Jagdhunde (German Edition)
klare dunkle Augen. Das helle Haar fiel ihm in Locken auf die Schultern. Auf der einen Seite hatte es eine Haarspange mit einer kleinen dunkelgelben Schleife.
Irgendetwas veranlasste Wisting nun doch, das Foto in die Hand zu nehmen. Ihre Gesichtszüge strahlten etwas Reines und Unschuldiges aus, was den Gedanken, dass ihr etwas geschehen sein konnte, wie einen körperlichen Schmerz erscheinen ließ.
Wisting öffnete den Mund, um etwas zu sagen. In seinem Kopf hatte sich bereits der Gedanke geformt, wie sie die Sache angehen könnten. Doch dann schloss er den Mund wieder.
»Ich kann nicht«, sagte er und gab Hammer das Foto zurück. »Darum musst du dich allein kümmern.«
23
Vorläufig lässt sich nicht viel daraus machen, dachte Line, während sie das Polizeipräsidium verließ. Auf der Pressekonferenz war nichts Neues herausgekommen.
»Wollen wir vielleicht was zu Mittag essen?«, schlug sie Erik Fjeld vor.
Erik warf sich die Kamera über die Schulter, nickte und zeigte in eine Richtung.
In der Fußgängerzone gab es ein Café, das Line an Suzannes Lokal zu Hause in Stavern erinnerte. Ein gemütliches Café, wo warme und kalte Gerichte erhältlich waren und appetitlich wirkende Kuchen in der Auslage standen.
Line kaufte zwei Baguettes, eine Cola für den Fotografen und eine Chai Latte mit viel Schaum für sich selbst. Erik hatte einen Platz ganz hinten im Lokal gewählt und den Speicherstick aus der Kamera genommen.
Line stellte Speisen und Getränke auf dem Tisch ab und zog das Laptop aus ihrer Tasche. Sie öffnete es, schloss den Speicherstick an und wartete, während die Bilder von der Pressekonferenz geladen wurden.
Das erste Foto war eine Nahaufnahme von ihr selbst. Das Make-up verdeckte die Blutergüsse am Auge nur mühsam, aber sie sah viel besser aus als auf den Bildern, die am Abend zuvor entstanden waren.
»Die Pressekonferenz deutete ja nicht gerade auf eine schnelle Festnahme«, kommentierte Erik Fjeld und biss in das Baguette.
Line stimmte zu und war neugierig, ob die Polizei wirklich nur so wenig Fakten hatte, wie sie offiziell vorgab. Sie klickte die nächste Aufname an und stellte plötzlich fest, dass sie weitaus mehr Glück hatte als erhofft. Das Dokument auf dem Bildschirm trug den Titel Mobiltelefon des Verstorbenen .
Sie vergrößerte die Aufnahme. Jonas Ravneberg hatte ein Nokia 6233 besessen. Neben der Telefonnummer hatte der Verfasser des Berichts auch die fünfzehnstellige IMEI-Nummer notiert. Danach folgte eine chronologische Auflistung aller ein- und abgehenden Anrufe innerhalb der letzten zehn Tage. Die Liste war kurz. Eine Bestätigung des Eindrucks, den Line sich bereits von Jonas Ravneberg gemacht hatte. Ein Mann mit äußerst begrenzten sozialen Kontakten, was die wenigen Nummern umso interessanter machte.
02. 10. – 14:32 h Abgehend: 69330196 Rechtsberatung, Fredrikstad
02. 10. – 14:28 h Abgehend: 1881 Auskunft
02. 10. – 14:17 h Eingehend: 69310167 Unregistriert
01. 10. – 12:33 h Abgehend: 99691950 Astrid Sollibakke, Gressvik
31. 09. – 21:43 h Eingehend: 99691950 Astrid Sollibakke, Gressvik
30. 09. – 10:22 h Abgehend: 46807777 Fredriksstad Blad
29. 09. – 21:45 h Abgehend: 99691950 Astrid Sollibakke, Gressvik
28. 09. – 12:30 h Abgehend: 48034284 Torgeir Roxrud, Fredrikstad
27. 09. – 13:45 h Abgehend: 93626517 Mona Husby, Fredrikstad
25. 09. – 20:15 h Abgehend: 99691950 Astrid Sollibakke, Gressvik
Drei Namen, dachte Line. DreiMenschen, die ihr mehr über das Mordopfer erzählen konnten. Am interessantesten waren natürlich die Gespräche am Tag der Ermordung. Erst ein unbekannter Anrufer, gefolgt von einem Anruf bei der telefonischen Rechtsberatung.
Die nächste Aufnahme zeigte die erste Seite eines Tatort- und Untersuchungsberichts vom Fundort der Leiche. Line biss ein Stück von ihrem Baguette ab und beugte sich näher an den Bildschirm heran. Der Bericht verriet zunächst, wer die Untersuchung durchgeführt hatte und wie der Auftrag zustande gekommen war. Dann folgte eine Beschreibung von Fundort, Wetter, Umgebung sowie den durchgeführten praktischen Maßnahmen zur Sicherung des Tatorts. Außerdem gab es einen kurzen Abschnitt über den Hund und die ihn betreffenden Maßnahmen. Danach beschrieb der Beamte von der Spurensicherung das Opfer. Mann, circa fünfzig Jahre. Bekleidet mit einer Regenjacke der Marke Helly Hansen sowie blauer Jeans und grünen Gummistiefeln der Marke Viking. Der Tote hatte
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