Jagdhunde (German Edition)
Präsidium hatten. Beim Betreten des Hauses mussten sich alle Angestellten mit Zugangskarte und persönlichem Code registrieren. Zwar wurden alle Bewegungen in einem Datensystem gespeichert, aber selbst wenn diese Informationen noch immer zugänglich wären, hätte sich diese Ermittlungsarbeit als hoffnungslos herausgestellt. Die Vertauschung des Beweismaterials hätte irgendwann im Laufe der drei Tage, in denen Rudolf Haglund in der Arrestzelle des Präsidiums gesessen hatte, vorgenommen werden können oder an einem der darauffolgenden Tage, bevor Finn Haber die Zigarettenkippen zur Analyse geschickt hatte.
Von den ingesamt siebzig Angestellten arbeiteten nur zwanzig bei der Kriminalpolizei. Die Ermittlungen hatten während der großen Ferien stattgefunden, und obwohl die meisten zurückbeordert worden waren, gab es zwei Fahnder, die sich im Ausland befunden hatten. Von den restlichen achtzehn waren zwölf unmittelbar an den Ermittlungen beteiligt gewesen. Sollte es jemanden geben, der ein Motiv gehabt hatte, einen der Beweise zu manipulieren, war es naheliegend anzunehmen, dass es sich um jemanden handelte, der in direktem Kontakt mit Rudolf Haglund gestanden hatte. Wisting hatte die meiste Zeit mit ihm verbracht, aber auch andere waren in seiner Nähe gewesen.
Wisting beschloss, systematisch vorzugehen, und legte den roten Aktenordner mit der Bezeichnung Verdächtiger vor sich auf den Tisch. Dieser enthielt alles, was Rudolf Haglund betraf.
Ganz vorn lag ein Bogen mit Angaben zur Person. Wisting selbst hatte die Felder des Standardformulars während der ersten Vernehmung ausgefüllt. Neben Namen, Geburtsdatum, Adresse und Telefonnummer enthielt der Bericht Angaben zu Arbeitgeber, Berufsbezeichnung, Einkommensverhältnissen, Ausbildung, Qualifikationen sowie eine Übersicht aller früheren Straftaten.
Das nächste Dokument war ein auf § 175 der Strafprozessordnung beruhender Haftbefehl für Rudolf Haglund. Der Beschluss selbst wurde noch immer als ›Blauer Schein‹ bezeichnet, weil er vor Beginn des Computerzeitalters von dem zuständigen Juristen auf blauem Papier geschrieben wurde. Das Dokument war abgestempelt und von Polizeirat Audun Vetti unterschrieben worden. Dabei handelte es sich um Formalitäten sowie die Grundlage für die Verhaftung, doch das Dokument enthielt keine Informationen über den Fall an sich.
Dem Haftbefehl folgte ein separates Dokument mit der Bezeichnung Bericht über die verhaftete Person . Auch dies war ein Standardformular, das Auskunft darüber erteilte, um welchen Fall es ging, wann und wo die Verhaftung erfolgt war, wie der Verhaftete hieß, wohin er gebracht worden war und welcher Polizeijurist den Haftbefehl veranlasst hatte.
Die Verhaftung selbst war durch Nils Hammer und Frank Robbek erfolgt.
Wisting bemerkte plötzlich, dass er sich nichts zum Notieren bereitgelegt hatte. Er ging zum Eckschrank, holte Notizblock und Kugelschreiber hervor und setzte sich wieder. Er biss die Zähne zusammen und trommelte mit dem Kugelschreiber auf dem leeren Blatt herum. Er wollte sich ein Bild davon machen, welche Kollegen in direktem Kontakt mit Rudolf Haglund gestanden hatten. Ein paarmal klickte er mit dem Kugelschreiber und schrieb dann die ersten beiden Namen auf, bevor er sich wieder dem Aktenordner zuwandte.
Das nächste Dokument war ein Bericht über Durchsuchung und Beschlagnahme. Alle Gegenstände, die Haglund bei der Verhaftung bei sich gehabt hatte, waren aufgelistet. Brieftasche, Schlüssel, Taschenmesser und Tabak. Der Bericht war von Nils Hammer verfasst worden.
Danach folgten drei Berichte über die Ermittlungen, die auf Haglunds kleinem Hof in Dolven durchgeführt worden waren. Der erste Bericht war ein Protokoll über die erfolglose Suche mit einer Hundestreife. Der zweite beschrieb die von Finn Haber geleiteten kriminaltechnischen Untersuchungen. Auch diese hatten zu keinem Ergebnis geführt. Der dritte Bericht protokollierte die von Nils Hammer durchgeführte taktische Durchsuchung. Dabei waren ausländische Pornohefte und -filme mit Titeln wie Teenager und Preteens sowie sadomasochistische Magazine sichergestellt worden. Die Funde verrieten den Ermittlern etwas über Haglunds sexuelle Präferenzen und verstärkten ihren Glauben daran, dass er der richtige Mann war.
Dann folgten die Protokolle der Vernehmungen, die Wisting selbst durchgeführt hatte, unterbrochen von kurzen Vermerken über den Transport des Verdächtigen zwischen Vernehmungsraum und Zelle, sowie
Weitere Kostenlose Bücher