Jagdopfer
jetzt fast bedauernd. »Aber in letzter Zeit hast du deine Arbeit vernachlässigt und bist wie wild durch die Gegend gegeistert, um den Ausrüsterfall wieder aufzurollen. Glaub nicht, das hätte niemand bemerkt. Vormittags bei den Treffen im Café Alpine warst
du das Hauptgesprächsthema. Man munkelt, du hättest Clyde Lidgards Wohnwagen abgefackelt und würdest schon deine Gründe dafür haben. Jetzt bist du suspendiert worden. Ich glaub wirklich nicht, dass wir für dich einen Job haben, Joe. Tut mir leid.«
Joe war zum zweiten Mal an diesem Tag sprachlos. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Er wusste nicht, was er Vern antworten sollte. Er hatte gedacht, er könne Marybeth bei seiner Rückkehr genau das Gegenteil sagen. Und seinen Mädchen. Und seiner Schwiegermutter. Und das Schlimmste daran war, dass er anfangs eigentlich gar nicht zu Vern hatte kommen und ihn fragen wollen. Er hatte sich auf der Rückfahrt erst dazu überreden müssen und dabei ziemlich gepichelt. Letztlich hatte er sich dafür entschieden, weil er es für das Vernünftigste hielt. Als er jetzt aufstand, dachte er daran, Vern einen Fausthieb in sein grinsendes Maul zu geben. Und zwar so hart wie möglich. Aber er ließ es. Er fühlte sich einfach zu geschlagen dafür.
»Es ist nicht alles verloren, Joe«, sagte Vern, als Joe den Hut aufsetzte. »Vielleicht braucht Wacey einen neuen Hilfssheriff. Er will diesen McLanahan ja sofort loswerden, wenn er im Amt ist. Es ist nicht alles verloren.«
Joe drehte sich um, stützte die Hände auf die Tischplatte und beugte sich ganz nah an Verns Gesicht heran.
»Da liegst du falsch, Vern.« Joe flüsterte beinahe. »Alles ist so gut wie verloren.«
»Mensch, Joe …«
»Vern,« unterbrach Joe. »Halt den Mund und hör mir zur Abwechslung mal zu.«
Vern vergewisserte sich schnell, dass niemand in der
Bar auf sie achtete. Dann schaute er Joe wieder an. Argwöhnisch.
»Vern, ich hab heute meine Arbeit und meine Wohnung verloren. Mein Glaube daran, dass es sich auszahlt, seine Aufgaben zu erledigen, hart zu arbeiten und ehrlich zu sein, wankt mächtig. Noch ein Monatsgehalt - dann sitzt meine Familie auf der Straße. Ein Monatsgehalt! Eben hat sich meine einzige Aussicht auf einen anderen Job zerschlagen. Und zur Krönung sagst du mir, ich hätte meinen guten Ruf eingebüßt. Und dann meinst du auch noch: ›Es ist nicht alles verloren‹!«
Vern legte Joe die Hand auf die Schulter, aber er schüttelte sie wütend ab.
»Mensch, Joe«, sagte Vern. »Fang an, mehr an Joe Pickett zu denken und weniger daran, was deine Familie und die anderen Leute meinen. Das hab ich gelernt, Joe.«
Verns Augen wurden hart, und sein Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. »Willkommen in meiner Welt. In der Welt, wie sie wirklich ist. Da passieren den netten Leuten nicht unbedingt die netten Sachen. Ich bin Unternehmer«, sagte Vern in seiner hochtrabendsten Art. »Ich schaffe Reichtum. Ich hab dieses InterWest-Geschäft doch erst Wirklichkeit werden lassen. Man hat dir ein Angebot gemacht, und du hast es ignoriert, als du hättest zugreifen können.«
Sie schauten einander fest in die Augen.
»Vern, hast du schon mal was vom Miller-Wiesel gehört?«
Verns Mundwinkel zuckten leicht, und dann kam wieder sein falsches Lächeln: »Miller-Wiesel sind ausgestorben. Die gibt’s nicht mehr, obwohl alle zehn Jahre das Gerücht aufkommt, jemand habe eins gesehen. Das ist
wie mit dem Yeti - der wird auch immer mal wieder gesichtet.«
»Vern«, zischte Joe. »Wenn ich rauskriege, dass du in das alles verwickelt bist, dann geht’s rund.«
Die Miene, die Joe bei Vern gesehen hatte, als er in die Bar gekommen war, huschte wieder über sein Gesicht. Diesmal aber war auch Angst dabei. Es tat gut, das zu sehen.
Die Nacht war deutlich kälter geworden, und die Sterne waren hinter Wolken verborgen. Joe zitterten die Hände, als er in seinen Taschen nach dem Autoschlüssel suchte. Er ließ den Pick-up an und fuhr nach Hause, bremste dann scharf und fluchte laut, als er merkte, dass er in die falsche Richtung fuhr. Sie wohnten doch jetzt in Eagle Mountain. Also wendete er mitten auf der Hauptstraße und verschwand mit heulendem Motor in die Gegenrichtung.
Fünfter Teil
Landerwerb:
Der Innenminister verabschiedet ein Programm zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt. Es umfasst auch die als gefährdet oder bedroht gelisteten Arten. Für Maßnahmen in Bundesforsten ist der Landwirtschaftsminister
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