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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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ganz nüchtern mitgeteilt. Als er fertig war, hatte Marybeth ihn angesehen und gesagt: »Jede Menge Stoff zum Nachdenken.« Dann war sie ins Bett gegangen. Sie hatten die schwierigen Probleme ungelöst im Raum stehen lassen. Jetzt war Marybeth wieder da.
    Sie kam von der Türschwelle, zog einen Stuhl mit senkrechter Rückenlehne neben ihm unterm Tisch vor und setzte sich. Dann schob sie ihren Arm zwischen die Falten seines Bademantels, legte ihm die warme Hand auf den Oberschenkel und sah ihm in die Augen.
    »Joe, ich hab über alles nachgedacht, was du gesagt hast.«
    Er wartete, was nun kommen würde.
    »Joe, es ist nicht alles verloren. Du hast mich. Du hast deine Familie. Du hast Charakter. Das ist eine Menge, und das können nicht viele Menschen von sich sagen. Wir lieben dich. Und wir schätzen dich und das, was du getan hast, sehr.«

    Er sah sie fragend an.
    »Joe, du bist ein anständiger Mensch. Du bist einer der Letzten deiner Sorte. Vergiss das nicht. Leute wie dich gibt’s kaum noch. Du hast ein gutes Herz, und dein moralischer Kompass ist mustergültig. Tu, was du tun musst. Alles wird sich klären, und wir können später darüber reden. Wir werden gerade auf die Probe gestellt - weiß Gott, warum.«
    Joe war überrascht. Aus irgendeinem Grund - der ihm nun ein reichlich schlechtes Gewissen machte - hatte er gedacht, sie werde ihm sagen, sie habe genug und es sei wohl das Beste, sie nehme die Kinder und lebe eine Zeit lang bei ihrer Mutter in Arizona. Joe hatte das Gefühl, sie enttäuscht zu haben. Aber sie zeigte, dass sie stärker und von ihm - und ihnen beiden - fester überzeugt war, als er es ihr zugetraut hatte. Er wollte wissen, warum, aber sie kam ihm zuvor.
    »Frag mich nicht, Joe. Mit Logik hat das nichts zu tun. Ich kann es dir wirklich nicht erklären, aber ich vertraue dir und bleibe bei dir bis zum bitteren Ende.«
    »Da hast du dir viel vorgenommen«, sagte Joe.
    »Und ob!«, antwortete Marybeth. »Aber du hast mich bisher nicht enttäuscht.«
    Sie ist noch nie so schön gewesen wie jetzt, dachte Joe.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Er wurde rot.
    Sie zog die Hand von seinem Schenkel, nahm seine Rechte, führte sie unter ihr T-Shirt und legte sie auf ihren Bauch. Dort breitete Joe die Finger aus. Unter der strammen Bauchdecke konnte er das Baby spüren.
    »Unsere Kinder sind wundervoll«, sagte sie leise. »Wir setzen feine, kleine Leutchen in die Welt, die Eltern haben, die sich um sie kümmern und sie lieben. Sie werden
Gut und Böse unterscheiden können, weil ihre Eltern ihnen das beibringen und ihnen ein Vorbild sind. Eines Tages wird das belohnt werden, Joe. Daran müssen wir glauben. Wir können doch nicht vollkommen verlassen sein.«
    Joe sah Marybeth an und wusste noch immer nicht, was er sagen sollte. »Aber jetzt will ich dich einfach bei mir im Bett haben«, fuhr sie fort. »Ich brauch dich da.«
    Er folgte ihr in ein Schlafzimmer, das so prächtig schien, wie er noch keines gesehen hatte. In dem fremden Bett schliefen sie zärtlich und ein wenig unbeholfen miteinander, und das ließ Joe wenigstens für eine kurze, sehr schöne Zeit seine Probleme vergessen.
     
    Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch als er die Augen öffnete, war es draußen noch dunkel. Er stand vorsichtig auf, um Marybeth nicht zu wecken, und trottete über die kalten Steinfliesen in die Diele. Dann wurde ihm klar, dass er nicht wusste, wo sich in diesem Haus das nächste Bad befand. Er schob einen Vorhang zur Seite und sah durchs Fenster. Es war noch tiefe Nacht. Sterne funkelten am schwarzen Himmel. Er wollte spätestens um sieben im Sattel sitzen und bis mittags um zwölf das Jagdlager erreicht haben. Er wusste noch nicht, wohin er dann reiten und wie tief er in die Berge gehen würde.
    Im schwachen blauen Mondlicht sah er den Umriss einer Lampe. Sie stand auf einem Tisch in der Diele. Er beugte sich runter, schaltete sie ein und sah auf die Armbanduhr.
    »Dad?«
    Die Stimme ließ ihn zusammenzucken und herumschnellen.
Er hatte nicht gewusst, wo die Kinder schliefen. Als er ins Zimmer kam, saß Sheridan aufrecht im Bett und hatte die Finger fest um die Decke gekrallt.
    »Süße«, sagte Joe und setzte sich zu ihr aufs Bett. »Es ist halb vier. Warum schläfst du nicht?«
    Er konnte sie im Dunkeln nicht gut erkennen und sah kaum mehr als einen zerzausten blonden Schopf und einen schmächtigen Körper. Er strich ihr durchs Haar und drückte sie behutsam ins Kissen

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