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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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Nummer der Polizei. Es dauerte eine Weile, bis sich die Einsatzzentrale meldete. Sie nannte ihren Namen, zögerte aber, bevor sie weitersprach.
    »Wissen Sie schon, wer der Ermordete ist?«, fragte sie.
    »Das kann ich nicht kommentieren.«
    Line blickte sich um und lief die Stufen hinauf bis zur Tür. »Hatte er nicht vielleicht eine Brieftasche oder etwas anderes dabei, was ihn identifizieren könnte?«
    »Haben Sie mich nicht verstanden?«, fragte die Stimme am anderen Ende. »Dazu können wir nichts sagen.«
    Line ignorierte den Mann einfach: »Ich glaube, ich weiß, wer er ist.«
    Keine Antwort.
    »Jonas Ravneberg. Achtundvierzig Jahre. Wohnt in der W.   Blakstads gate 78.«
    »Heißt das, dass Sie jetzt da draußen vor der Tür stehen?«
    »Ja, aber hier ist vor mir schon jemand gewesen …« Sie hielt mitten im Satz inne.
    Ein Schatten bewegte sich hinter dem kleinen, geriffelten Fenster in der Eingangstür.
    9
    Suzanne stand vom Tisch auf, durchquerte das schwach beleuchtete Lokal und trat hinter den Tresen. Sie holte eine halb volle Weinflasche heraus, nahm ein Glas und sah Wisting fragend an.
    Er nickte, woraufhin sie nach einem zweiten Glas griff. Ihm gefiel diese schlichte Art, mit der sie zum Ausdruck brachte, dass ihr etwas an ihm lag. Genauso war sie gewesen, als er sie kennengelernt hatte.
    Der dunkelrote Wein funkelte im Schein der Kerze. Wisting umfasste das Glas mit beiden Händen und ließ seinen Blick darauf ruhen.
    Die Erinnerung wurde wieder lebendig. Er sah vor sich, wie er die Play- Taste an Cecilia Lindes Walkman drückte, und konnte wieder hören, wie es raschelte, als sich das Tonband spannte.
    »Das Band begann mitten in einem Song«, erklärte Wisting und drehte das Glas zwischen den Händen. Es war eines der Stücke, die in jenem Sommer auf der Hitliste gestanden hatten. Ein dunkelhäutiger Sänger namens Seal. Kiss from a rose. Noch immer wurde es manchmal im Radio gespielt. Der Klang der groben und gleichzeitig doch weichen Stimme verursachte ihm jedes Mal Unbehagen.
    »Dann brach die Musik ab und die Stimme von Cecilia war zu hören«, fuhr Wisting fort.
    Er schloss die Augen und ließ die schiere Verzweiflung in ihrer fast kraftlosen Stimme Revue passieren. Wie entschlossen und klar sie geklungen hatte. Er und Frank Robbek hatten sich das Band gemeinsam angehört. Danach hatte sich Frank immer mehr aus dem Fall zurückgezogen. Es war zu viel für ihn geworden.
    »Sie sagte ihren Namen, wo sie wohnte, wer ihre Eltern waren und welcher Tag es war«, fuhr Wisting fort. »Montag, der 17.   Juli.«
    »Montag?«, fragte Suzanne. »Sie ist doch an einem Samstag verschwunden.«
    »Als sie am zwölften Tag nach ihrem Verschwinden gefunden wurde, war sie nur wenige Stunden tot.«
    Suzanne erinnerte sich und nickte. »Er hat sie gefangen gehalten.«
    »Wir haben das Versteck nie gefunden, aber wir glauben, dass er vielleicht mehrere hatte und sie von einem zum anderen brachte, und dass Cecilia es dabei irgendwie schaffte, eine Nachricht nach draußen zu schmuggeln.«
    »Was hat sie gesagt?«
    Wisting konnte sich an jedes einzelne Wort erinnern. Nüchtern und methodisch hatte sie berichtet, was ihr widerfahren war.
    Am Samstag, dem 15.   Juli, wurde ich von einem Mann gekidnappt, als ich draußen beim Joggen war. Es passierte an der Kreuzung beim Gumserød-Hof. Er hatte ein altes weißes Auto. Ich liege jetzt im Kofferraum. Alles ging so schnell. Ich konnte ihn nicht mal richtig erkennen, aber er roch unangenehm nach Rauch und irgendwas anderem. Ich habe ihn schon einmal gesehen. Er trug ein weißes T-Shirt und eine Jeans. Dunkles Haar. Kleine schwarze Augen und buschige schwarze Augenbrauen. Schiefe Nase.
    Wisting schob das Weinglas zwischen den Händen hin und her, ohne daraus zu trinken. Die nüchterne Sprechweise der flüsternden Stimme hatte es so wirken lassen, als sei die Aufnahme gestellt gewesen, als hätte Cecilia vorgelesen, was sie sagen sollte. Erst zum Ende hin war die Stimme abgebrochen und in ein Schluchzen übergegangen. Dann war die Aufnahme vorbei, genauso abrupt, wie sie angefangen hatte. Ein begeisterter Radiomoderator hatte Hey hey hey und Balalaika gerufen, bevor er das nächste Stück ankündigte.
    »War das alles?«
    Wisting schüttelte den Kopf. »Die Aufnahme dauerte eine Minute und dreiundvierzig Sekunden«, erklärte er. »In dieser Zeit kann man einiges sagen. Sie berichtete, dass der Wagen eine Stunde herumgefahren war, bevor er anhielt, sie aber mehrere

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