Jagdrevier: Thriller
Wir müssen Elizabeth finden.«
Fünfundsechzig
Im Mondlicht konnte Jake das Little Buck Field erkennen. Es war nicht ganz zweihundert Meter lang und knapp fünfundsiebzig Meter breit. Die Taschenlampe zu benutzen wollte er nicht riskieren. Vergeblich hielt er Ausschau nach den charakteristischen Umrissen eines Hochstands. Er wartete, bis Elizabeth ihn eingeholt hatte, dann beugte er sich zu ihrem Ohr.
»Ihr beide bleibt eine Sekunde lang hier. Ich gehe nur kurz den Acker ab und suche etwas.« Er ließ Katy von seinen Schultern gleiten und streckte sich.
»Dad ... nein!«, japste Katy.
»Katy, hör zu. Du kannst mich die ganze Zeit sehen ... ich gehe nur dort rüber.« Er zeigte ans Ende des Ackers. »Ich bin gleich wieder da. Versprochen. Okay?«
»Okay«, antwortete sie.
Jake sah den Mädchen ins Gesicht. »Ihr müsst ganz leise sein. Kein Wort, okay? Setzt euch hier hin und bewegt euch nicht von der Stelle. Ich komme sofort wieder.«
Die Mädchen nickten und Jake ging den Acker entlang. Ihm schmerzten Nacken und Schultern, aber sie hatten es geschafft. Wenn er den Hochstand fand, würde der bis zum Tagesanbruch und bis zum Eintreffen von Hilfe ihr Versteck sein. Jake merkte plötzlich, dass er achtlos auf dem Feld gelaufen war und dort wahrscheinlich Spuren hinterließ. Der dicht stehende Klee würde es schwierig machen, seinen Fußabdrücken zu folgen. Schwierig, aber nicht unmöglich. Er ging zurück zum Feldrand.
An der gesamten Ostseite konnte er keinen Hochstand entdecken. Aber als er an der Westseite entlangstapfte, sah er ihn.
Ja!
Er rannte zurück zu den Mädchen.
»Kommt. Ich habs«, sagte er aufgeregt. »Gehen wir!«
Jake packte Katy und half ihr wieder auf seinen Rücken. Sie schlang ihm die Arme um den Hals. Zwei Minuten würde er noch durchhalten. Elizabeth kämpfte sich tapfer voran. Die Kabine des Hochstands befand sich etwa fünf Meter über dem Boden und schien groß genug für sie alle zu sein. Er war aus Sperrholz gezimmert und eine hölzerne Leiter führte hinauf. Genau das, was sie jetzt brauchten.
»Nein«, presste Elizabeth hervor, sobald sie zu ihm aufgeschlossen hatte.
Jake war perplex. »Was ist denn? Stimmt etwas nicht?« Er versuchte ganz leise zu sprechen.
»Nein. In so einem Ding hat er mich erwischt!« Sie starrte zu der Kabine hinauf.
»Elizabeth, ich habe ein Gewehr. Ich kann uns schützen. Es ist alles okay. Alles wird gut.« Er versuchte sie zu beruhigen.
»Nein ... nein. Ich kann das nicht.«
»Hören Sie, Elizabeth! Das ist der sicherste Ort weit und breit. Ich beschütze Sie.«
Katy legte den Arm um Elizabeth und sagte zuversichtlich: »Elizabeth, wir passen auf dich auf.«
Elizabeth sah erst Jake an, dann Katy. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
»In Ordnung.« Ihre Stimme klang schwach und versagte am Ende fast.
Jake war klar, dass er nicht einmal ahnen konnte, was sie gesehen haben musste und nun zu verdrängen versuchte. Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Sie sind jetzt sicher.«
»Okay, ich sehe mir das Ding erst mal an.« Er kletterte die Leiter hinauf. Die Tür ließ sich leicht öffnen. Jake leuchtetekurz ins Innere der Kabine. Auf dem Boden lagen die Reste eines Vogelnestes, ein paar leere Alubüchsen und ein Klappstuhl. Durch eine fünfundzwanzig Zentimeter hohe Öffnung ringsum in den Wänden konnten die Jäger hinaussehen und schießen. Schnell stieg Jake wieder nach unten.
»Katy, du kletterst hinauf und setzt dich oben in die hintere Ecke«, sagte er leise.
»Ja, Sir.«
»Ich weiß nicht, ob ich das schaffe«, sagte Elizabeth kläglich. »Ich kann ja kaum stehen.«
Jake überlegte einen Moment lang. Dann fixierte er sie. Er schätzte ihr Gewicht auf etwa fünfundvierzig Kilo. Er lehnte das Gewehr gegen einen Pfosten des Hochstands und warf sich Elizabeth ohne Vorwarnung über die Schulter wie einen Sack Mehl. »Ich trage Sie hinauf. Festhalten«, sagte er. Sie war schwerer, als er gedacht hatte, aber er würde es schaffen. Schritt für Schritt kämpfte er sich die Leiter hinauf. Elizabeth hing mit dem Kopf nach unten über seinem Rücken. Doch sie vertraute Jake und hielt sich gut fest. Je höher sie stiegen, desto schwieriger wurde es für ihn, das Gleichgewicht zu halten.
Auf der obersten Stufe blieb er stehen. »Elizabeth, versuchen Sie auf die Füße zu kommen. Von hier aus können Sie in die Kabine krabbeln.«
»Ganz vorsichtig, Elizabeth!«, sagte Katy, packte Elizabeth am Ärmel und zog sie zu
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