis.«
    »Er hat die Tat nie zugegeben?«
    Wisting schüttelte den Kopf.
    »Sitzt er immer noch?«
    »Vor einem halben Jahr wurde er vorzeitig entlassen und versucht jetzt, den Fall neu aufzurollen.«
    »Auf welcher Grundlage?«
    Wisting trank noch einen Schluck Wein. Diesmal einen größeren.
    »Er behauptet, dass die Beweise gegen ihn gefälscht waren. Von der Polizei manipuliert.«
    »Gefälschte Beweise?«
    » VG wird morgen darüber schreiben«, sagte Wisting mit einem Nicken und erzählte von Lines Anruf.
    Suzanne lehnte sich zurück und hielt das Weinglas mit den Händen im Schoß fest.
    »Wie wurde er überführt?«, fragte sie. »Hattet ihr nicht seine DNA?«
    Wisting atmete tief durch die Nase ein und ließ die Luft langsam wieder ausströmen, so als fiele es ihm schwer, auf diesen Teil der Geschichte zurückzukommen.
    »Cecilia Linde war nackt, als sie gefunden wurde«, begann er schließlich.
    »Wurde sie missbraucht?«
    »Nein. Die Rechtsmediziner fanden keinerlei Anzeichen dafür.«
    »Und wie ist sie gestorben?«
    »Sie wurde erstickt. Sehr wahrscheinlich mit einem Kissen auf dem Gesicht. Es gab punktförmige Blutungen in Mund und Augen und ein paar kleinere Knochen im Hals waren gebrochen.«
    Suzanne wandte den Blick ab. Wisting wurde klar, dass er zu sehr ins Detail ging.
    »Noch am selben Tag, als Cecilia gefunden wurde, bekamen wir den ersten Hinweis auf Rudolf Haglund«, fuhr er stattdessen fort. »Ausgehend von der Beschreibung des Traktorfahrers Karsten Brekke hatten wir eine Fahndung herausgegeben. Ein norwegischer Mann, circa dreißig Jahre alt. Ungefähr ein Meter achtzig groß. Dunkles Haar und eine schiefe Nase. Wir bekamen die Namen von dreiundneunzig Männern, auf die die Beschreibung passte. Zweiunddreißig davon besaßen ein weißes Auto. Vierzehn von diesen wohnten im Distrikt. Und drei davon waren der Polizei von früher bekannt.«
    »Weswegen war Rudolf Haglund verurteilt worden?«
    »Exhibitionismus. Nur eine Geldstrafe, die er zwei Jahre zuvor bekommen hatte, aber das machte ihn natürlich interessant für uns. Es gab noch zwei ältere Vorfälle. Er war als Spanner verdächtigt worden, aber die Sachen wurden eingestellt. Die beiden anderen waren Familienväter, die man wegen Diebstahl und Unterschlagung verurteilt hatte. Rudolf Haglund wohnte allein. Er war nie verheiratet und hatte keine Kinder. Begrenzter sozialer Umgang. Arbeitete in einem Möbellager. Ein Einzelgänger, wie es hieß.«
    »Aber es war doch kein Sexualmord.«
    Wisting zuckte mit den Schultern. »Wozu sollte man eine junge Frau sonst tagelang gefangen halten, wenn es dabei kein sexuelles Motiv gibt?«
    »Erpressung?«, schlug Suzanne vor. »Ihr Vater war reich.«
    »Es gab keinerlei Forderungen«, erwiderte Wisting. »Darauf haben wir die ganze Zeit gewartet. Wir haben das Telefon angezapft, Briefkasten, Ferienhaus und Villa beobachtet, aber es kam nichts.«
    »Und was hat ihn dann überführt?«
    »Einen Tag, nachdem wir die Fahndung nach dem Mann und dem Auto von der Kreuzung am Gumserød-Hof herausgegeben hatten, meldete er sein Auto als gestohlen. Aber es dauerte eine Weile, bevor wir das

Weitere Kostenlose Bücher