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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tal des Twelve Sleep Rivers.
    »Der Richtige war natürlich ich«, fuhr Vern fort. »Ich hab mit denen das erste anständige Gehalt meines Lebens ausgehandelt und bekomme ein Prozent der Konzernaktien. Dafür hab ich versprochen, ihnen eine Trasse für die Leitung zu liefern. Und gnade mir Gott, wenn mir das nicht gelingt.«
    Joe schaute von der Serviette auf. »Und es ist dir gelungen?«
    Vern lehnte sich triumphierend zurück. Seine Augen glühten. »Mit den Privateigentümern sind alle Überwegungsrechte geklärt, mit Wyoming ist juristisch alles klar, und jetzt warten wir nur noch auf den letzten Bescheid der Bundesforstverwaltung, die die Umweltverträglichkeit prüft, und auf die Zustimmung von ein paar Stadtund Gemeinderäten. Dann bringen wir die Leitung übern Berg«, sagte Vern. »Saddlestring liegt im Sterben, Joe. Diese Pipeline ist für den ganzen Bezirk eine Goldgrube. Es wird wieder sein wie damals beim Ölboom, Anfang der 80er Jahre. Die Leute hier werden endlich wieder gut bezahlte Arbeit haben.«
    Joe schüttelte den Kopf darüber, wie Vern mit der Allgemeinheit und der Umwelt spekulierte.
    »InterWest hat jemanden gebraucht, der alle diese Leute kennt. Also sind sie zu mir gekommen. Sie haben jemanden gesucht, der Vertrauen genießt und sauber ist wie ein Waldmurmeltier. Du bist auch so einer, Joe.«
    »Bietest du mir gerade einen Job an?«
    Vern beugte sich vor und sagte leise: »Ich sondiere das Gelände.«

    »Und was gibt’s da zu verdienen?«
    »Dreimal so viel wie jetzt, Joe. Solange das Projekt läuft, also fünf bis zehn Jahre, vielleicht länger. Wer kann schon weiter vorhersehen?« Vern zog den Flachmann aus der Tasche, goss Bourbon in ein Wasserglas und bot ihn Joe an. Der schüttelte den Kopf, und Vern kippte den Whiskey allein. »Und vielleicht auch ein paar Vorzugsaktien.«
    Joe lehnte sich ins Kissen. Ihm war heiß. Hatte Vern etwa die Gedanken lesen können, die er sich letzte Nacht in den Bergen gemacht hatte?
    »Du hast Frau und Kinder, Joe. Du bist ein netter Kerl. Ein Vorbild. Und im Augenblick ein echter Held. Niemand könnte deine Aufrichtigkeit bezweifeln. Du verdienst wirklich etwas Besseres. Du arbeitest doch jetzt für Nichts. Du hast eine Familie, einen Palisadenzaun und einen Hund«, sagte Vern, und sein Lachen kam diesmal tief aus dem Bauch. »Du bist eine gefährdete Art. Von deinem Schlag gibt’s nicht mehr viele, Joe.«
    Vern steckte seinen Kugelschreiber wieder in die Tasche und zog eine Visitenkarte heraus:
    VERNON S. DUNNEGAN
Fachmann für Bodennutzungsrechte
InterWest Resources
    »Ruf mich an«, sagte er und stand auf. »Tu’s bald.«

10
    Weil Joe darauf bestand, entließen ihn die Ärzte bald nach Vern Dunnegans Besuch - wenn auch widerwillig. Sie hatten ihm dringend nahegelegt, im Krankenhaus zu bleiben und sich auszuruhen, aber Joe dachte gar nicht daran, ihrem Rat zu folgen. Mir geht’s gut, sagte er. Zwar hätte er Marybeth gern angerufen und sie gebeten, ihn abzuholen, aber es war spät, und die Mädchen schliefen wohl schon - da wollte er sie nicht wecken. Er unterschrieb ein Formular für die Versicherung und machte seinen Pick-up in der Tiefgarage ausfindig. Als er auf die Straße bog, ging ihm ständig ein Gedanke im Kopf herum: Gut zehn Kilometer nach rechts, und wir sind daheim. Und als er von der Bighorn Road auf den schmalen Schotterweg zu seinem Haus bog, dachte er: Gleich bin ich im Hafen meiner Familie. Das Gespräch mit Vern hatte ihm einen schalen Geschmack im Mund hinterlassen.
    Die Scheinwerfer auszuschalten, den Schlüssel aus dem Zündschloss zu ziehen und aus dem Wagen zu steigen - schon diese einfachen Bewegungen fielen Joe schwer. Er war vollkommen erledigt und fast trunken vor Erschöpfung. Er fuhr sich müde über die Augen, als er das Tor zum Vorgarten öffnete. Das Einzige, was ihn in den letzten Stunden aufrecht gehalten hatte, war die Aussicht, nach Hause zu kommen. Und nun war ihm, als sacke er zusammen. Sie hatten ihn über Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus behalten wollen, und Marybeth war am Abend allein gekommen, um sich zu überzeugen, dass er wohlauf sei. McLanahans Schrot-Querschläger war in Joes Wangenknochen eingedrungen und konnte leicht
entfernt werden. Eine Narbe allerdings würde er immer behalten.
    Die Erste, die Joe sah, als er ins Haus kam, war seine Schwiegermutter Missy Vankueren. Sie lag zusammengerollt auf dem Sofa. Vor ihr türmten sich jede Menge Hochglanzmagazine fächerförmig auf dem Boden. Missy

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