Jagdhunde (German Edition)
verschlossenen Haupttür lief. Die Geräusche klangen kalt und hohl. Als er die Tür fast erreicht hatte, summte es im Schloss und die Leuchte des Kartenlesers wechselte ihre Farbe von Rot zu Grün.
Wisting sprang zur Seite und ging hinter einem der zivilen Dienstwagen in die Hocke.
Ein Polizist in Uniform kam rückwärts aus der Türöffnung. Er trug eine riesige Tasche mit Ausrüstung bei sich und schob die Tür mit der Schulter auf, während er die Zugangskarte wieder in die Tasche stopfte. Hinter ihm kam ein Polizeistudent aus dem Treppenhaus. Die Tür fiel hinter beiden zurück ins Schloss.
Die Männer gingen hinüber zu einem Streifenwagen in der Nähe, legten ihre Taschen auf den Rücksitz und überprüften dann gemeinsam die Ausrüstung im Kofferraum. Als sie sich vergewissert hatten, dass nichts fehlte, bekam der Student den Autoschlüssel und setzte sich hinter das Lenkrad. Der Wagen wurde gestartet und fuhr auf das Tor zu. Der Fahrer ließ die Seitenscheibe herunter und zog an der Leine, die von der Decke herunterhing und das Öffnen des Tores bewirkte. Dann fuhren sie in die Nacht hinaus.
Wisting wartete, bis sich das Tor wieder geschlossen hatte, erhob sich dann und starrte auf die verschlossene Tür. Er hatte schon damit gerechnet, dass die Tür verriegelt sein würde, und sich einen Plan zurechtgelegt, um in das Innere des Präsidiums zu kommen. Es gab nämlich Leihkarten, die von fremden Polizeibeamten bei Dienstbesuchen, von Handwerkern, die Zugang zum Haus haben mussten, oder von Angestellten verwendet wurden, die ihre eigenen Zugangskarten vergessen hatten. Und manchmal blieb so eine Karte in irgendeinem Dienstwagen liegen.
Wisting setzte sich in den erstbesten Wagen und suchte auf der Mittelkonsole, unter den Sonnenblenden und im Handschuhfach, ohne etwas anderes als eine Benzinkarte und eine leere Kautabakdose zu finden.
Im nächsten Wagen hatte er mehr Glück. Im Handschuhfach lag eine Leihkarte zusammen mit dem Fahrtenbuch. Wisting lächelte zufrieden, ging zur Tür, zog die Karte durch das Lesegerät und gab den Code ein. Die grüne Leuchtdiode blinkte auf und das Schloss summte.
Wisting trat ein. Das Archiv, in dem sich die Unterlagen zum Ellen-Fall befanden, lag links am Ende des Ganges, war allerdings mit einem Zylinderschloss versehen. Am Arbeitsplatz des Schichtleiters im Stockwerk über ihm wurde immer ein Hauptschlüssel verwahrt. Da Wisting sich bereits erfolgreich Zugang zum Gebäude verschafft hatte, war es nun auch kein Problem, sich darin zu bewegen.
Er stieg eine Etage hinauf, betrat den für Publikumsverkehr geöffneten Bereich und spitzte die Ohren. Das ganze Gebäude wirkte vollkommen still. Mit der Leihkarte öffnete Wisting die Tür zur Wache.
Über einen verstaubten Bildschirm flackerten die Bilder von der Überwachungsanlage. Die wechselnden Bilder aus dem Inneren des menschenleeren Präsidiums wirkten fast statisch. Viele Male war er zu späten Nachtstunden hier allein im Haus gewesen, doch jetzt fühlte er sich wie ein Eindringling, wie ein Außenstehender.
Der Hauptschlüssel hing an seinem Platz im Schrank, in dem die Einsatz- und Bereitschaftspläne in Hängeordnern lagen. Wisting nahm ihn vom Haken und schloss die Hand darum, ließ ihn aber beinahe fallen, als eine barsche Stimme plötzlich die Stille durchbrach.
Er brauchte ein paar Sekunden, bevor ihm klar wurde, dass die Stimme aus dem Lautsprecher des Polizeifunks ertönte und einen der Streifenwagen rief.
»Fox drei-null bitte melden.«
»Fahren Landstraße vierzig, Richtung Bjerke. Einzelnes Fahrzeug von der Straße abgekommen. Angeblich kein Personenschaden.«
»Verstanden.«
Wisting verließ den Raum, sodass der Funkverkehr nach und nach leiser wurde. Dann lief Wisting wieder die Treppe zum Keller hinunter und betrat den Gang zum Archiv. Der Schlüssel glitt problemlos ins Schloss. Er drehte ihn schnell um, öffnete die Tür und schlüpfte hinein. Die Neonröhren an der Decke summten, als er das Licht einschaltete. Sie blinkten ein paarmal und tauchten den Raum dann in grelles Licht.
Der Karton mit allen Dokumenten zum Ellen-Fall stand noch immer an seinem Platz. Wisting nahm ihn vom Regal herunter und trug ihn zu einem abgetrennten Teil des Archivs, der als Arbeitsraum gedacht war. Tatsächlich jedoch diente er hauptsächlich als Lagerraum für Weihnachtsdekoration, alte Wachprotokolle, Führerscheinangelegenheiten, Vollstreckungsunterlagen und Zeitschriften. Die meisten Dokumente waren in
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